Gedanken für mich – Augenblicke für Gott
Im Frühjahr haben viele von uns Lust, mal wieder alles neu und frisch zu machen. Großreinemachen ist da angesagt; da wird in jede Ecke gewischt, abgestaubt und der ganze alte Kram, der sich angesammelt hat, wird entsorgt.
Jede und jeder von uns stellt ja fest: Egal ob Wohnung oder Haus – mit der Zeit machen sich Spinnweben breit, liegen Dinge herum, die schon lange aufgeräumt gehören und die Fenster sollte man vielleicht auch mal wieder putzen. Ein Frühjahrsputz war früher eigentlich ein festes Ritual. Und weshalb? Weil es einfach gut tut, hin und wieder mal alles sauber zu haben in Haus und Wohnung. Deshalb bin ich aber auch der Ansicht, dass solch ein Frühjahrsputz auch unserer Seele gut tun kann.
Dafür gibt es ja die Fastenzeit. Stark zwei Wochen ist es her, dass wir Christen diese Fastenzeit mit dem Aschermittwoch begonnen haben und seither gilt es eigentlich, den Frühjahrsputz unserer Seele voranzubringen. Wobei sich sicherlich jetzt der ein oder die andere fragt: Ein Frühjahrsputz für die Seele? Wofür soll das denn gut sein?
Ich glaube schon, dass sich im Laufe der Zeit in einem Menschen sehr viel Seelenmüll ansammeln kann. Seelenmüll, der dringend ausgeräumt gehört; der entsorgt werden müsste. Manch einer schleppt diesen seelischen Müll oft jahrelang mit sich herum und findet keine Gelegenheit und auch keine Hilfe, diesen Ballast loszuwerden. Bitterkeit ist z.B. so ein Gefühl, welches einem die Freude am Leben vergällen kann. Da sieht man dann nur noch alles unter dem Vorzeichen, dass man anscheinend in diesem Leben zu kurz gekommen ist; dass man von anderen ungerecht behandelt wurde. Wenn ich aber bitter bin, dann ist mir das Leben verleidet. Auch unbereinigte Streitigkeiten können ein solcher Ballast sein. Wenn ein Mensch unversöhnlich ist, dann wird er oft bitter weil er im tiefsten seines Herzens spürt, dass er sich oft genug nur selbst schadet, wenn er nicht vergeben kann. Oder schlimm ist es auch, wenn sich ein anderer Mensch weigert, mit mir Frieden zu schließen. Oder wenn mir das unsägliche Gefühl vermittelt wird, nicht wertvoll zu sein. Irgendwie lässt einen dann das Empfinden nicht mehr los, mit dem man sich nur klein und unfähig vorkommt. Oder denken wir an die alten, längst vergessenen Geschichten, die einen nicht loslassen, die immer wieder hervorkommen und einen beschäftigen und von Neuem Unfrieden und Unstimmigkeiten hervorrufen.
Wie kann ich aber nun all das loswerden, was mir das Herz schwer macht?
Ich schaue zunächst einmal auf das, was Fasten eigentlich meint – nämlich „verzichten“. Auf etwas zu verzichten, an das man sich gewöhnt hat, ist ja gar nicht so einfach. Aber so wie der Körper eine Reinigung erfährt, wenn ich mal eine bestimmte Zeit auf Genussmittel verzichte, so kann auch meine Seele eine Reinigung erfahren, wenn ich mir mal bewusst vornehme, den negativen Stimmen in meinem Inneren die restlichen Wochen möglichst nicht zuzuhören, all das nicht zu denken, was mich wieder runterziehen möchte.
Jesus hat ja all jene selig gepriesen, die reinen Herzens sind. Ihnen verspricht er, sie werden Gott schauen. Reinen Herzens sein. Arglos. Gutgläubig. Vertrauensselig sein. Alles Eigenschaften, vor denen wir sonst gewarnt werden, weil sie ausgenutzt werden könnten. Aber in Glaubensdingen ist es genau die richtige Haltung. Eine Reinigung der Seele vornehmen, reinen Herzens werden, damit ich leichter leben und Gott neu begegnen kann.
Das kann ich z.B. durch ein Morgenritual. Ich sage mir am Morgen, bevor ich noch meinen Tag starte, ganz bewusst: Heute lasse ich nicht wieder Verbitterung in mir aufkommen. Das lasse ich nicht zu, denn dann geht es mir besser. Dabei kann ich Jesus durchaus um Unterstützung bitten. Hilf mir, heute ein reines Herz zu bewahren, damit ich leichter leben kann.
Und den Tag kann ich dann auch wieder ganz bewusst schließen indem ich mich frage: Habe ich verzichten können auf Bitterkeit und nachtragende Aufrechnungen? Ist es mir – mit Gottes Hilfe – gelungen, diese inneren Miesmacher zum Schweigen zu bringen? Ich kann mir natürlich auch überlegen, welche Begegnungen mich stärken und auf welche ich besser verzichten sollte. Welche Lektüre mich in meinem Vorhaben unterstützt, den Seelenballast zu verringern, und welche eher hinderlich ist.
Ich habe die große Möglichkeit, mich für oder gegen etwas zu entscheiden. Ich kann verzichten – dafür bietet mir die Fastenzeit einen geschützten und überschaubaren Rahmen an, meiner Seele Gutes zu tun. Mit einem reinen, arglosen Herzen die Fastenzeit erleben, das heißt auch, an deren Ende Ostern befreiter und innerlich frischer und klarer zu feiern.
Bertram Bolz, Diakon
Kath. Touristen- und
Residentenseelsorger
Diesen und frühere Artikel können Sie nachlesen unter: www.katholische-gemeinde-teneriffa.de oder www.wochenblatt.es
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