Spanien erreicht eine Garantie für Gibraltar und gibt den Widerstand auf
Madrid – Sozusagen in allerletzter Minute hat Präsident Pedro Sánchez seine Drohung zurückgenommen, die Zustimmung der Europäischen Kommission zum Brexit-Abkommen platzen zu lassen, nachdem Spanien eine dreifache Garantie für Gibraltar erhalten hatte. Sie besteht aus einer Erklärung der 27 EU-Staaten und der Europäischen Kommission, die sich verpflichtet haben, niemals ein Abkommen mit Großbritannien zu treffen, das Gibraltar einschließt. Sämtliche zukünftigen Verhandlungen, die Gibraltar betreffen, müssen zuvor die Zustimmung Spaniens erhalten.
Diese Einigung in letzter Minute wurde in Brüssel als „historisch“ bezeichnet. Während Sánchez und Premierministerin Theresa May sich über die erzielte Einigung zufrieden zeigten, warfen die Europa-Skeptiker der britischen Regierungschefin vor, sie sei vor den Forderungen Spaniens eingeknickt.
Mit dem Ja Spaniens konnten die europäischen Regierungschefs am Sonntag, 25. November, das Abkommen unterzeichnen, das Großbritannien ermöglicht, die EU zu verlassen.
„Verrat“ von EU-Unterhändler Barnier
Die spanische Generalstaatsanwaltschaft brauchte mehrere Tage, um festzustellen, welches „Ei“ man Spanien am Ende noch ins Nest gelegt hat. Der Artikel 184 des Brexit-Abkommens existierte in dem Entwurf, der die Grundlage der Verhandlungen war, noch nicht, und wurde offensichtlich nachträglich noch zur endgültigen Fassung hinzugefügt. Präsident Sánchez, der zunächst der erfolgreichen Fertigstellung des Abkommens Beifall gespendet hatte, pokerte daraufhin hoch. Er bestand auf Garantien in der Gibraltarfrage und drohte, das Brexit-Abkommen mit seinem Veto zu blockieren.
Noch am Donnerstag, dem 19. November war der Staatssekretär für EU-Angelegenheiten vor den Medien erschienen, und hatte den erfolgreichen Abschluss der Brexit-Verhandlungen verkündet. „Er könnte nicht perfekter sein“, sagte er wörtlich. Doch bereits am folgenden Montag ließ der spanische Außenminister Borrell in Brüssel wissen, Spanien werde möglicherweise sein Veto gegen die Verträge einlegen. Der Vertrag umfasst 585 Seiten und 185 Artikel. Und offenbar war die „Bombe“ im vorletzten Artikel 184 versteckt. Regierungskreise räumten ein, dass sie völlig überrascht waren. Sie hatten die Texte im Zusammenhang mit Gibraltar Wort für Wort überprüft und für korrekt gehalten, rechneten jedoch nicht damit, dass ein neuer Artikel hinzugefügt wurde, über den sie nicht informiert worden waren. Dort heißt es sinngemäß, dass Gibraltar Teil Großbritanniens sei, was jedoch nicht zutrifft. Der Peñon, der Felsen, wie er in Spanien genannt wird, ist lediglich eine britische Kolonie.
Der umstrittene Artikel 184 tauchte erst in dem definitiven Vertragstext auf, der am 14. November den EU-Mitgliedsstaaten zugestellt wurde. Was Spanien besonders irritierte, war jedoch die Tatsache, dass Theresa May dieser Text schon zuvor zur Verfügung stand und sie ihn an Fabian Picardo, den Premierminister von Gibraltar, weitergeleitet hatte. „Dass ein großer Staat der EU weniger Information hatte als eine kleine Kolonie, ist schwer zu ertragen“, monierte der Staatssekretär für EU-Angelegenheiten, Marco Aguiriano, und beschuldigte die Europäische Kommission, eine Nacht- und Nebelaktion gestartet zu haben.
Am Montag, 19.11., hatte die spanische Regierung beschlossen, hart zu spielen und alles auf eine Karte zu setzen. Außenminister Borrell kündigt in Brüssel das Veto an. Barnier erkannte die Gefahr, dass der offizielle Akt der Unterschrift, der für den 25.11. geplant war, platzen könnte, und akzeptierte Verhandlungen. Spanien konnte jedoch durchsetzen, dass nicht er, sondern der Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker persönlich die Verhandlung leiten sollte. Offenbar war Barnier zu sehr darauf versessen, Theresa May die notwendige „Munition“ zu beschaffen, um die Gegner in den eigenen Reihen zu besiegen.
Heftige Verhandlungen
Donnerstags befand sich Präsident Sánchez zu einem offiziellen Besuch auf Kuba und beharrte auf dem Veto Spaniens, während in den EU-Staaten sämtliche Warnglocken schrillten. Das Treffen der Regierungschefs am Sonntag stand auf dem Spiel. Die ganze Nacht wurde hektisch verhandelt. Am Samstagmorgen kehrte Sánchez mit seinem Team aus Havanna zurück und begab sich direkt zum Regierungssitz La Moncloa. „Wenn bis Mitternacht keine Einigung erreicht ist, muss der Gipfel abgesagt werden“, lautete sein Ultimatum. Es folgten Telefonate zwischen Sánchez und Ratspräsident Donald Tusk, und gegen 14 Uhr am Samstag wurde die dreifache Garantie für Spanien definitiv bestätigt. Tusk lud die Staatschefs für das Treffen am Sonntag ein und Pedro Sánchez die Medien zu einer Pressekonferenz, um die „Frohe Botschaft“ zu verkünden.
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