Mieterverein gegründet


Weil viele ihre Eigentumswohnung verloren haben, steigt die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen ständig. Foto: efe

In Barcelona bringen steigende Mieten und sinkende Löhne die Menschen in Existenznot

Barcelona – Während Mietervereine in Deutschland eine gewohnte und alltägliche Einrichtung mit mehreren Millionen Mitgliedern sind, ist diese Art der Interessenvertretung in Spanien, wo traditionell eher gekauft als gemietet wird, wenig bekannt. Doch nachdem die Wirtschaftskrise des letzten Jahrzehnts die Hypotheken Hunderttausender Klein- und Mittelverdiener platzen ließ und lässt, ist das Anmieten von Wohnraum für viele Spanier alternativlos geworden. Entsprechend hat sich die Zahl der Mietverhältnisse drastisch erhöht, und der Bedarf an Wohnungen mit erschwinglichen Mietpreisen ist geradezu explodiert.

Dieser Tage ist nun Barcelonas erste Interessenvertretung für Mieter begründet worden. In der Hauptstadt Kataloniens leben über 200.000 Familien zur Miete. Die erklärten Ziele des „Sindicat de Llogaters“ sind es, für gerechte, stabile und bezahlbare Mieten einzutreten, Immobilienspekulation zu bekämpfen und eine Regulierung des Vermietungsmarktes einzufordern.

Jaume Palomera, einer der Sprecher des Mietervereins fasst die Situation folgendermaßen zusammen: „Die Löhne sinken, und die Spekulation erstickt uns und enteignet unsere Einkommen, wenn die Mietverträge auslaufen.“ In Barcelona, so versichert er, würden immer noch Tag für Tag neun Zwangsräumungen durchgeführt, 83% davon aufgrund von Mietrückständen.

Die Mietervereinigung wurde vor allem wegen der ständig steigenden Mieten gegründet, die allein im vergangenen Jahr um durchschnittlich 9% erhöht wurden. In Barcelona kostet eine kleine Wohnung im Mittel 801 Euro monatlich.

Palomera fordert die Abschaffung des Gesetzes zur Vermietung von Stadtwohnungen (LAU), das 2013 die Mindestlaufzeit von Mietverträgen von fünf auf drei Jahre herabsetzte, um eine größere Beständigkeit der Mietverträge zu erreichen und „unsichtbare Räumungen“ durch Kündigung zum Ende der Vertragslaufzeit zu vermeiden.

Eine weitere Sprecherin des „Sindicat de Llogaters“, Irene Sabaté, fordert das Engagement der Stadtverwaltung Barcelonas bei der Ausarbeitung eines verbindlichen Mietspiegels, der die Vertreibung der Anwohner durch Immobilienspekulation verhindert, sowie dem Wohnraum in der Stadt Priorität vor anderen Nutzungen wie Investition und Tourismusvermietung einzuräumen.

Nach Aussagen von Irene Sabaté zerstört das Vermietungsmodell Barcelonas das soziale Gefüge, weil die Stadtteile Wohnraum verlieren und die Einkommen der Anwohner die Mietpreise nicht mehr abdecken können, die unter dem Druck der Investoren, die systematisch Gebäude aufkaufen, beständig steigen. Zudem würden die Wohnungen immer mehr verkommen und ihr Zustand in keinem Verhältnis zu den hohen Mieten stehen.

Dem Beispiel Barcelonas folgend wurde mittlerweile auch in Madrid ein Mieterverein gegründet, und auch auf Gran Canaria wird, laut Aussagen Sabatés, gerade ein weiterer aus der Taufe gehoben.

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