Die Plusvalía kommt auf den Prüfstand von Jan Löber und Iris Fangauf


© EFE

Spanisches Verfassungsgericht nimmt Verfassungsbeschwerde an

Die Bodenwertzuwachssteuer, kurz Plusvalía genannt, ist eine gemeindliche Steuer, die bei der Übertragung städtischer Baugrundstücke und bebauter Grundstücke anfällt.

Geregelt ist diese Steuerart in dem Gesetz der „Haciendas Locales“, Königliches Gesetzesdekret 2/2004. Danach soll der Wertzuwachs besteuert werden, der bei dieser Grundstücksart zwischen Erwerb und Veräußerung entstanden ist, weil der Einzelne durch Infrastrukturmaßnahmen der Gemeinde wie Bauten von Kindergärten, Errichtung von Straßen und Bürgersteigen etc. einen Vermögenszuwachs erzielt hat. Diese Steuer gilt sowohl im Fall der Übertragung unter Lebenden (Kauf, Tausch, Schenkung) als auch für eine solche von Todes wegen, also Erbschaften. Maßgeblich für die Höhe der Steuer sind die Anzahl der Jahre des Haltens der Immobilie und der jeweilige Hebesatz der Gemeinde. Die Steuer errechnet sich mithin aus dem Katasterwert des Grund und Bodens, multipliziert mit dem jeweiligen Hebesatz (Coeficiente) der Gemeinde. Der steuerliche Zugewinn orientiert sich hierbei nicht nach dem tatsächlich erzielten Vermögenszuwachs, also der Differenz zwischen dem Erwerbspreis und dem Kauferlös; die Berechnung der gemeindlichen Bodenwertzuwachssteuer beruht vielmehr, losgelöst vom tatsächlich erzielten Übertragungsgewinn, auf fiktiven Berechnungen der jeweiligen Gemeinde. Dies ergibt sich aus Art. 107 des Gesetzesdekrets 2/2004.

Ist die Plusvalía verfassungsgemäß?

Auf Antrag des Gerichts von San Sebastián an das Spanische Verfassungsgericht hat sich dieses im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens mit der Frage der Verfassungsmäßigkeit der Steuerregelung zu befassen. Es geht um die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Besteuerung fiktiver Einnahmen. 

Besteuerung fiktiver Einnahmen?

Angesichts des mit der spanischen Immobilienkrise verbundenen erheblichen Rückgangs der einzelnen Immobilienwerte hat dieses Bewertungsprinzip häufig dazu geführt, dass der von der Gemeinde festgestellte Grundstückswert erheblich über dem tatsächlichen Verkaufswert lag. Teilweise war der Veräußerungspreis sogar niedriger als der seinerzeitige Erwerbswert. Die Steuer erfasste damit einen fiktiven, tatsächlich nicht erzielbaren und auch nicht erzielten Gewinn. Eine Besteuerung auf dieser Basis, so führen die Beschwerdeführer aus, widerspreche Art. 31 der Spanischen Verfassung. Hierin ist das Postulat der gerechten Besteuerung niedergelegt, wonach die Bürger nach Maßgabe ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit durch ein gerechtes Steuersystem, beruhend auf dem Grundsatz der Gleichheit und Progression, steuerlich herangezogen werden. Die Besteuerung fiktiven Gewinns verstoße mithin gegen die Spanische Verfassung. Aus Urteilen spanischer Gerichte wie denen von San Sebastián, Murcia, Kanarische Inseln, Castilla-La Mancha (insbesondere denen des Tribunal Supremo de Cataluña v. 18.07.2013 – AZ: 805/2013 und des TSJ Madrid vom 24.04.2015 – AZ: 346/2015) lässt sich entnehmen, dass die Ansicht der Verfassungswidrigkeit der Norm von den Gerichten mehr oder minder einhellig geteilt wird. Mit Spannung kann deshalb die Entscheidung des Spanischen Verfassungsgerichtshofs erwartet werden. Es wird weiter berichtet. 

Die Autoren, Jan Löber, Rechtsanwalt in Frankfurt und Abogado inscrito in Valencia, und Iris Fangauf, Rechtsanwältin in Frankfurt, gehören der Kanzlei Löber & Steinmetz Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB mit Standorten in Frankfurt und Köln an.

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