Zwei Milliarden Euro aus dem Programm REACT-EU sollen den am schwersten betroffenen Branchen zukommen
Madrid – Der Streit um Direkthilfen für die am stärksten von der Krise betroffenen Branchen ist noch immer nicht gelöst. Die Verwendung des neuen 11-Milliarden-Euro-Pakets, das die Zentralregierung angekündigt hat, ist noch unklar. Bisher deutet alles darauf hin, dass die Solvenz der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) gestärkt werden soll – jedoch nicht durch Direkthilfen, welche die Umsatzausfälle kompensieren würden. Die Zentralregierung besteht darauf, dass die autonomen Regionen diese Anstrengung übernehmen sollen, und zwar aus den Mitteln, welche ihnen das Finanzministerium zugewiesen hat und aus ihrem Anteil an den EU-Aufbauhilfe-Fonds. Doch die Tourismus-, Hotel- und Handelsverbände warnen, dass die Finanzkraft der autonomen Regionen nicht ausreichen wird.
Der harte Schlag, den die Corona-Krise dem gesamten Wirtschaftsgefüge versetzt hat, ist schwer zu verkraften. Immerhin konnte die Regierung bisher eine massenhafte Zerstörung von Arbeitsplätzen und Unternehmen durch Maßnahmen wie Kurzarbeit und die Kredite der staatlichen Förderbank ICO (Instituto de Crédito Oficial) teilweise verhindern, doch das weitere Andauern der Krise macht die Schaffung neuer Formen der Unterstützung nötig. Die Regionen, die am stärksten vom Tourismus abhängen, trifft die Krise am härtesten und den Branchen, die besonders unter den Beschränkungen leiden, geht angesichts der Langsamkeit der wirtschaftlichen Erholung die Luft aus, und sie fordern immer dringlicher Direkthilfen.
José Luis Zoreda, Vizepräsident des Reise- und Tourismusverbandes Exceltur, moniert: „Wir befinden uns schon im dritten Unterstützungsplan für den Tourismus, und bisher waren sie alle ungenügend. Wenn die angekündigten 11 Milliarden Euro nicht größtenteils in Direkthilfen fließen, wird sich nicht vermeiden lassen, dass viele Firmen pleitegehen.“ Exceltur geht davon aus, dass die Branche für die kommenden sechs Monate 5,3 Milliarden Euro benötigt. Auch die Beherbergungsbranche und der Handel haben ihre Kalkulationen angestellt und fordern 12,5 Milliarden Euro, um durchhalten zu können.
Doch diese Forderungen stoßen auf taube Ohren. Alles deutet darauf hin, dass die Regierung vorhat, die Schulden der KMU zu erleichtern und ihr Kapital zu stärken, aber keine Direkthilfen auszahlen will. Sogar die Europäische Zentralbank hat Spanien schon als das EU-Land kritisiert, dass 2020 den geringsten Teil seines BIP in die Erholung der Wirtschaft investiert hat.
So hat die Zentralregierung einmal mehr den Regionen die Rolle zugeschoben, die Direkthilfen zu zahlen, nachdem diese schon mehrfach gestützt werden mussten. Im vergangenen Jahr erhielten sie zusätzlich zu ihrer normalen Finanzierung Sonderzahlungen von der Regierung, um die Kosten der Corona-Maßnahmen aufbringen zu können.
Wirtschaftsministerin Nadia Calviño hat angekündigt, dass die Regionen zwei Milliarden Euro aus dem europäischen Aufbauhilfe-Fonds React-EU für die Unterstützung der Unternehmen einsetzen werden. So haben es verschiedene Regionen, die besonders vom Tourismus abhängen, auch schon beschlossen. Auch Regionen im Landesinneren wollen so verfahren.
Die Balearen, die es mit einem BIP-Einbruch um 27% am härtesten getroffen hat, haben für das erste Quartal einen Hilfsplan über 110 Mio. Euro aufgestellt, 60 davon für Direkthilfen. Auf den Kanaren wurden nicht-rückzahlbare Hilfen für KMU, Selbstständige und die Tourismusbranche in Höhe von 165 Mio. Euro beschlossen. Valencia hat direkte Zuwendungen von 430 Mio. Euro für Geschäfte und Firmen vorgesehen, die dazu verpflichtet wurden, ihre Läden zu schließen oder ihre Tätigkeit einzuschränken.
In Asturien werden 100 Mio. Euro in Direkthilfen fließen. Kantabrien bedenkt vor allem das Gesundheitswesen und die Bildungseinrichtungen, doch wird es auch Zuwendungen für Reiseagenturen, Innovation und Digitalisierung geben.
Castilla y León hat 50 Mio. Euro an Direkthilfen für Hotelwesen und Tourismus angekündigt, Murcia 35 Mio. Euro für das Beherbergungsgewerbe. Castilla-La Mancha wird 155 Mio. Euro des React-EU für Direkthilfen an Selbstständige, Klein- und Mittelständler der am stärksten betroffenen Sektoren geben. Extremadura hat 50 bis 60 Mio. Euro für die gleichen Branchen vorgesehen.
Die Vertreter der Handels- und Hotelverbände stehen diesen Plänen skeptisch gegenüber. Sie argumentieren, dass die Hilfen nicht ausreichen werden, wenn der Großteil der gesamtspanischen Konjunkturmaßnahmen in Abgabenerleichterungen und mehr Finanzierungsangebote fließe. Der Einzelhandel sei bereits am Limit, jedoch nicht aufgrund von Finanzierungsproblemen, sondern weil es an Liquidität fehle. Kein Konsum bedeute keine Einnahmen. Es gebe weiterhin Beschränkungen und Fixkosten, die jeden Monat bezahlt werden müssten. Dafür müsse es sofortige Hilfen geben und nicht Finanzierungen für die kommenden Jahre. Den Reiseunternehmen, Cafés und Restaurants gehe es ebenso.