Unabhängigkeitsparteien liegen bei den Umfragen in Katalonien hinten
Barcelona – In den vergangenen Wochen war die Aufmerksamkeit der Medien und der Bevölkerung auf die politischen Vorgänge in Katalonien gerichtet und zwar nicht nur in Spanien, sondern auch in Europa. Je näher der Wahltermin, der 21. Dezember, heranrückte, umso größer war die Spannung auf den Ausgang dieser Wahlen, die nicht nur für die Region sondern auch für den spanischen Staat in gewisser Weise richtungsweisend sind. Immerhin ist Katalonien nicht die einzige autonome Region, in der es Unabhängigkeitsbestrebungen gibt, auch die Basken liebäugeln mit der Selbstständigkeit.
Als für diese Ausgabe des Wochenblatts Redaktionsschluss war, fehlten noch zwei Tage bis zum Wahltermin. Doch die letzte aktuelle Umfrage vom 13. Dezember ließ eine leichte Tendenz zugunsten der „Konstitutionalisten“ erkennen, der Parteien, welche die Vorgaben der Spanischen Verfassung unterstützen und die Unabhängigkeit Kataloniens ablehnen.
Die Umfrage von „Metroscopia“ sagt einen Umschwung in der Region voraus, der an drei verschiedenen Fakten festgemacht wird: Die Katalanen werden sich massiv an der Wahl beteiligen, Ciudadanos wird die erste politische Kraft werden, und der Block der Parteien der Unabhängigkeitsverfechter wird seine Mehrheit verlieren.
Insbesondere Junts per Catalunya wird nach der Ansicht der Meinungsforscher an Stimmen verlieren und damit den Block der Unabhängigkeitsparteien, die aktuell über 68 Sitze im Parlament verfügen, zurückwerfen. Der Block der Verfechter der Konstitution könnte 44,9 % der Stimmen erreichen und damit erstmalig die Unabhängigkeitsparteien überholen, für die 43,8% vorausgesagt werden. Allerdings würde keiner der beiden Blöcke die absolute Mehrheit erreichen.
Entsprechend werden die liberalen Ciudadanos auch die Stimmen der Wähler gewinnen, die den Urnen bislang ferngeblieben sind, sowie die anderer Parteien – 42% der Wähler von Partido Popular aus den Wahlen von 2015 sowie 17% von den Sozialisten –, haben die Meinungsforscher von Metroscopia errechnet.
Alle diese Hochrechnungen und Hypothesen stehen und fallen natürlich mit der Wahlbeteiligung. Sollte am 21. Dezember die gleiche Anzahl von Wählern an die Urnen gehen wie bei den Wahlen von 2015, so hätten die Separatisten den Wahlsieg erneut sicher. Doch hier sehen die Meinungsforscher einen Rekord voraus, der zwischen 81 und 82 % liegen wird und das Unbehagen der Bürger über das Spektakel zum Ausdruck bringen soll, das sich in den vergangenen beiden Monaten in Katalonien und auch in Brüssel abgespielt und das Image der Katalanen im In- und Ausland arg angekratzt hat.
Nur 21% der Katalanen wollen die Unabhängigkeit weiter verfolgen
Die Abspaltung von Spanien, ein Prozess, den Artur Mas im Jahr 2012 ins Leben gerufen hat und den Carles Puigdemont erfolglos versucht hat, zu Ende zu führen, bestimmt seit fünf Jahren die Schlagzeilen. Er führte zu Diskussionen in den Familien und Streit unter Freunden. Wie es scheint, ist die Mehrzahl der katalanischen Bürger dieses Themas überdrüssig geworden. Nur noch 21% der befragten Bürger sind bereit, den „Procés“ wie er in Katalonien genannt wird, weiterzuführen. Das Gefühl des Überdrusses hat sich inzwischen sogar unter den Verfechtern der Unabhängigkeit breitgemacht. Was die Mehrheit (72%) der katalanischen Bürger verlangt, ist ein Abkommen zwischen der Regierung Kataloniens und der Zentralregierung in Madrid, damit sich Katalonien in Spanien „einpassen“ kann.
Die Unabhängigkeits-Parteien dagegen sind nach wie vor entschlossen, den Prozess fortzusetzen. Doch gegenüber 2015, als die Partei Junts pel Si sich mit einem detaillierten Programm präsentierte, mit festen Terminen und einigen konkreten Maßnahmen, verheimlichen ihre Führer nun komplett, was sie eigentlich vorhaben. ERC dagegen beschränkt sich darauf anzukündigen, dass sie die Republik ausrufen wolle. Junts per Catalunya setzt sich dafür ein, nicht die Republik, sondern die Republik der vollzogenen Tatsachen zu proklamieren.
Bei einer der letzten Wahlveranstaltungen, an der Ex-Vizepräsident Junqueras per Video teilnahm, das in seiner Zelle aufgenommen worden war, ging er dezent über das Thema Unabhängigkeit hinweg. Carme Forcadell, Ex-Präsidentin von ANC und des katalanischen Parlaments, erst kürzlich gegen eine Zahlung von 100.000 Euro aus der Haft entlassen, hielt sich nicht mit Drohungen zurück. „Die Repression wird die Republik nicht verhindern können und auch nicht unsere Sehnsucht nach Freiheit“, rief sie ihren Zuhörern zu.
Die Mehrheit der Bevölkerung ist offenbar dagegen, in derselben Linie fortzufahren. Die Bürger sind der Meinung, dass man angesichts der erheblich verschlechterten politischen und vor allem wirtschaftlichen Situation „umblättern“ müsse. Trotz der allgemeinen wirtschaftlichen Verbesserung in Europa und vor allem in Spanien sind 57% der befragten Personen der Ansicht, dass die wirtschaftliche Situation in Katalonien schlecht ist, während nur 35% sie für gut halten.
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]