Beton statt Kunst


© Gernot Huber

Aus für Skulpturenpark „Los Cardones“ in San Isidro

Brief und Siegel des Ayuntamientos de Granadilla de Abona sind nicht mehr vom Tisch zu fegen: Der in 19-jähriger Aufbauarbeit entstandene Skulpturenpark der Gernot Huber-Stiftung ist nicht mehr zu retten. Die Messlatte für die Bebauung in der Zona Rustica wurde bisher immer höher gelegt, statt auf 5.000 qm durfte nur noch auf 10.000 ein Haus entstehen. Nun werden in dem zur Zona Urbana erklärten Gebiet auf 500.000 qm 4.000 Wohnungen entstehen.

Nach den Plänen der Baugesellschaft MRA Miguel Rico & Asociados aus Pamplona wird der Skulpturenpark durch zwei Straßen in drei Teile zerschnitten. Da macht auch das Angebot der Stifter Gisela und Gernot Huber an die Gemeinde  keinen Sinn, die Sammlung mit inzwischen 90 teils monumentalen Werken unter Leitung der Stiftung der Öffentlichkeit in San Isidro zu übergeben. Die Straßen würden die Harmonie von Kunst, Architektur und Natur zerstören. Die Promotoren sind dem Vorschlag des Gründers zwar gefolgt, Teile des Parks mit dem herrlichen Blick auf Teide und Atlantik als Grünzone auszuweisen, doch nach dem Willen des Bürgermeisters Francisco Jaime González Cejas sollte das Gelände Tag und Nacht frei zugänglich sein, wobei die Skulpturen im Besitz der Stiftung, sprich deren Verantwortung, blieben. Keine Versicherung, aber auch die Stiftung selbst könnten die Skulpturen gegen Vandalismus oder gar Kinder vor lebensgefährlichem Besteigen schützen.

Wer den sieben Meter hohen „Gläsernen Kaktus“ kennt, der nach den Vorstellungen von Gernot Huber durch den Glaskünstler Rudolf Schmidt errichtet wurde, kann sich ausmalen, dass dafür niemand die Haftung übernehmen würde. Auch die kinetischen Stahlskulpturen sind nicht für den unbewachten Zugang geschaffen. Der Bebauungsplan sieht immerhin Raum für 12.000 Neubürger mit 40% Sozialwohnungen vor.

Die Mahnung der „Sieben Inseln“ aus kanarischem Tuffstein, die mit dem sich schon im Rollen befindlichen Stein und der stählernen Kurbelwelle eines Riesenbulldozers vor der Zubetonierung der Inseln warnen sollte, wird nun von der Wirklichkeit eingeholt. Mit dieser Skulptur hat Gernot Huber den heimischen Vulkanstein vor 17 Jahren als erster Bildhauer für künstlerische Werke genutzt und damit den bekannten kanarischen Künstler Guillermo Batista und andere angeregt, mit dem selben Material zu arbeiten.

Das im Zentrum des Parks gelegene Haus, das nach dem Entwurf des Parkgründers die alte kanarische Bauweise aus eben diesem Material nach 70 Jahren Vergessenheit wieder aufnahm und damit Vorbild für viele Neubauten auf der Insel wurde, war bislang Ort der Zusammenkunft vieler Kunstfreunde aus aller Welt. Leider lässt es sich nicht wie amerikanische Holzbauten auf einen Trailer laden und an eine andere Stelle versetzen. Genau so ergeht es mancher Skulptur. Das in dreimonatiger Arbeit von Huber errichtete „Klaustrum“, das mit seiner stählernen Pyramide und dem aus ca. 20.000 Lavasteinen bestehendem Ringwall sicht-, hör- und durch die vom Wind erzeugte Vibration fühlbar ist, lässt sich nur von einem Frontlader abreißen. Ob sich bei einer Wiedererrichtung die in seinem Inneren bestehende positive Strahlung mit versetzen lässt, ist fraglich. Sie besitzt nach den Messungen eines Radiodäsisten mit 44.000 Bovis eine der stärksten Strahlungen der Welt und soll noch vor der der Cheopspyramide rangieren. Manche Besucher meinten, das Verweilen von 20 Minuten auf ihrem Steinsitz würde wie eine Woche Inselurlaub wirken.

