Pläne für neue Fünfsternehotels werden bis auf Weiteres auf Eis gelegt


Die Verfassungsbeschwerde gegen das neue Tourismusgesetz sorgt für Rechtsunsicherheit

Am 11. März hat das Verfassungsgericht die Verfassungsbeschwerde des Ministerrates gegen die im Tourismusgesetz der Kanaren aufgenommene Genehmigung zum Bau neuer Fünf- jedoch keiner Viersternehotels zugelassen und die entsprechenden Absätze zumindest vorübergehend ausgesetzt. Das im Sommer 2013 verabschiedete Gesetz zur touristischen Modernisierung – Ley de Renovación y Modernización Turística – hob den 2003 verhängten, eine unkontrollierte Massenbebauung verhindernden Baustopp für touristische Unterkünfte – „Moratorium“ genannt – teilweise auf.

Madrid –

Nur Neubauten im Fünfsternebereich

Während das Regionalparlament einzig und allein den Bau von Fünfsterne- und Fünfsterne-Luxushotels sowie exklusiven Villen in Meeresnähe (200 m) nun wieder erlaubte – der allerdings unter der Voraussetzung der Schaffung eines umfangreichen Zusatzangebotes auch vorher erlaubt geblieben war –, blieb die Errichtung neuer Viersternehotels weiterhin untersagt. Das Gesetz eröffnete in dieser Kategorie nur die Möglichkeit, durch eine Erneuerung, Renovierung und Verbesserung in die Fünfsterneklasse aufzusteigen. Auf diese Weise sollte der Weg zu einer nachhaltigen, zukunftsorientierten und qualitativ hochwertigen Entwicklung des Tourismus geebnet werden (das Wochenblatt berichtete).

Ausländische Investoren stellen ihre Vorhaben ein

Doch nach Meinung des Ministerrates verletzt der Ausschluss neuer Viersternehotels die unternehmerische Freiheit und somit sowohl nationales als auch EU-Recht, sodass im Februar Verfassungsbeschwerde eingereicht wurde (das Wochenblatt berichtete).

Die Befürchtungen der Regionalregierung, die Verfassungsbeschwerde würde zu Rechtsunsicherheit führen und den Inseln schaden, bewahrheitete sich leider sehr schnell. Kurz nachdem die Zentralregierung den Gang vor das Verfassungsgericht bekannt gegeben hatte, ordneten allein auf Teneriffa zwei ausländische Investoren, die Fünfsternehotels in Guía de Isora und Adeje bauen wollten, die sofortige Aussetzung der Vorhaben an. José Luis Delgado, Leiter des Inselressorts für Straßen und Landschaft, gab bekannt, die Investoren würden nun erst einmal den Ausgang des rechtlichen Verfahrens abwarten. „Ein entsprechendes Baugrundstück kostet bis zu 20 Millionen Euro, der Bau eines Fünfsternehotels weitere 20 bis 30 Millionen Euro. Die Investoren werden keine 50 Millionen Euro ausgeben, nur um nachher keine Betriebsgenehmigungen zu bekommen,“ erklärte Delgado.

Enrique Hernández Bento, Vertreter der Zentralregierung auf den Kanaren, gestand ein, dass die Verfassungsbeschwerde zu Rechtsunsicherheit führen könne und möglicherweise geplante Investitionen ausgesetzt werden würden. Er versicherte, sollte die Verfassungsbeschwerde zugelassen sein, werde der Vertreter des öffentlichen Interesses dem Gericht antragen, nur den diskriminierenden Ausschluss der Viersternehotels außer Kraft zu setzen und somit den Bau von Hotels aller Kategorien zu ermöglichen.

Der Cabildo-Präsident Teneriffas, Carlos Alonso, stellte sich entschlossen gegen die Zentralregierung und erklärte, diese würde mit der Verfassungsbeschwerde die nachhaltige Entwicklung des Tourismus behindern. Alonso stellte klar, dass die sich bereits im Bau befindlichen Projekte wie die Luxusapartments beim Hotel Abama und ein neues Fünfsternehotel in Adeje sowie die diversen Erneuerungs- und Renovierungsvorhaben von Viersternehotels nicht gefährdet seien. Anders sehe es mit den in der Planungsphase steckenden Vorhaben aus.

