Fließende Lava glüht und ist erkennbar heiß. Kühlt sie ab, wird sie fest. Die Kanarischen Inseln sind ausschließlich so entstanden. Hier ist jedes Gestein erstarrte Lava – mit Ausnahme der fossilen organischen Sanddünen, die es an manchen Küsten gibt. Auch der weichere Boden in den Wäldern oder auf den Äckern ist nichts weiter als stark verwitterte Lava. Wie die Lava selbst ist er mineralreich und deswegen fruchtbar. Lava kann sehr verschieden sein und in vielen Farben auftreten. Große Teile von Teneriffas Süden sind von sehr heller Lava bedeckt. Sie ist reich an Kieselsäure und viel älter als der Pico del Teide, der nur etwa 175.000 Jahre alt ist – nicht viel auf dieser Insel. Sie wurden bei sehr explosiven Eruptionen der Vorgänger-Vulkane des Teide als Glutwolken hoch in die Atmosphäre geschleudert und dann am Boden abgelagert oder sind als schaumige, zähe Lavaströme geflossen. Dieser Bimsstein ist als Baumaterial begehrt. Daneben gibt es auch zahlreiche dunkle Lavaschichten. Sie stammen von anderen, meist weniger explosiven Ausbrüchen und enthalten prozentual weniger Kieselsäure. Basalt ist solch ein typischer Vertreter dunkler Lava. An Orten, deren Lava nur wenige Jahrhunderte oder Jahrtausende alt und nur wenig verwittert ist, können wir dieses Gestein gut kennenlernen. Neben dem Teide-Nationalpark gibt uns das Malpaís de Güímar an der Südostküste der Insel, nicht weit vom Wallfahrtsort Candelaria entfernt, beste Gelegenheit dazu. Sein Basalt ist etwa 6.000 Jahre alt und wurde von der Montaña Grande, dem Vulkan neben der Autobahn, ausgeworfen. Die Rundwanderung ist gut ausgeschildert und sehr zu empfehlen.
Normalerweise beginnt die Wanderung am östlichen Ortsrand von Puertito de Güímar und führt uns im ersten Abschnitt an der Küste entlang. Gleich am Anfang türmen sich links vom Weg sehr grobe und zerklüftete Basalthügel auf. Sie sind nicht sehr hoch, nur wenige Meter, aber als Gehgelände wenig einladend. Das vermeidet jeder gerne. Rechts, zwischen Weg und Meeresufer, befinden sich einige mehr oder weniger behelfsmäßig gebaute Hütten. Eigentlich sind sie nur mit einem Eingang und einer Mauer versehene Höhlen im dunklen Basaltgestein, die gelegentlich oder ständig bewohnt werden. Kein einladender Platz für Wanderer. Ein paar Hundert Meter weiter, wenn wir schon über hellen Sand aus Bimskörnchen und Resten der Schalen von Meerestieren gegangen sind, wird der Basalt interessanter.
Zunächst vor allem zur Küste, wenig später auch landeinwärts erkennen wir große dunkle Platten. Meistens sind sie zerbrochen, aber ihre Oberfläche ist deutlich glatter als die des groben Materials, das wir schon gleich am Anfang gesehen haben. Man kann gut und recht bequem darauf laufen. Gelegentlich können wir auch kleine, niedrige Höhlen erkennen. Verlassen wir hier den Weg und gehen nah am Wasser Richtung Ausgangspunkt zurück, entdecken wir auch etwas größere Tunnel. Sie sind aber nicht begehbar. Landseitig und etwas weiter im Hintergrund hingegen ist die Lava so zerrissen und grob wie eingangs beschrieben. An manchen Stellen liegen grobes und glatteres Gestein so dicht nebeneinander, dass wir es gut vergleichen können. Die Farbe ist immer identisch und ihr Material offensichtlich auch. Was macht den Unterschied? Wieso ist das gleiche Gestein einmal glatt und lädt zum darauf Gehen ein und dann wieder sehr grob und abweisend, sodass man darauf freiwillig nicht laufen mag?
Es liegt an der Temperatur, mit der die Lava aus dem Vulkan quoll. Betrug diese mindestens 1.200°C, war die Gesteinsschmelze sehr dünnflüssig und bekam eine glatte Oberfläche. Bei Temperaturen unterhalb 800°C wurde sie zähflüssig und ihre Oberfläche rau. Die Beschaffenheit der Oberfläche sagt uns also etwas über Hitze und Fließeigenschaften des Basalts aus. Betrachten wir hier das Gelände etwas genauer, erkennen wir leicht, dass vor allem zum Ufer hin oft nur die glatte Oberfläche zu entdecken ist. Landeinwärts und über dem Niveau der glatten Lava türmt sich meistens erst das grobe Material auf. Diese rund 500°C kältere Lava ist also erst geflossen, als die heißere und glattere schon an ihrem heutigen Platz erstarrt war. Im Laufe der Eruption der Montaña Grande im Hintergrund wurde also zuerst sehr heiße und zum Schluss weniger heiße Basalt-Lava gefördert.
Mit zwei Begriffen, die der Sprache der Ureinwohner von Hawaii entlehnt sind, unterscheiden heute Geologen diese beiden Erscheinungsformen des Basalts. Die glatte Variante heißt „PAHOEHOE“, die grobe schlicht und lautmalend „AA“. PAHOEHOE bedeutet „Lava, auf der man gut laufen kann,“ und AA: „Lava, auf der man besser nicht läuft“ (weil es weh tut.). Probieren Sie es ruhig mal aus.
In PAHOEHOE-Lava entstehen sehr leicht Röhren und Höhlen. Bis zu 60 km lange Lavaröhren sind bekannt. Die Cueva del Viento auf Teneriffa ist mit 18 km bekannter Länge weltweit die Nr. 5. Dort werden täglich Führungen in verschiedenen Sprachen angeboten. (Anmeldung: www.cuevadelviento.net) Die Pahoehoe-Lava des Malpaís de Güímar ist von vielen Röhren durchzogen. Die meisten davon sind erkennbar bei Gasexplosionen zerstört worden. Deswegen sind die Platten, die oft nichts anderes sind als ehemalige Höhlendecken, meistens zerbrochen.
Michael von Levetzow
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