Mehr Frauen als Männer sind von Armut bedroht


Erstmals seit 2011 sind Frauen von Verarmung und sozialem Abstieg weitaus stärker bedroht als Männer. Der Jahresbericht des „Europäischen Netzes für die Bekämpfung der Armut und sozialen Ausgrenzung“, der anlässlich des Welttages gegen die Armut am 17. Oktober den Abgeordneten und Senatoren im Madrider Senat vorgestellt wur­de, hat einige überraschende Fakten aufgezeigt. Die Wirtschaftskrise hat Frauen wesentlich stärker betroffen als Männer und nun kommt auch die Erholung in der Wirtschaft und auf dem Arbeitsmarkt hauptsächlich Männern zugute.

Junge gebildete Frau spanischer Nationalität mit Kindern ist das neue Profil der Personen, die in Spanien am stärksten von Armut bedroht sind. Es sind nicht die Immigranten oder die alten Menschen, die niemanden haben, der sich um sie kümmert. Der Bericht, der den Volksvertretern vorgelegt wur­de, räumt mit der allgemeinen Ansicht über ein Phänomen auf, das 26,6% der Bevölkerung betrifft und sich zwar in den vergangenen Jahren leicht verbessert hat, doch für eine Be- völkerungsgruppe, die ganz besonders verwundbar ist, erschreckend anwächst.

Die Studie, die auf offiziellen Daten des Nationalen Statistikinstituts INE und Eurostat basiert, besagt, dass lediglich eine von fünf weiblichen Personen, die von Armut bedroht sind, aus dem Ausland stammt. 40% sind jünger als 29 Jahre alt. 70% haben eine abgeschlossene Schulbildung bzw. einen höheren Schulabschluss. Es gibt 1,7 Millionen Arme mit akademischer Ausbildung. Ein Arbeitsplatz bietet für sie kein Schutzschild mehr, denn 30% dieser Personen haben ein schlecht bezahltes Arbeitsverhältnis.

Die Armut sei überwiegend weiblich, besagt der Bericht. Erstmals seit 2011 überwiegt die Zahl der von Armut bedrohten Frauen mit 6,4 Millionen die der Männer mit 5,9 Millionen, gemäß den Daten von 2017.

Juan Carlos Llano, einer der Autoren der Studie, spricht von einer „Maskulinisierung“ des Wirtschaftsaufschwungs. Während der Krise verloren die Männer, die vor allem im Baugewerbe arbeiteten, ihren Arbeitsplatz. Jetzt hat sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt wieder verbessert, aber vorwiegend zugunsten der Männer. Die Frauen blieben außen vor.

Es habe sozusagen eine asymmetrische wirtschaftliche Erholung stattgefunden, bei der die Frauen die Benachteiligten sind. Einer von zwei Haushalten mit einer alleinerziehenden Person ist von Verarmung und Ausgrenzung bedroht, 83% davon sind weiblich, besagt der Bericht, denn Frauen mit Kindern haben es besonders schwer, eine Arbeit zu finden. Ihr Prozentsatz in der Arbeitslosenstatistik liegt bei 19%. „Wenn sie dann doch eine Anstellung finden, ist diese meist nur in Teilzeit und auch noch schlecht bezahlt“, berichten die Experten.

Obwohl die Wirtschaftsdaten eine zunehmende Verbesserung aufweisen, haben sich die Lebensbedingungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen, die besonders gefährdert sind, erheblich verschlechtert. Das gilt auch für behinderte Menschen.

„Die wachsende Ungleichheit und Chancenlosigkeit hängt vor allem mit dem Geschlecht und mit dem Alter zusammen“, erklärt der Soziologe Juan Carlos Llano. So hat sich beispielsweise auch die Zahl der Menschen über 65 Jahre erhöht, die in Armut leben und denen der soziale Abstieg droht. Sein Fazit lautet: „Es gibt weniger Arme, aber die Armen sind ärmer als früher“.

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