Sechs Jahre nach der Sperrung können Besucher endlich wieder den berühmten Blick über das Orotavatal zum Teide genießen
Teneriffa – „Heute ist ein bedeutender Tag für La Orotava, für den Norden, für die Insel und ja, sogar für die Kanaren“, begann La Orotavas Bürgermeister Francisco Linares am 8. Oktober seine Ansprache an die wenigen Anwesenden der Wiedereröffnung des Humboldtblicks. 221 Jahre nach Alexander von Humboldts denkwürdigem Besuch auf Teneriffa und sechs Jahre nach der gerichtlich angeordneten Schließung ist der berühmte Aussichtspunkt, der den einzigartigen Blick auf Orotavatal und Teide bietet, wieder für die Öffentlichkeit zugänglich.
Bürgermeister Linares erinnerte daran, dass der Aussichtspunkt vor zehn Jahren mit einem Café und einem Restaurant neu eröffnet wurde, jedoch wenige Jahre später wegen eines Rechtsstreits, in den die Pächter verwickelt waren, auf richterliche Anordnung geschlossen wurde. Obwohl Linares erneut unterstrich, dass die Schließung nicht durch die Stadt verschuldet war, räumte er ein, dass es in der Verantwortung aller liege, einen so bedeutenden Ort zugänglich zu machen.
Am 18. September erhielt die Stadtverwaltung endlich Zugang zu dem von einer hohen Mauer umgebenen Aussichtspunkt, und es konnten die dringend notwendigen Säuberungs- und Instandsetzungsarbeiten durchgeführt werden. Seit dem 8. Oktober ist der „Mirador de Humboldt“ nun wieder täglich von 8.00 bis 18.00 Uhr für Besucher geöffnet. Nach Einbruch der Dunkelheit wird die Tür verschlossen.
Bald wieder ein Café
Francisco Linares erklärte bei der Wiedereröffnung, dass es am Humboldtblick vorerst keine Bewirtung geben wird. Er wolle sich aber dafür einsetzen, dass der bürokratische Weg für die Vergabe der Betreiberlizenz an einen neuen Pächter möglichst schnell gegangen wird. Die öffentliche Ausschreibung für das Café soll noch vor Jahresende erfolgen, und die Stadt erhofft sich ein größeres Interesse als vor zehn Jahren, als sich auf die erste Ausschreibung keine Bewerber meldeten. In Anbetracht der touristischen Bedeutung dieses Ortes erwarte man sich von der neuen Ausschreibung nun ein größeres Interesse, erklärte der Bürgermeister.
Die Räumlichkeiten im Untergeschoss des Gebäudes, wo seinerzeit ein Restaurant untergebracht war, sollen vorerst von der Stadt für verschiedene Zwecke wie Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt werden. Ein Restaurant ist dort nicht mehr vorgesehen. Nach dem Willen der Stadtväter sollen die Räume in den nächsten Jahren zu einem kleinen Museum bzw. Besucherzentrum umgestaltet werden, das der Höhle in der direkt hinter dem Aussichtspunkt liegenden Felswand gewidmet wird. Die „Cueva de Bencomo“ soll einst dem vorletzten Guanchenkönig von Taoro – Mencey Bencomo – als Unterkunft gedient haben. Er gilt als mächtigster König der neun Herrschaftsgebiete (Menceyatos), in die Teneriffa zur Zeit der Ureinwohner unterteilt war. Unter Bencomo wurde auch die berühmte Schlacht von Acentejo 1494 gegen die spanischen Eroberer geführt.
Obwohl die Höhle von Bencomo bereits 1986 zum Kulturgut erklärt wurde, war sie lange Zeit nicht geschützt. Jahrzehntelang diente sie Ziegenhirten als Stall. Vor einigen Jahren deckte eine lokale Zeitung den Verfall der Höhle auf, woraufhin sich die kanarische Regierung über das Ressort für Kulturerbe für die Cueva und deren Erhalt zu interessieren begann. Bei einer nach der Säuberung durchgeführten Erkundung der Höhle durch Archäologen wurde Erstaunliches festgestellt. Obwohl nur eine oberflächliche Untersuchung erfolgte, fanden die Experten unter anderem Keramikstücke, Überreste von Fischgräten, Schweinezähne und Muscheln sowie Reste einer Feuerstelle, die durch die dunkle Färbung des Steines erkennbar war. Die Höhle wurde daraufhin gesperrt, um den Erhalt zu gewährleisten und Plünderungen vorzubeugen. Seither bemüht sich die Stadtverwaltung von La Orotava in Verhandlungen mit Grundstückseigentümern um den Erwerb der 32.000 Quadratmeter rund um die Fundstätte.
Von 1799 bis 2020
Im Jahr 1799 besuchte Alexander von Humboldt Teneriffa und das Orotavatal, von dessen Schönheit er geradezu überwältigt war. „Ich habe auf meinen Reisen viele schöne Täler gesehen, doch dieses übertrifft sie alle an Lieblichkeit und Harmonie“ soll Alexander von Humboldt bei diesem Anblick gesagt haben. Später wurde an diesem Ort ein Aussichtspunkt errichtet, und jeder Besucher konnte diesen wundervollen Blick genießen und Humboldts Begeisterung nachempfinden. Zunächst bis zum Jahr 2000. Ende 1999 begann nämlich das Cabildo mit der umfassenden Neugestaltung des „Mirador“, die zunächst durch den Bau einer hohen Betonmauer, die den Blick auf Teide und Orotavatal von der Straße aus versperrte, für Unmut sorgte. Erst nach langer Bauzeit und erheblich mehr Kosten als ursprünglich vorgesehen sowie einer langen Zeit des Stillstands, erhielt die Firma „Teidesoft“ 2006 den Zuschlag als Pächter und begann ihrerseits, Umbau- und Renovierungsarbeiten durchzuführen, die weitere vier Jahre in Anspruch nahmen. So wurde der Humboldtblick erst am 17. Dezember 2010 wiedereröffnet. Der Pächter „Teidesoft“ unterzeichnete einen Vertrag über 30 Jahre. Der Pachtzins wurde auf monatlich 1.500 Euro festgelegt. Wegen der hohen Umbaukosten wurde jedoch eine fünfjährige Karenzzeit eingeräumt, und da die Firma bereits nach drei Jahren in Schwierigkeiten geriet und der Humboldtblick auf richterliche Anordnung im Sommer 2014 geschlossen wurde, erhielt die Stadt nie einen Cent von „Teidesoft“.
2020 soll nun alles anders werden. Bürgermeister Linares hofft auf qualitative Bewerbungen für die neue Ausschreibung des Gastronomiebereichs des Humboldtblicks.