Die Kirche soll durch die Einstufung als Offizialdelikt verpflichtet werden, Kindesmissbrauchsfälle anzuzeigen
Madrid – Die großen Berufsverbände der spanischen Richter und Staatsanwälte treten für eine Gesetzesreform ein, welche die Anzeige und Strafverfolgung von Missbrauchsfällen erleichtern soll.
In Spanien verjähren Missbrauchsdelikte zehn Jahre, nachdem das Opfer der Übergriffe volljährig geworden ist. Anzeigen kann nur der Betroffene oder dessen gesetzliche Vertreter.
Nun fordern zahlreiche Richter und Staatsanwälte, die Verjährung dieser Verbrechen abzuschaffen oder die Fristen zu verlängern und sie zum Offizialdelikt zu erklären. Das hätte zur Folge, dass jeder, der von einem Missbrauch weiß, zur Anzeige verpflichtet ist.
Durch eine solche Gesetzesänderung würde auch die Katholische Kirche verpflichtet, alle Fälle von Kindesmissbrauch anzuzeigen, von denen sie Kenntnis hat oder zu denen interne Verfahren durchgeführt werden.
Schon seit 2015 ist jedermann durch das Minderjährigengesetz verpflichtet, der Staatsanwaltschaft „Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung” (Delito contra la libertad sexual) zur Kenntnis zu bringen.
Auch die Katholische Kirche müsste dieses Gesetz befolgen. Doch nachdem die Opfer die Volljährigkeit erreicht haben, ist die Kirche nach der heutigen Gesetzeslage nicht mehr verpflichtet, Fälle von Missbrauch durch Geistliche, die durch die Opfer oder Dritte bei einer Diözese angezeigt werden, auch bei den zuständigen staatlichen Stellen zur Anzeige zu bringen. Nach dem aktuellen Protokoll der Spanischen Bischofskonferenz von 2010 soll ein Bischof, der Kenntnis von einem Missbrauchsfall hat, die betroffene Familie nur „einladen“, das Verbrechen bei den staatlichen Stellen anzuzeigen.
Die Berufsverbände der Staatsanwälte „Unión Progresista de Fiscales” (UPF) und „Asociación de Fiscales” (AF) treten dafür ein, den sexuellen Missbrauch zum Offizialdelikt, das jeder anzeigen muss, zu erklären, weil sich aus ihrer Sicht die Strafverfolgung so effektiver gestalten würde.
Der Richterverband „Francisco de Vitoria” hält sowohl die Einstufung als Offizialdelikt als
auch eine Verlängerung oder Abschaffung der Verjährungsfristen für angezeigt.
Der Verband der „Richterinnen und Richter für Demokratie” vergleicht die juristische Aufarbeitung der verjährten Missbrauchsfälle mit den Fällen der geraubten Babys, wo es zu Freisprüchen aufgrund der Verjährung der Delikte kam, und fordert eine Debatte über die Verlängerung der Fristen.
Der Richterverband „Asociación Profesional de la Magistratura” dagegen glaubt nicht, dass eine Verlängerung der Fristen zu einer Reduzierung der Missbrauchsdelikte an Minderjährigen führen werde, betont jedoch, dass die Kirche dem geltenden Recht unterliege.
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