Sklavenfriedhof entdeckt


Alle Toten des Gräberfeldes in Santa María de Guía wurden auf der Seite liegend bestattet. Foto: EFE

Die Gräber stammen aus der Frühzeit des atlantischen Menschenhandels

An der Ausgrabungsstätte wurden 14 Skelette gefunden, 8 davon sind völlig intakt. Georadar-Untersuchungen lieferten Hinweise auf weitere Gräber in der Umgebung. Foto: EFE

Gran Canaria – Archäologen haben im Gemeindegebiet von Santa María de Guía im Norden Gran Canarias einen Begräbnisplatz freigelegt, den sie als den ältesten bisher bekannten Sklavenfriedhof des Atlantiks und damit als eines der frühesten Zeugnisse des Sklavenhandels von Afrika zu den atlantischen Inselgruppen (Kapverden, Kanaren, Madeira) und nach Amerika einstufen. Vom 16. bis zum 19. Jahrhundert wurden rund 12 Millionen Schwarzafrikaner von den europäischen Kolonialmächten England, Spanien, Portugal, Niederlande und Frankreich über den Atlantik deportiert, um als Sklaven auf Plantagen oder im Bergbau zu arbeiten. Zu Beginn dieser Periode, bevor sich Spanier und Portugiesen an die Eroberung des von Kolumbus entdeckten neuen Kontinents machten, waren die atlantischen Inseln für sie die „Neue Welt“. Sie betrieben dort Zuckerrohr-Plantagen, die ein wirtschaftliches Sprungbrett für die Erschließung Amerikas bildeten.

Bisher gab es zwar zahlreiche historische Dokumente, die den Einsatz afrikanischer Sklaven auf den Atlantikinseln erwähnen, jedoch keine archäologischen Fun­de, welche dies bestätigten.

Die Funde in Guía bergen zahlreiche Indizien dafür, dass die dort bestatteten Menschen zu den frühen Opfern des Menschenraubs in Afrika zählen. Wie die forensische Analyse ergab, sind alle jung, mit meist unter 30 Jahren gestorben. Ihre Wirbelsäulen zeigen Schäden, die auf harte Arbeit in Zuckerrohr-Plantagen schließen lassen. Gleichartige Verletzungen wurden auch an den Skeletten afrikanischer Sklaven der Zuckerrohr-Pflanzungen von South Carolina, Surinam und Barbados festgestellt.

Mittels Radiocarbondatierung wurden die sterblichen Überreste auf den Zeitraum zwischen dem Ende des 15. und dem Beginn des 17. Jahrhunderts datiert. Münzfunde in den Gräbern bestätigen diese Datierung: Eine  4-Maravedí-Münze, nachgeprägt im Jahr 1559 durch das Cabildo La Palma, und eine Medaille mit dem Bild des Heiligen Franziskus aus dem 16. Jahrhundert.

DNA-Untersuchungen an 11 der 14 bisher gefundenen Skelette ergaben, dass vier davon wahrscheinlich Schwarzafrikaner waren und weitere sechs Mauren. Eine Frau stammt eindeutig von den kanarischen Ureinwohnern ab. Dieser Fund gibt Rätsel auf, da die Versklavung kanarischer Ureinwohner  zu dieser Zeit schon durch Kirche und Krone verboten war. Sie konnten als konvertierte Christen sogar Ämter bekleiden, was den Anhängern anderer Glaubensgemeinschaften verwehrt blieb. Die Forscher nehmen deshalb an, dass sie eine Mestizin war.

Der Bestattungsritus wirft ebenfalls Fragen auf. Er lässt sich weder Christentum, noch Islam, noch den Ureinwohnern zuordnen und weist eine Vermischung auf, wie sie in den kreolischen Gesellschaften üblich war.

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