Eine Reportage deckte auf, dass afrikanische Flüchtlingsfrauen von ihren Kindern getrennt werden
Gran Canaria – Die Reportage, die Journalist Eloy Vera für die Nachrichtenagentur EFE verfasste, und die am 21. Oktober in der regionalen Presse erschien, hat die Staatsanwaltschaft von Las Palmas zu einer raschen Handlung veranlasst.
Bereits einen Tag nach Veröffentlichung des herzzerreißenden Berichts über vier afrikanische Frauen, die stellvertretend für viele Migrantenmütter stehen, die nach der Überfahrt im Flüchtlingsboot auf die Kanarischen Inseln unmittelbar nach der Ankunft von ihren Kindern im Kleinkindalter getrennt wurden, kündigte der Ombudsrat auf den Inseln eine Untersuchung dieser Fälle an. Die Generaldirektion für Kinder- und Jugendschutz der Regionalregierung erklärte sich mit dieser Maßnahme nicht einverstanden und äußerte die Besorgnis, dass dadurch die Rechte der Kinder beschnitten würden. Die Generalstaatsanwaltschaft der Kanaren kündigte ihrerseits noch am selben Tag an, dass diese Praxis überprüft würde.
Als Grund für das Vorgehen der Trennung von Müttern und ihrer Kinder wurde die Prävention von Kinderhandel angeführt. Ende des Jahres 2019 sei eine besorgniserregend hohe Zahl von Fällen verzeichnet worden, in denen Migrantenfrauen zusammen mit Minderjährigen in Spanien ankommen und behaupten, es handele sich um ihre Kinder, während später durch Gentests aufgedeckt wurde, dass kein Verwandtschaftsverhältnis bestand. Diese „Ankerkinder“ würden von Erwachsenen missbraucht, um eine Abschiebung zu verhindern. Deshalb seien Maßnahmen notwendig geworden, um die Kinder zu schützen.
Damit wurde jedoch nicht erklärt, warum die Migrantenfrauen auf Fuerteventura wochen- ja sogar monatelang auf das Ergebnis der DNA-Analyse warten mussten, und in dieser Zeit von ihren Kindern getrennt untergebracht wurden.

Eloy Vera sprach in Puerto del Rosario unter anderem auch mit Yaiza Martín. Sie ist Mitarbeiterin der christlichen Organisation „Misión Cristiana Moderna“, eine der sozialen Einrichtungen, die sich dort um die Aufnahme von Migranten kümmert. Sie berichtete, dass sie seit zwei Monaten mit den Tränen und der Verzweiflung der Mütter konfrontiert ist, die von ihren Kindern getrennt wurden. Einige davon seien erst zwei oder drei Jahre alt. „Wenn sie im Hafen ankommen, werden die Kinder in ein Heim gebracht und die Eltern in einer Halle am Hafen untergebracht, wo ein PCR-Test gemacht wird und ihre Personalien aufgenommen werden; danach verbringen sie die Quarantänezeit in einer anderen Halle und werden anschließend in eine Unterkunft für Migranten gebracht; die Kinder sehen sie erst wieder, wenn das Resultat der DNA-Analyse vorliegt, was üblicherweise drei bis vier Monate dauert“, berichtete Yaiza Martín dem Reporter.
Durch die Reportage wurden Behörden und Öffentlichkeit auf die Situation der afrikanischen Mütter aufmerksam, und innerhalb von nur zwei Tagen konnten die Frauen, die ihre Leidensgeschichte in der Reportage erzählt hatten, ihre Kinder wieder in die Arme schließen.
In einer Einrichtung auf Fuerteventura wurden die Kleinen und ihre Mütter im Auftrag der Generaldirektion für Kinder- und Jugendschutz vereint, nachdem die Polizei und die Staatsanwaltschaft die Ergebnisse der DNA-Analysen der Betroffenen ausgehändigt hatte, durch die bewiesen ist, dass die Frauen tatsächlich die Mütter der Kinder sind.
„Endlich werde ich wieder essen und die Nächte durchschlafen können“, sagte Mariame Diomandé, eine der fünf Frauen, der Nachrichtenagentur EFE wenige Minuten nach dem Wiedersehen mit ihrer Tochter Saly. Sie waren im August kurz nach ihrer Ankunft im Flüchtlingsboot getrennt worden. Mariame und ihre Tochter hatten vor der Überfahrt auf die Kanaren bereits eine Reise von einem Jahr und sieben Monaten von der Elfenbeinküste bis Marokko hinter sich gebracht. In der Heimat ließ Mariame ihre zwei älteren Kinder, zwei Jungen im Alter von sechs und zehn Jahren zurück. Sie ist nach Europa gekommen, um ihrer Tochter eine bessere Zukunft zu bieten und Arbeit zu suchen, um etwas Geld in die Heimat schicken zu können.
Auch die junge Mutter Marissa Camara floh aus ihrer Heimat, um ihrer fünfjährigen Tochter eine Zukunftsperspektive zu geben und sie vor allem vor den Qualen einer Beschneidung zu bewahren; in Guinea wäre sie Opfer der Genitalverstümmelung geworden. Obwohl Marissa in Guinea internationale Beziehungen studierte, traf sie die Entscheidung, ohne ihren Mann mit ihrer Tochter über das Meer zu flüchten. „Jetzt hoffe ich, dass meine Tochter Zugang zu Bildung hat und später so wie ich studieren kann. Ich bin nur aus diesem Grund hierhergekommen“, sagt Marissa.
Aissa Didla ist mit ihren beiden Kindern an irgendeinem Punkt an der westafrikanischen Küste in ein Boot gestiegen. Ihr großer Sohn Tidiane ist neun Jahre alt und wurde auf den Kanaren in ein Heim gebracht. Das acht Monate alte Baby durfte Aissa bei sich behalten. Aissa lächelt glücklich, während Tidiane schüchtern in die Kamera blickt und gesteht, dass er seine Mutter und seinen Bruder sehr vermisst hat. Aissa bedankt sich bei den Betreuern, die sich um ihren Sohn gekümmert haben. Ihr Ziel ist es nun, ihren Kindern die Bildung zu ermöglichen, die ihr versagt blieb.
Bevor die Frauen mit ihren Kindern in das Fahrzeug stiegen, das sie zu ihrer vorläufigen Unterkunft brachte, bedankten sie sich, diesmal bei den Medien, die es ihnen ermöglicht haben, ihre Geschichte zu erzählen und auf ihr Schicksal aufmerksam zu machen.

Unterkünfte für Frauen mit Kindern
Das Staatssekretariat für Migration auf Gran Canaria hat nach Bekanntwerden der Situation der Migrantenmütter und -Kinder reagiert und mitgeteilt, dass zwei Unterkünfte für die Unterbringung von Frauen mit Kindern zur Verfügung gestellt werden, bis die Ergebnisse der DNA-Analyse vorliegen. Damit sollen Trennungen in Zukunft vermieden werden. Die beiden Einrichtungen mit Platz für 50 bzw. 40 Personen sollen entsprechend ausgestattet und die bisher dort untergebrachten Migranten in andere Zentren gebracht werden.
Die Staatsanwaltschaft auf den Kanaren ist inzwischen zurückgerudert und hat die Anordnung, minderjährige Flüchtlinge nach ihrer Ankunft von den Personen, die behaupten, ihre Eltern zu sein, zu trennen, aus dem Protokoll gestrichen. Auf Anordnung des Oberstaatsanwalts auf den Kanaren, Luis del Río, sollen Kinder und Eltern in Zukunft zusammen untergebracht werden, bis das Resultat des DNA-Tests vorliegt.