„Die Büchse der Pandora“ heißt eine Bewegung, der 3.000 spanische Künstlerinnen und Schriftstellerinnen angehören
Madrid – Das spanische „MeToo“ heißt „La Caja de Pandora“, die Büchse der Pandora und vereint rund 3.000 kulturschaffende Frauen der bildenden und schreibenden Künste. Sie verständigen sich über eine private Facebook-Gruppe, in der einige Mitglieder von sexuellen Übergriffen und Machtmissbrauch berichten, von unangemessenen Berührungen, Einschüchterungen und Machoverhalten verschiedener Intensität. Andere hören zu, beraten und trösten. Bisher läuft dies noch im privaten Rahmen ab, doch es zeichnet sich schon ab, dass einige Berichte immer wieder auf dieselben Personen hinweisen und dass sich die Frauen darauf vorbereiten, zu handeln, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.
Die Bewegung ist nicht organisiert und hat keine Führungsfigur, Entscheidungen werden durch Abstimmung auf regionalen Versammlungen getroffen. Die Gruppe, die ständig wächst, entstand im vergangenen Sommer im Umfeld des Falles der Tänzerin Carmen Tomé, die den Kurator und Dozenten Javier Duero wegen sexueller Übergriffe anzeigte. Dieser war 2017 zu einer Künstlertagung des Kultur- und Ausbildungszentrums Las Cigarreras in Alicante eingeladen. Tomé verlas noch dort vor Ort öffentlich und mit Streaming im Internet die Anzeige, die sie bei der Polizei erstattet hatte, und in der sie von sexuellen Übergriffen in der Wäscherei des Zentrums berichtet. Der Beschuldigte stritt alles ab. Der Fall geht nun vor Gericht. Die Frauen von „La Caja de Pandora“ wollen Tomé in dem Verfahren zur Seite stehen.
Die Stärke dieser neuen Bewegung liegt darin, dass eine enorme Anzahl von Berichten von Frauen aller Altersgruppen zusammengekommen ist. Einige sind schon verjährt, andere nicht. Es haben sich, obwohl selbst nicht betroffen, auch Frauen aus höheren Positionen angeschlossen – Museumsdirektorinnen, Kuratorinnen und etablierte Künstlerinnen. Bis nach Lateinamerika reicht mittlerweile die Vernetzung. Das gewaltige Echo von dort überraschte die Gruppe zunächst sehr.
Sehr viel Schmerz und schreckliche Fälle kommen auf diese Weise ans Licht, einige davon so schwerwiegend, dass sich die Gruppe überfordert sieht und sich bemüht, diesen Frauen professionelle Hilfe zu vermitteln.
Noch treten die Frauen nicht ins Licht der Öffentlichkeit, wie die amerikanischen Schauspielerinnen der MeToo-Bewegung, die ihre Peiniger öffentlich angeprangert haben. Sie gehen langsam und methodisch vor, sammeln zunächst Aussagen und Daten. Denn es gibt zahlreiche Fälle, in denen Frauen Anzeige erstattet und vor Gericht gewonnen haben, aber dennoch ihre Wirkungsstätte verlassen mussten, während die Aggressoren in ihren Positionen bleiben konnten.
Das große Ziel der Pandora-Gruppe ist es, die Frauen zu stärken und ihnen das Gefühl zu geben, dass sie Übergriffen nicht allein gegenüberstehen. Am 29. Januar haben die „Pandoras“, wie sie sich selbst nennen, vor dem Museum Reina Sofía in Madrid eine Erklärung verlesen, in der sie sich selbst und ihre Sache vorstellen, andere Frauen einladen, sich anzuschließen, und ihre Unterstützung für Carmen Tomé zum Ausdruck bringen.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]