Staatsanwalt fordert hohe Haftstrafe für Ex-Wirtschaftsminister Rodrigo Rato


© EFE

Der Ex-Präsident von Caja Madrid und Bankia soll wegen der „Schwarzen Kreditkarten“ viereinhalb Jahre Haft verbüßen

Rodrigo Rato ist tief gefallen. Er war Wirtschaftsminister und Vizepräsident Spaniens unter José María Aznar, nach Horst Köhler und vor Dominique Strauss-Kahn Präsident des Internationalen Währungsfonds sowie Präsident der Caja Madrid und der aus deren Zusammenschluss mit sechs weiteren Geldinstituten hervorgegangenen Bankia, die 2012, zwei Jahre nach ihrer Gründung, im Zuge der Bankenrettung verstaatlicht wurde.

Als Ableger aus dem großen Gerichtsverfahren um Unregelmäßigkeiten beim Börsengang von Bankia ging der Fall der „Tarjetas negras“, der „Schwarzen Kreditkarten“, hervor. 

Es geht dabei um 85 Führungskräfte und Aufsichtsratsmitglieder von Caja Madrid und Bankia, die im Zeitraum von 1999 bis 2012 insgesamt 15,5 Millionen Euro an Privatausgaben, meist für Luxusgüter, getätigt hatten. Ausgaben, die vor der Öffentlichkeit, welche die Rettung eben jener Banken tragen musste, und dem Finanzamt verschleiert wurden. 

Die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft fordert, Rodrigo Rato zu viereinhalb Jahren Haft zu verurteilen. Außerdem soll er, gemeinsam mit den Nutznießern der Karten, die 2,69 Millionen Euro, welche die Führungskräfte der beiden Banken in seiner Zeit als Direktor, von Februar 2010 bis Mai 2012, über die „Schwarzen Kreditkarten“ ausgegeben haben, zurückerstatten. Obendrein soll eine Geldstrafe in Höhe von 108.000 Euro wegen „unrechtmäßiger Aneignung“ verhängt werden. 

Als mildernder Umstand kommt Rato zugute, dass er die 99.054 Euro, die er selbst mit seiner „Schwarzen Kreditkarte“ ausgegeben hat, an seinen ehemaligen Arbeitgeber Bankia, der vom Steuerzahler mit 22,4 Milliarden Euro gerettet wurde, zurückerstattet hat. Zehn weitere der insgesamt 66 Angeklagten haben dies ebenfalls getan. 

Ratos Vorgänger Miguel Blesa, Präsident der Caja Madrid von 1996 bis 2010, sieht sich noch härteren Strafforderungen der Staatsanwaltschaft gegenüber. Als mutmaßlicher Urheber der „Schwarzen Kreditkarten“ soll er eine Gefängnisstrafe von sechs Jahren absitzen und, zusammen mit seinen Mitangeklagten, 9,34 Millionen Euro an Bankia zurückzahlen. Mit dieser Gesamtsumme haben die Führungskräfte und Mitglieder des Verwaltungs- und Aufsichtsrates der Caja Madrid, welche auf Vorschlag von politischen Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden ernannt wurden, im Verlauf der Jahre 2003 bis 2010 ihre Kreditkarten belastet. 

 Der Fall der „Schwarzen Kreditkarten“ flog im Oktober 2014 auf und war einer der größten politischen Skandale der vergangenen Legislaturperiode. Er zog alle wichtigen Parteien, Gewerkschaften und Unternehmerverbände in Mitleidenschaft und kostete Rafael Spottorno, ehrenamtlicher Berater König Felipes und Verwaltungschef des Königshauses, sein Amt. Spottorno hatte in seiner Zeit als Direktor der Stiftung Caja Madrid (2002-2011) mit einer solchen Kreditkarte im Schnitt 28.000 Euro jährlich ausgegeben. 

Schlussendlich werden nur 66 der 85 Beteiligten gerichtlich zur Verantwortung gezogen, denn aus der Zeit von 1999 bis 2003 gibt es nicht genügend Beweise für eine Anklage. Bei 14 Nutzern der „Tarjetas negras“ ist die Tat verjährt und drei weitere sind verstorben. Für die übrigen sind Strafen zwischen einem und vier Jahren gefordert. Die höchsten Strafen für die Mitglieder des Verwaltungsrates, welche das System abgesegnet und sich daran bereichert haben. 

Die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft stellt in ihrer Anklageschrift klar, dass die durch Miguel Blesa genehmigten Kreditkarten „zur freien Verfügung“ ein ganz und gar außerhalb der Legalität existierendes Vergütungssystem geschaffen wurde. Niemals sei der vorgeschriebene steuerliche Einbehalt vorgenommen worden. Die Belastungen der Karten, üblicherweise für Luxushotels, -restaurants und Reisen, seien in der Buchführung der Caja Madrid auf zweierlei Weise verschleiert worden: Entweder als Repräsentationskosten der Führungsriege der Bank oder auf dem sogenannten „Schadenskonto“, wo normalerweise Verluste durch Betrug, Fahrlässigkeit, interne Fehlleistungen, Systemfehler und Kundenreklamationen verbucht werden. Geschlossen wurde der Kreis der Verschleierung durch das Schweigen der Begünstigten gegenüber den Steuerbehörden. Bei der Aushändigung der Karten wurden sie darauf hingewiesen, keine Belege über die damit getätigten Ausgaben einzureichen.  

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