Adejes Bürgermeister José Miguel Rodríguez Fraga gab einige Tage nach den Äußerungen Delgados bekannt, der geplante Bau einer Anlage aus Luxusvillen in La Caleta sei bereits auf Eis gelegt worden. José Fernando Cabrera, Präsident des Forums der Freunde von Teneriffas Süden (FAST), ergänzte, in Arona, Adeje, Guía de Isora und Santiago del Teide seien sieben Vorhaben betroffen. Angesichts einer Zahl von über 350.000 Arbeitslosen und einer Quote von über 30% sei nicht nachvollziehbar, wie die Zentralregierung für Rechtsunsicherheit sorgen und die Schaffung der so dringend benötigten Arbeitsplätze gefährden könne, erklärte Cabrera entrüstet.

Baustopp

Am 11. März ließ das Verfassungsgericht die Beschwerde zu und setzte auf Antrag der Zentralregierung den Artikel 4.2 aus, mit der Folge, dass die Genehmigung zum Bau von Fünfsternehotels ausgesetzt und der Baustopp wieder eingeführt wurde. Die Aussetzung gilt zunächst für fünf Monate. Bis dahin muss das Verfassungsgericht entweder eine endgültige Entscheidung getroffen oder die Aussetzung aufgehoben oder verlängert haben.

Als erste gaben Fernando Ríos und Domingo Berriel von der Regionalregierung eine Stellungnahme ab. Ríos stellte klar, dass nicht das komplette Gesetz sondern nur der konkrete Artikel 4.2 Absatz a) und c) zeitweilig ausgesetzt würde, sodass während der Aussetzung nun erneut noch nicht einmal Fünfsterne- und Fünfsterne-Luxushotels gebaut werden dürften. Berriel kritisierte das Vorgehen der Zentralregierung scharf. Auch brachte er sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass diese allein gegen den Erhalt des Baustopps neuer Viersternehotels vorgehe, das weiterhin geltende Moratorium für Ein-, Zwei- und Dreisternehotels jedoch nicht kritisiert habe.

Daraufhin meldete sich noch einmal Regierungsvertreter Enrique Hernández Bento zu Wort und versicherte eindringlich, die Regierung wolle mit der Verfassungsbeschwerde nicht den Bau neuer Hotels verhindern, sondern verfolge ganz im Gegenteil den Bau touristischer Unterkünfte – jedoch aller Kategorien. Hernández Bento kündigte an, der Vertreter des öffentlichen Interesses werde innerhalb der kommenden zwei Wochen eine entsprechende Stellungnahme und Klarstellung abgeben.

Gran Canaria fordert eine Gesetzesänderung

In einer darauffolgenden Debatte des Regionalparlaments warb Gran Canarias Cabildo-Präsident José Miguel Bravo de Laguna (Partido Popular, PP) für die Erweiterung des Gesetzes und die Möglichkeit zum Bau neuer Viersternehotels, wie sie auf Gran Canaria den Lokalpolitikern und Unternehmern zufolge fehlten. Er wolle das touristische Modell anderer Inseln nicht ankratzen, allerdings das von Gran Canaria gewollte durchsetzen, so Bravo de Laguna. Carmelo Ramírez, ebenfalls Vertreter von Gran Canarias Inselregierung, pflichtete ihm bei. Auf der Insel würde der Anteil der Viersternebetten nur 18% betragen, das sei zu wenig, um die Nachfrage zu befriedigen. Um eine unkontrollierte Ausweitung der touristischen Hochburgen zu vermeiden, könnten die Neubauten doch begrenzt und diese Grenzen jährlich überprüft werden, schlug er vor. Doch allen Fürbitten der Politiker Gran Canarias zum Trotz lehnten die Abgeordneten der Coalición Canaria (CC) und der Partido Socialista Obrero Español (PSOE) den Antrag auf Gesetzesänderung ab, der wegen der Stimmenverteilung im Parlament als abgewiesen zu den Akten landete.

Gewisse Rechtssicherheit

Um den Investoren zumindest eine gewisse Rechtssicherheit zu bieten, stellte die Regionalregierung am 14. März per Dekret fest, dass die Erneuerung der Hotels jedweder Kategorie sehr wohl erlaubt sei und entsprechende Vorhaben nicht von dem aktuellen Rechtsstreit betroffen seien.

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