Die Kühlschränke des Teide

Im 17. und 18. Jahrhundert lag auf Teneriffas Gipfel noch häufiger und länger Schnee als heute. Das Eis, das in den Schneebrunnen des Teide monatelang erhalten blieb, wurde mit Maultieren in die bewohnten Inselgebiete transportiert – ein Knochenjob für Mensch und Tier. Foto: moisés pérez

Im 17. und 18. Jahrhundert lag auf Teneriffas Gipfel noch häufiger und länger Schnee als heute. Das Eis, das in den Schneebrunnen des Teide monatelang erhalten blieb, wurde mit Maultieren in die bewohnten Inselgebiete transportiert – ein Knochenjob für Mensch und Tier. Foto: moisés pérez

Im 17., 18. und 19. Jahrhundert wurde in hochgelegenen Lagerstätten Eis hergestellt

Teneriffa – Im Teide-Nationalpark auf Teneriffa sowie auch an verschiedenen Stellen in den Gipfelregionen von La Palma und Gran Canaria sind noch Überreste eines Gewerbes erhalten geblieben, das jahrhundertelang sehr einträglich war. Die Rede ist von den alten Eislagern bzw. „pozos de nieve“, also Schneebrunnen, wie die ersten natürlichen Kühlschränke der Inseln genannt wurden, aus denen die wenigen Einwohner, die sich den Luxus in der vorindustriellen Zeit überhaupt leisten konnten, auch in den wärmeren Monaten des Jahres mit Eis versorgt wurden.

Bei den „neveros“, wie diese Lagerstätten auch genannt werden, handelt es sich um einfache, in den Fels oder Boden gegrabene Kuhlen, in welche die „arrieros“, wörtlich übersetzt „die Maultiertreiber“, im Winter den Schnee in mehreren Schichten einlagerten, ihn dort zusammenpressten und sorgfältig mit trockenen Piniennadeln (pinocha) und Holz abdeckten, sodass sich das durch den Druck entstehende Eis möglichst lange hielt.
In regelmäßigen Abständen wurde das Eis dann auf den Rücken von Maultieren, Eseln oder auch Pferden in die größten Ortschaften von Teneriffa transportiert, wo es als wahres Luxusgut gehandelt wurde. Wer es sich leisten konnte, der stellte aus dem Eis aus den „Kühlschränken des Teide“ Speiseeis oder Sorbets her oder nutzte es als entzündungshemmende Abkühlung bei Prellungen und ähnlichen Blessuren.

Isidoro Sánchez García erzählt in seinem Artikel „Die Kühlschränke der Villa“, veröffentlicht in der Zeitung El Diario del Valle, dass im 17. Jahrhundert zunächst nur die „Cueva del Hielo“ (die Eishöhle) als Lagerstätte genutzt wurde und die „arrieros“ von La Orotava damals ihre Maultiere bei Altavista anbanden, während sie das begehrte Gut für den Transport vorbereiteten.

Ab 1750 stieg die Nachfrage bei den Adelsfamilien und den wenigen wohlhabenden Einwohnern aus dem Valle de Taoro – dem heutigen Orotavatal – , La Laguna und Santa Cruz de Tenerife deutlich an, sodass im 18. und 19. Jahrhundert weitere künstliche Schneelager bzw. -brunnen eingerichtet wurden, um den steigenden Bedarf zu decken. Erst im 20. Jahrhundert, als die industrielle Entwicklung auch La Orotava und Puerto de la Cruz erreichte, entstanden 1920 erste Fabriken im Tal, in denen Eis hergestellt wurde. Obwohl der Kühlschrank an sich bereits Ende des 19. Jahrhunderts erfunden wurde, dauerte es bis in die 1930-er Jahre, bis das Wundergerät in Privathaushalten Einzug hielt.

Die „Cueva del Hielo“, auch „Cueva de las Nieves“ genannt, in der Nähe der heutigen Schutzhütte Refugio de Altavista, war bis Anfang des 20. Jahrhunderts das wichtigste Lager, aus dem sich der Eisbedarf der Inselbewohner deckte. Dieser Hohlraum auf 3.350 m Höhe kann heute leider nicht mehr besichtigt werden.

Bei Izaña sind jedoch noch vier der wichtigsten Schnee-Kühlschränke erhalten geblieben, welche 2009 zum Kulturgut in der Kategorie „Völkerkundliches Erbe“ erklärt wurden. Und auch etwas tiefer gelegen, in Güímar und Arafo, gibt es noch einige Überreste dieser vorindustriellen Eisschränke.

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