Immigrantenlager im Visier


© EFE

Presse hat keinen Zutritt

Nach mehreren Wochen scheinbarer Beruhigung kam es innerhalb von zwei Tagen zu einer neuen Zuwanderungswelle auf dem Archipel. Zwischen dem 7. und 8. April erreichten über 200 Bootsflüchtlinge aus Afrika die Inseln, darunter vermutlich 47 Minderjährige.

Unterdessen hat eine Reportage der Nachrichtenagentur ACN Press, in der von „unmenschlichem und erniedrigendem“ Umgang mit den Flüchtlingen in den Internierungszentren berichtet wird, eine Debatte darüber entfacht, ob die Presse Zutritt zu den Centros de Internamiento de Inmigrantes erhalten soll. 

Der Regierungsdelegierte auf den Kanaren, Salvador García, hat den kanarischen Regierungschef Paulino Rivero als „tollkühnen Verrückten“ bezeichnet, weil dieser sich für die Zugänglichkeit der Immigranten-Internierungslager für die Presse ausgesprochen hatte. García lud Rivero ein, gemeinsam mit ihm eines dieser Zentren – El Matorral, Hoya Fría oder Barranco Seco – zu besuchen, „wenn ihm dieses Thema so sehr am Herzen liegt“. Allerdings würde sich auch Paulino Rivero sicher nicht wünschen, einen Familienangehörigen in einem dieser Zentren ausgestellt zu sehen wie Fleisch auf dem Markt, bemerkte García. Er vertritt den Standpunkt, dass die „menschliche Würde“ und die Intimsphäre der in diesen Zentren lebenden Menschen durch die Abschirmung vor der Presse gewährleistet wird.

Die Polemik hatte eine Reportage der Nachrichtenagentur ACN Press entfacht, in der von „unmenschlichem und erniedrigendem“ Umgang mit den Immigranten in diesen Zentren die Rede ist. ACN Press zitiert aus dem Bericht der unabhängigen Expertin Sara Prestianni, die im Auftrag der EU verschiedene dieser Zentren auf den Kanaren besuchte: „Der Besuch des Immigranten-Internierungslagers auf Fuerteventura hat ein unmenschliches und erniedrigendes Verhalten gegenüber den Immigranten gezeigt.“ Der Mangel an Psychologen und die unmenschlichen Lebensbedingungen in diesen Zentren erhöhen zusammen mit der ohnehin instabilen seelischen Verfassung der Immigranten, die zum Teil Wochen und Monate unterwegs gewesen sind, das Risiko von Verzweiflungsakten wie Suiziden. Dennoch räumte Sara Prestianni gegenüber ACN Press ein, dass das Risiko von Selbstmordversuchen in den Immigrantenlagern auf dem spanischen Festland deutlich höher als auf den Kanaren liegt.

„Einmal dort angekommen, wissen die Immigranten, dass sie vermutlich bald ausgewiesen werden, was ihre Verzweiflung noch schlimmer macht“, so Prestianni. Ab-schließend wird in dem Bericht festgestellt, dass die Unterbringungsbedingungen in den Immigrantenzentren denen eines Gefängnisses entsprechen, überzogen strikt sind und die hygienischen Verhältnisse äußerst mangelhaft.

„Die Pressefreiheit wird immer mehr eingeschränkt“

Der regionale Regierungspräsident Paulino Rivero hatte auf die Veröffentlichung dieser Reportage mit der Forderung an die Regierung reagiert, die Immigranten-Internierunglager (Centros de Internamiento de Extranjeros CIE) für die Presse zugänglich zu machen und Journalisten den Besuch der Zentren zu erlauben. „Ich finde es sehr schlecht, dass die Medien keinen Zugang zu diesen Zentren haben“, sagte Rivero.

Der Reuters-Bildjournalist Juan Medina, der jahrelang auf den Kanaren lebte und das Drama der Bootsflüchtlinge dokumentiert hat, äußerte sich dem Presseverbot in den Immigrantenzentren gegenüber sehr kritisch. „Ich habe bis vor zwei Monaten auf den Kanaren gelebt und bekam nie Erlaubnis, eines dieser Zentren oder andere Orte, wo illegale Immigranten untergebracht sind zu besuchen“, sagte er der Nachrichtenagentur ACN Press. In den wenigen Fällen, in denen es Fotografen gelungen sei, Aufnahmen von Menschen hinter Gittern zu machen, seien sie sofort des Ortes verwiesen worden. Immer mit der Begründung, damit die Privatsphäre der Immigranten zu schützen, die in diesen „Hotels“ gut untergebracht seien. „Die Pressefreiheit wird immer mehr eingeschränkt und heute weiß niemand mehr,  was hinter diesen Mauern geschieht; in Wirklichkeit hat man es ja noch nie gewusst“, bedauert Medina.

Juan Medina stellt übrigens im Rahmen der Reihe „Enciende Africa“ zusammen mit anderen Fotoreportern noch bis 6. Mai in der Zentralstelle der Sparkasse CajaCanarias in Santa Cruz „Blicke auf Afrika“ aus. Die Ausstellung ist montags bis freitags von 11-13 und 17-21 Uhr sowie samstags von 11-14 und 17-20 Uhr geöffnet.

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