„Erschöpft von Sorge und Ungewissheit“

Teilnehmer der Führung vor dem Hotel GF Victoria Foto: ashotel

Teilnehmer der Führung vor dem Hotel GF Victoria Foto: ashotel

Hotelverband Ashotel konfrontierte bei einer „Führung“ durch die Touristenhochburgen Arona und Adeje Insel-Politiker mit den Auswirkungen der Gesundheitskrise auf den Tourismus

Teneriffa – Ein Bild sagt bekanntlich mehr als Tausend Worte: Am 27. August folgten Politiker verschiedener Parteien – von PSOE über CC und Podemos bis VOX – der Einladung des Hotelverbands der Provinz Santa Cruz de Tenerife zu einem Besuch der Touristenhochburg Playa de las Américas. Ashotel bezweckte mit dieser besonderen „Führung“ die Verdeutlichung der schwierigen Lage des Tourismus angesichts der Empfehlung zahlreicher Länder, auf Reisen nach Spanien und auch auf die Kanarischen Inseln zu verzichten. Gleichzeitig drängte der Verband bei dem Treffen mit den Politikern auf die Notwendigkeit, eine gemeinsame Front zu bilden, um diesen Wirtschaftssektor zu stützen. Ashotel erinnerte in diesem Zusammenhang an den beachtlichen Anteil des Tourismus am BIP der Inseln: 35% (15,75 Milliarden Euro), und an die enorme Beschäftigtenzahl dieser Branche, die 40% aller direkten und indirekten Arbeitsplätze (344.000) für sich beansprucht.
Der Ausflug begann am Vormittag bei hochsommerlichen 34 Grad mit einem Spaziergang über die Avenida Las Américas, besser bekannt als „Milla de Oro“. Die Teilnehmer waren zuvor in Santa Cruz mit einem Bus abgeholt worden, und auf dem Weg in den Süden hatte ihnen Victoria López, Vizepräsidentin von Ashotel und Hotelunternehmerin, mit einigen Fakten einen Überblickt verschafft. Die Hotelbranche beschäftigt auf den Kanaren etwa 70.000 Menschen, von denen 70% aktuell in Kurzarbeit sind. Sollte diese Lage anhalten, könnte die Arbeitslosenquote in der Region in den kommenden Monaten auf 35 bis 40 Prozent ansteigen, gab sie zu bedenken. Die Branche sei „erschöpft von so viel Sorge und Ungewissheit“, erklärte sie. „Es gibt Entscheidungen, die nicht in unseren Händen liegen“, erklärte sie weiter und richtete sich direkt an die anwesenden Politiker: „Wenn Sie alle sich doch einig sind, dass es der Zusammenarbeit bedarf, um den Tourismus zu retten, warum setzen Sie dies nicht in die Praxis um?“ Wenn diesbezüglich keine politische Einigkeit erzielt werde, erwarte die Inseln der wirtschaftliche Zusammenbruch und viel Armut, gab sie zu bedenken.

Ashotel-Präsident Jorge Marichal beantwortet auf einer nahezu verwaisten „Milla de Oro“ Las Americas die Fragen der Reporter. Foto: Ashotel
Ashotel-Präsident Jorge Marichal beantwortet auf einer nahezu verwaisten „Milla de Oro“ Las Americas die Fragen der Reporter. Foto: Ashotel

Entlang der „Milla de Oro“ bot sich der Besuchergruppe ein trostloser Anblick. Leer stehende Geschäfte und sehr wenige Menschen auf der Straße. Von den Angestellten in den wenigen offenen Läden der bekannten Einkaufsmeile war immer wieder derselbe Satz zu hören: „Ich möchte meine Arbeit nicht verlieren.“
Anschließend führte die Tour weiter zur Apartmentanlage Parque del Sol, deren 284 Apartments im vergangenen Jahr zu dieser Zeit etwa 450 bis 500 Gäste beherbergten. Die Anlage ist seit fünf Monaten geschlossen, und von den 100 Mitarbeitern sind nur noch 6 beschäftigt. Der Besitzer der Anlage, Daniel Piqué, hat für den Großteil seiner Belegschaft ein ERTE (Expediente de Regulación Temporal de Empleo), sprich Kurzarbeit, beantragt. „Wir hatten vor, im September wieder zu öffnen, aber angesichts der aktuellen Einschränkungen können wir es nicht tun“, bedauerte Piqué, der mit jedem Monat der Schließung 60.000 Euro verliert.
Im Hotel RIU Palace Tenerife erklärten Verantwortliche dieser Hotelkette, wie die neuen Vorschriften im Hotelbetrieb – in Zimmern und Buffet-Restaurant – umgesetzt werden, um jederzeit die Sicherheit der Gäste zu gewährleisten. Die spanische Kette betreibt 17 Hotels auf den Kanarischen Inseln und beschäftigt 3.500 Mitarbeiter; für 1.000 wurde ein ERTE angemeldet.
Mit einem Mittagessen im Hotel GF Victoria in Costa Adeje, dem erst vor zwei Jahren fertiggestellten neuen Luxushotel der kanarischen Unternehmensgruppe Grupo Fedola (GF) mit 242 großzügigen Suiten, wurde der Besuch abgeschlossen. Daran nahmen unter anderem auch Vertreter des Unternehmerverbands des Südens, der Handelskammer Santa Cruz, des Tourismusförderungsverbands des Südens und der Loro Parque Unternehmensgruppe teil.
Ashotel-Präsident Jorge Marichal nutzte die Gelegenheit, um den politische Verantwortlichen erneut die dringlichsten Forderungen des Verbands vorzutragen: Die Schaffung und Anwendung einer außerordentlichen und flexiblen Regelung für die ERTE-Verfahren im Tourismus sowie die Festigung des Images der Inseln als sicheres Reiseziel, unter anderem durch PCR-Tests für Urlauber.
Victoria López schloss mit den Worten „Der September ist verloren. Wenn wir den Winter auch noch verlieren, werden wir im nächsten Sommer nicht mehr öffnen können.“ Die anwesenden Politiker einigten sich zum Ende der Versammlung darauf, ihre parteipolitischen Meinungsverschiedenheiten auszuklammern, und gemeinsam auf eine Wende hinzuarbeiten.

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