Einheimische Experten halten die Ziele der Kanarenregierung für zu niedrig angesetzt
Die Plattform für ein neues Energiemodell (Plataforma por un Nuevo Modelo Energético) hat in Santa Cruz eine Tagung abgehalten, bei der Industrie-Ingenieure und Geologen aus dem gesamten Archipel zusammengekommen waren, um sich über das Energiemodell der Kanaren auszutauschen.
Einige der kanarischen Experten sind sich darüber einig, dass es jetzt schon möglich ist, in kurzer Zeit 60% des Stroms, der auf den Inseln verbraucht wird, aus erneuerbaren Quellen wie Wind- und Solarenergie zu gewinnen. Dieses Ziel sei sowohl technisch als auch wirtschaftlich erreichbar und hänge lediglich vom politischen Willen und einer zügigen bürokratischen Abwicklung ab. Darüber hinaus sei diese Art der Energiegewinnung kostengünstiger als die Verbrennung von Erdöl, durch die dem Staat jährlich Zusatzkosten von 1,3 Milliarden Euro für die Stromversorgung der Kanaren entstehen.
Selbst 100% sind keine Utopie
60%, das ist nahezu das Doppelte des Ziels, welches sich die Kanarenregierung bis 2020 gesetzt hat. Wenn man auch Geothermie, Gezeitenkraftwerke und die individuelle Stromgewinnung durch Solarzellen auf den Dächern mit einbezieht, seien mittelfristig sogar 100% zu erreichen, versichern die Industrieingenieure Jorge Morales, Berater des Cabildos Lanzarote, und Roque Calero, Professor für Mechanik und Ingenieurwesen an der Universität Las Palmas sowie auch der Geologe Celestino García, Chef der technologischen Projekte der Abteilung Ressourcenforschung des Spanischen Instituts für Geologie und Bergbau (IGME).
Die Fachleute fanden deutliche Worte zum Thema Energiewende: „Man kann diejenigen, die für die Nutzung Erneuerbarer Energien eintreten, nicht mehr als Spinner abtun. Wir verfügen über fortgeschrittene technische Studien, welche das Cabildo von Gran Canaria in Auftrag gegeben hat, die zeigen, dass man die Energieversorgung dieser Insel allein mit On- und Off-Shore-Windparks und Fotovoltaik in nur fünf Jahren zu 60% aus Erneuerbaren Energien speisen kann. Die Investition von zwei Milliarden Euro, die hierfür nötig wäre könnte privat finanziert werden, wenn ich selbst auch eine öffentliche Beteiligung an den Projekten vorziehen würde“, erklärt Roque Calero und fährt fort: „In nur fünf bis sechs Jahren würde sich diese Investition amortisieren. Allein auf Gran Canaria würden so jährlich 465 Millionen Euro für die Verbrennung von Erdöl eingespart, eine Summe, um die der Staatshaushalt entlastet würde.“
Keine Option sondern eine Verpflichtung
Für Jorge Morales ist die Energiewende auf den Kanaren „keine Option, sondern eine Verpflichtung, denn ohne sie werden die Energiekosten 12% der Einnahmen der regionalen Wirtschaft übersteigen, und schon ab 10% stuft die EU-Kommission die Situation als Energie-Armut ein – ein echtes Drama.“
Weiterhin weist Morales darauf hin, dass es auf den Inseln ein „Bürokratieproblem“ gibt, welches korrigiert werden müsse. Die Genehmigung eines Windparks könne zehn Jahre in Anspruch nehmen. Dieses schwerwiegende Problem mangelnder Koordination zwischen den einzelnen Verwaltungsinstanzen müsse überwunden werden.
Geothermie bietet sich an
Für Celestino García bietet sich die Nutzung der Erdwärme auf einem Archipel vulkanischen Ursprungs geradezu an, er dringt deshalb darauf, auch die Geothermie im neuen Energiemodell der Kanaren zu berücksichtigen und erklärt: „Es gibt nicht den geringsten Zweifel daran, dass die Energiegewinnung aus Erdwärme auf Teneriffa, Gran Canaria, La Palma und Lanzarote möglich ist. Es muss nur gebohrt werden, was einen gewissen finanziellen Aufwand erfordert.“
Es wurde sogar schon eine Probebohrung bis in tausend Meter Tiefe in den Cañadas del Teide durchgeführt. Bei diesen Sondierungen wurden vielversprechende Temperaturwerte gemessen.
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