42% der ländlichen Gemeinden verzeichnen stark sinkende Einwohnerzahlen
Madrid – Der Bevölkerungsschwund in ländlichen Regionen ist in Spanien besonders ausgeprägt. Das Land liegt diesbezüglich europaweit an vierter Stelle hinter Finnland, Estland und Lettland. In ihrem Jahresbericht hat die Spanische Zentralbank der ländlichen Entvölkerung ein eigenes Kapitel gewidmet, demzufolge 3.403 Gemeinden, 42%, in Gefahr sind zu veröden. Die Länder mit dem geringsten Anteil an Ortschaften, die der Entvölkerung anheimfallen könnten, sind Frankreich, Italien und Deutschland mit einem Anteil von 7%, 4% und 1% aller Gemeinden.
In Spanien ist demzufolge die Konzentration der Bevölkerung im Vergleich zum restlichen Europa besonders intensiv und der Anteil an unbewohnten Gebieten ungewöhnlich hoch. Zur Verdeutlichung erläutert der Bericht der „Banco de España“: Wenn man ganz Spanien in Quadrate von je einem Kilometer Seitenlänge unterteilt, dann sind nur 13% davon bewohnt. Der Rest der Landkarte ist wie leergefegt. Ähnliches findet man in Europa erst wieder im hohen Norden, im Baltikum.
Eine Erklärung dafür könnte, laut den im Zentralbankbericht zitierten akademischen Studien, in der Zeit der „Reconquista“ zu finden sein. In der Epoche, da die Spanier die Iberische Halbinsel Stück für Stück aus arabischer Herrschaft zurückeroberten. Damals standen den Christen nur wenige Menschen zur Verfügung, um die zurückgewonnenen Territorien durch Besiedelung zu sichern. Deshalb wurden viele sehr kleine Ortschaften entlang der verschobenen Grenzen verteilt. Dies war vor allem im Norden des kastilischen Hochlandes (Meseta Norte, Castilla y León) der Fall, wo sich auch heute noch die meisten der von Entvölkerung betroffenen Dörfer befinden.
Hinzu kam die Landflucht in den Jahren 1950 bis 1991, als die Landwirtschaft immer mehr an Bedeutung verlor und der Industrie- und Dienstleistungssektor anwuchs. In dieser Zeit stieg der Anteil der Stadtbevölkerung von 59% auf 79% an. Mittlerweile hat er die 80% überschritten und bewegt sich damit in derselben Größenordnung wie in allen Industriestaaten weltweit.
In den dünn besiedelten Gebieten sind die Grundversorgung, Einkaufsmöglichkeiten, Bildungseinrichtungen und das kulturelle Angebot schlechter als in dichter besiedelten Landstrichen und in der Stadt. Durchschnittlich müssen die verbleibenden Bewohner 32 Kilometer fahren, um beispielsweise die Schule, eine Arztpraxis oder eine Sporteinrichtung zu erreichen.
Die Zentralbank erkennt an, dass diesen Mängeln entgegengewirkt werden muss, rät jedoch dazu, auf die Effizienz der Investitionen zu achten, um die Stärken und Chancen der ländlichen Gebiete zu nutzen. Freizeitgestaltung, Telearbeit, Internethandel, erneuerbare Energien und der Pflegesektor könnten auf dem Land wirtschaftliche und bevölkerungsrelevante Impulse setzen. Dafür sei vor allem der Ausbau des Breitband-Internets in diesen Gebieten entscheidend.
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