Anrührende Hilfsangebote

Es gibt schon anrührende Hilfsangebote von Besuchern: Ein Dr.Ing. und Verfahrenstechniker errechnete die Versetzung des „Gläsernen Kaktus“ mittels hunderter Bohrungen in den Basaltuntergrund, deren Zwischenräume hydraulisch gesprengt werden sollen. Doch wie würde die Skulptur inklusive Fundament mit 8 Tonnen tausender Glasteile und 8,5 Metern Höhe stehend unter den Autobahnbrücken hindurch gehen? Die Künstlerin Barbara Streiff aus der Schweiz will im Februar/März hier ihre bewegte „Weltspirale“ errichten. Sie bot an, per Internet Tausende von Protestunterschriften zu sammeln und auf dem Steinsitz im „Klaustrum“ in Hungerstreik zu treten. Doch ein in Spanien bestehendes Gesetz macht jeden Widerstand unmöglich. Wenn mehr als 50 % der Grundeigentümer für die Durchsetzung eines Bebauungsplanes sind, kann der Besitz der Hubers, dem einzigen bisher nicht verkauften, notfalls sogar enteignet werden. Das bestätigte nicht nur der in solchen Belangen erfahrene Honorarkonsul der Bundesrepublik Deutschland, Ingo Pangels, sondern auch der Anwalt der Stiftung, Dr. Alberto Regalado. Beide Herren setzen sich deshalb trotz aller technischer Schwierigkeiten bei der Verlagerung der Kunstwerke für einen Umzug in das Gemeindegebiet von Adeje ein, um den Park mit Befürwortung auch vom Inselpräsidenten Ricardo Melchior für Teneriffa zu retten. Der zuständige Teniente de Alcalde von Adeje, Ricardo Moreno, bat vor Jahresfrist die Stifter G. und G. Huber zu einem Gespräch in das dortige Ayuntamiento mit dem Angebot, ein entsprechendes Gelände auszuweisen. Ihm schwebte ein Skulpturenpark in der Größenordnung und Bedeutung von Chillida Leku vor, der in Nordspanien mit seinen immerhin 150.000 qm den in San Isidro mit 77.000 qm noch übertrifft. Chillida ist in Deutschland bekannt durch seine große Stahlskulptur vor dem Bundeskanzleramt in Berlin.

Gernot Huber wäre bereit, den gesamten Verkaufserlös der Finca „Los Cardones“ dort wieder inklusive Museumsräumen und Künstlerwohnungen zu investieren. Adeje, mit seinen vielen Luxushotels die reichste Gemeinde ganz Spaniens, ist interessiert an einem entsprechenden kulturellen Angebot und verspricht sich Vorteile von den internationalen Beziehungen in der Kunstwelt durch die Gernot Huber-Stiftung. Tatsächlich bewerben sich neben den von der Stiftung an den begabten künstlerischen Nachwuchs vergebenen Stipendien immer häufiger auch arrivierte Künstler darum, in deren Skulpturenpark vertreten zu sein. Das jüngste Beispiel ist die 2005 von dem Österreicher Reinhard Brandner errichtete größte horizontale Sonnenuhr Europas, das für 2006 geplante Werk „Wings“ von Peter Kärst musste wegen seines schweren Betonfundaments schon verschoben werden. Diese Arbeiten sind wertvoll für die Bildhauer durch ihre Verbreitung im Internet, im Fernsehen und in der Presse. Der WDR widmete dem Park in seinem Film „Wunderschönes Teneriffa“ 10 von 90 Minuten. Im Frühjahr 2006 strahlte ein riesiger Übertragungswagen des spanischen Canal Canaria eine Lifesendung vom Park weltweit aus. Das von der Edition Braus in Heidelberg verlegte reich bebilderte Buch „Kunst zwischen Kiefern und Kakteen“ von Gernot Huber tut ein Übriges und die UNESCO erwägt, den deutschen Park der Stiftung bei Hamburg unter ihre Schirmherrschaft zu stellen. Reiseführer erwähnen den Park und Hotels bemühen sich um Termine für ihre Besucher. Die Hoffnung, dass ein Bericht des Diario de Avisos die Gespräche mit dem Ayuntamiento Adeje beschleunigen würde, hat sich bisher nicht bestätigt. Seit Wochen bemühen sich der deutsche Konsul und die Stifter um einen Termin, alle zuständigen Politiker an einen Tisch zu bringen. Mañana!

Im Februar

Tag der offenen Tür

Doch immerhin ist dadurch  der „Tag der offenen Tür“ am Sonntagnachmittag des 4. Februar 2007 nicht gefährdet. Im vergangenen Jahr nutzten 500 Besucher die Gelegenheit. Wer weiß, wie lange es sie noch gibt. Ein häufiger Parkbesucher tröstete die Gründer denn auch mit einem Hermann Hesse-Zitat:

„Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe

bereit zum Abschied sein und Neubeginne,

um sich in Tapferkeit und ohne Trauern

in andre, neue Bindungen zu geben,

und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,

der uns beschützt und der uns hilft zu leben.“

Skulpturenpark „Los Cardones“ der GERNOT HUBER-STIFTUNG. Anfahrt von der Südautobahn, Ausfahrt 22 San Isidro Richtung Granadilla. Am Ortsende von San Isidro große S-Kurve. 100 m danach links Einfahrt bei einem weißen Stein mit Sonne. Geöffnet am Sonntag, dem 4.2.2007 von 14 bis 18 Uhr sowie für Gruppen nach Vereinbarung unter Telefon 922 772 331. Infos: www.gernot-huber-stiftung.de

Eintritt gegen eine Spende von 5 Euro für den künstlerischen Nachwuchs. Jugendliche frei.

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