Die Regionen, die zur Beantragung der Dokumente und Aufenthalts- sowie Arbeitsgenehmigungen verpflichtet sind, kommen ihren Aufgaben nicht nach
Madrid – Derzeit leben 12.300 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in vormundschaftlicher Betreuung in Spanien. Nach den neuesten Daten besaßen Ende Juni nur 2.537 der Minderjährigen eine Aufenthaltsgenehmigung. Das bedeutet, dass nur in 21% der Fälle den unbegleiteten Flüchtlingskindern die ihnen gesetzlich zustehenden Ausweisdokumente und Genehmigungen von den zuständigen Regionen beschafft wurden.
Das Gesetz sieht minderjährige Flüchtlinge nicht als illegal an. Die Regionen, die als Vormund für die hier elternlos lebenden Kinder eintreten, sind verpflichtet, ihnen innerhalb von neun Monaten die entsprechenden Dokumente zu beschaffen. Ohne ein entsprechendes Dokument können sie nicht die ihnen zustehenden Rechte in Anspruch nehmen. Dazu gehört beispielsweise der Zugang zu einer Berufsausbildung, die Einschreibung im Einwohnermeldeamt oder der Empfang sozialer Dienstleistungen.
Michel Bustillo, Vertreter der Hilfsorganisation „Voluntarios por Otro Mundo” (Freiwillige für eine andere Welt), erklärte, Minderjährige mit NIE – Personalausweis – könne man integrieren. Ein Minderjähriger ohne NIE hingegen sei verletzlich, werde übersehen und ausgegrenzt. Ihm werde eine Zukunft im Land von Anfang an unmöglich gemacht.
Erhebliche Probleme mit Eintritt der Volljährigkeit
Wenn die Regionen ihre gesetzliche Pflicht zur Beschaffung der Dokumente nicht erfüllen, haben die Minderjährigen mit erheblichen Hindernissen zu kämpfen, wenn sie volljährig werden. Dann müssen sie die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe verlassen und werden zum illegalen Einwanderer, wenn ihre rechtliche Lage nicht geklärt worden ist. Das Gesetz verlangt, über ein monatliches Einkommen von mindestens 500 Euro zu verfügen – auch wenn keine Arbeitsgenehmigung vorhanden ist –, oder dass eine Institution bereit ist, ihren Lebensunterhalt zu finanzieren. Darüber hinaus müssen sie einen positiven Bericht der Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe vorlegen, der ihre Integration und Teilnahme an Ausbildungsprogrammen – an denen sie nicht ohne die entsprechenden Dokumente teilnehmen können – nachweist. Die Statistiken belegen, wie fast unüberwindbar groß die Hindernisse sind: 2018 erhielten nur 38 der ehemals vormundschaftlich betreuten unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge eine Aufenthaltsgenehmigung.
Sara Collantes, Verantwortliche für Kinder- und Jugendhilferecht von Unicef, erklärte: „Ohne Dokument und ohne Genehmigungen ist eine Eingliederung in die Gesellschaft unmöglich.”
Die Beantragung der Aufenthaltsgenehmigung beginnt in den Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Zuerst müssen die Dokumente zur Identifizierung ausgestellt, dann die Aufenthaltsgenehmigungen bei den regionalen Vertretungen der Zentralregierung beantragt werden. Von Anfang an gibt es Probleme. „Die Konsulate von Marokko verzögern die Identifizierung übermäßig, andere, wie das von Guinea, blockieren den Prozess, indem sie ihren Minderjährigen keine Reisepässe ausstellen,” kritisierte Bustillo von „Voluntarios por Otro Mundo”.
Die Daten des Ministeriums für Arbeit, Migration und Sozialversicherung belegen, mit welchen Schwierigkeiten die Minderjährigen zu kämpfen haben, um arbeiten zu können, also genau das zu tun, was sie angetrieben hat, das Mittelmeer zu überqueren. Im Jahr 2018 erhielten nur 218 Flüchtlinge im Alter von 16 und 17 Jahren eine Arbeitsgenehmigung. Bei den Flüchtlingen, die vormundschaftlich betreut wurden und das 18. Lebensjahr erreicht haben, war die Zahl noch geringer: lediglich 54 von ihnen wurde die ersehnte Genehmigung ausgestellt.