Der entscheidende Beschluss des Verfassungsgerichtes könnte erst nach Auflösung des Parlamentes erfolgen
Madrid – Das spanische Verfassungsgericht lässt sich Zeit, um in der vom Parlament eingereichten Klage gegen die kommissarische Regierung eine Entscheidung zu treffen. Dabei wäre eine höchstrichterliche Klärung bzw. Begrenzung der Regierungskompetenzen aufgrund der derzeit unsicheren innenpolitischen Lage notwendig.
Seit den Generalwahlen vom Dezember 2015 leitet das Kabinett Mariano Rajoys kommissarisch die Geschäfte des Landes, weil kein Kandidat die nötigen Stimmen zur Bildung einer neuen Regierung auf sich vereinen konnte. Selbst die Neuwahlen Ende Juni änderten an der verfahrenen Situation nichts. Während der kurzen Legislaturperiode nach den Wahlen im Dezember versuchten einige Parteien wiederholt, die Arbeit der Regierung der parlamentarischen Kontrolle zu unterziehen. Doch die Versuche scheiterten stets, unter anderem, weil die zum Rechenschaftsbericht aufgeforderten Minister einfach der Kontrollsitzung fernblieben. Dazu gehört auch Ana Pastor, damals Ministerin für Transport, heute Präsidentin des Abgeordnetenhauses.
Mitte Juni, kurz vor den Neuwahlen, hatten alle Fraktionen bis auf die regierende Partido Popular, beschlossen, die Verfassungsrichter mit dem Fall zu beschäftigen und strengten ein Organstreitverfahren an. Die spanischen Verfassungshüter sollten zum einen die Regierung in die Schranken weisen und unter die Kontrolle des Abgeordnetenhauses stellen, zum anderen die genauen Aufgaben und Kompetenzgrenzen einer kommissarischen Regierung klären.
Die seinerzeitigen Autoren der Verfassung hatten das derzeitige Politspektakel nicht vorgesehen, sodass darüber nichts im höchsten Regelwerk des Landes steht. Weil die Neuwahlen kurz bevorstanden, rechneten die Parlamentarier zwar nicht mit einer baldigen Anwendung der neuen Rechtsprechung in dieser Angelegenheit, wollten jedoch für die Zukunft diese Klärung herbeiführen. Schließlich sahen sich alle dann doch wieder mit demselben Problem konfrontiert.
Nach wie vor weigert sich die Regierung Rajoy, vor dem Parlament für ihre Arbeit und Entscheidungen Rechenschaft abzulegen. Seit Jahresbeginn fällt die Begründung immer gleich aus: Das Abgeordnetenhaus, das die Regierung kontrollieren will, sei nicht mehr das, welches die Regierung 2011 eingesetzt hat, und sei somit nicht zu deren Kontrolle berechtigt.
Das Verfassungsgericht sollte nun für Klärung dieser mittlerweile wieder topaktuellen Frage sorgen. Doch das höchste rechtsprechende Gremium lässt sich Zeit. Zuerst kamen die Sommerferien dazwischen, nun mussten bei der ersten Sitzung im September erst einmal die Gegenbeweise der Regierung auf Zulassungsfähigkeit überprüft werden. Die Beratungen an sich sollen erst Mitte Oktober beginnen.
Am 31. Oktober läuft die Frist für eine Regierungsbildung aus, womit das Parlament erneut aufgelöst würde. Damit würden die Entscheidungen der Regierung bis nach möglichen Neuwahlen im Dezember weiterhin keiner Kontrolle der Volksvertreter unterliegen.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]