Prozessauftakt gegen Infantin Cristina


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Die Verhandlung des Falles Nóos ist eine Feuerprobe für die spanische Justiz

Es ist noch nicht lange her, dass behauptet wurde, ein Mitglied der Königsfamilie müsse sich niemals auf die Anklagebank setzen und noch weniger eine Tochter oder Schwester des spanischen Königs. Einige wollten aus sicherer Quelle wissen, dass es ein Abkommen zwischen Richtern und Staatsanwälten gibt, die sich der politischen Macht und den Institutionen beugen müssten.

– Weit entfernt von der Realität: Am 11. Januar hat vor dem Gericht in Palma de Mallorca die mündliche Verhandlung des Falles Nóos begonnen. Prinzessin Cristina, ihr Ehemann Iñaki Urdangarin und sechzehn weitere Personen sind als Angeklagte vorgeladen. Für sie alle gilt die Unschuldsvermutung, bis ein Urteil gefällt worden ist.

Drei Richterinnen leiten einen Prozess, in dem über mehrere Dutzend Vergehen im Zusammenhang mit Korruption verhandelt wird, für die Gefängnisstrafen beantragt wurden. Rund 600 nationale und internationale Journalisten wurden akkreditiert, die den Prozess verfolgen, der bereits in seiner ersten Phase zu einem Spektakel mutierte. 

Nach jahrelangen, oft polemischen Untersuchungen, Vernehmungen, Gutachten, Einsprüchen etc. mussten sich am 11. Januar 14 Männer und vier Frauen auf die Anklagebank setzen und zwar unterschiedslos und ohne Privilegien. Für viele ein Beweis, dass, wenn auch sehr langsam, die Justiz in Spanien als unabhängige Institution professionell funktioniert, obwohl sie nicht über ausreichende Mittel verfügt und auch erheblich unter Druck steht. 

Eine der ersten Entscheidungen, welche die Richterinnen Samantha Romero, Rocío Martín und Eleonor Moyá treffen müssen, lautet: „Ist die sogenannte Doktrin Botín auf die Infantin anwendbar?“ Diese kam seinerzeit dem damaligen Präsidenten des Bankhauses Santander, Emilio Botín, zugute und wird für Prinzessin Cristina ebenfalls von ihren Anwälten gefordert. Die Doktrin besagt sinngemäß, wenn der Staatsanwalt und die Generalstaatsanwaltschaft nicht wegen eines Vergehens anklagen, welches den Staat betrifft, sondern lediglich ein privater Kläger existiert, ist die Verhandlung nicht zulässig.

Das Gericht muss also entscheiden, ob Cristina de Borbón zu verurteilen ist, wie die übrigen 17 Mitangeklagten oder ob sie die Anklagebank verlassen kann, ohne vernommen zu werden, wie es ihre Verteidiger, der Antikorruptions-Staatsanwalt und der Vertreter des Staates fordern.

Neues Gutachten

Die Generalstaatsanwaltschaft und der Anti-Korruptions-staatsanwalt haben eine neue Information der Finanzbehörde vorgelegt, die dazu dienen soll, die Prinzessin zu entlasten. Am ersten Tag der Verhandlung hat Staatsanwalt Pedro Horrach das entsprechende Schriftstück der Finanzverwaltung vorgelegt, welches die Schwester von König Felipe von dem Vorwurf freisprechen soll, an den Steuervergehen beteiligt gewesen zu sein, die ihrem Ehemann Iñaki Urdangarin zur Last gelegt werden.

Korruption im Schatten der Immobilienblase

Die Gerichtsverhandlung in Palma de Mallorca zeigt das Ende einer Epoche auf. In die Aktionen, öffentliche Mittel für die Unternehmen von Iñaki Urdangarin zu organisieren, sind einflussreiche Politiker, vorwiegend von der PP, verwickelt. Sie regierten auf den Balearen, sowie in den Regionen Valencia und Madrid. Und sie lassen sich nur durch die in dieser Zeit herrschende Immobilienblase erklären und durch die Tatsache, dass in den öffentlichen Kassen dieser Regionen eine absolute Desorganisation geherrscht haben muss. Die besagten Politiker waren darum bemüht, zu ihrem eigenen Vorteil die spanische Krone zu „hofieren“.

Die Untersuchungen von Richter José Castro und Staatsanwalt Pedro Horrach dauerten mehr als sechs Jahre.

2016 – das Jahr bedeutender Prozesse

In dem eben begonnenen Jahr wird es eine Reihe wichtiger Prozesse bedeutender Korruptionsfälle geben. Betroffen sind Politiker, Unternehmer, Beamte, Gewerkschafter ebenso wie der Mann auf der Straße. 

Der Prozess Urdangarin ist kein Prozess gegen die spanische Krone, wenn er auch von einigen Seiten so interpretiert wird. Vielmehr werden Individuen wegen der Straftaten verurteilt, die sie begangen haben, bemüht sich die Staatsanwaltschaft zu versichern. 

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