Die Gemeinderäte der rund 8.100 Städte und Gemeinden traten am 15. Juni zusammen
Madrid – Nach der Konstitution der „Ayuntamientos“, in denen am 26. Mai Wahlen stattgefunden haben, und nach den Koalitionsabsprachen – einige davon bis zur letzten Minute vor der Investitur der Bürgermeister -, sieht die politische Landkarte der spanischen Gemeinden doch wesentlich anders aus, als sie die Urnen vor drei Wochen gezeichnet hatten. Es gab bedeutende Wechsel unter den Kandidaturen mit dem höchsten Wahlergebnis und den Kandidaten, die schließlich das Bürgermeisteramt übernehmen. Nur in jeder fünften Großstadt oder Stadt mit über 100.000 Einwohnern wurde der Kandidat Stadtoberhaupt, der das beste Wahlergebnis erreicht hat. Vor vier Jahren waren es noch 35%.
Der heftige Kampf um die Einheit der Rechten endete an diesem Samstag mit einem klaren Sieger: der Partido Popular. An einem einzige Tag hat Ciudadanos – Cs, den Führungsposten der Rechten in Spanien an Pablo Casado, den Chef der PP, abgetreten. Der stand nach den Generalwahlen vom 28. April bereits kurz davor, diesen zu verlieren. Nachdem er es geschafft hatte, gemeinsam mit Ciudadanos und der rechtsextremen VOX einen soliden Dreiparteien-Block zu bilden, gelang es ihm – mit wenigen Ausnahmen – in mehreren wichtigen Städten mit PP-Kandidaten, den Bürgermeisterposten zu besetzen
Der Pakt zwischen PP und VOX, der für ganz Spanien gilt, und dessen einziges Ziel es ist, „linke Rathäuser“ zu verhindern, kam erst in den frühen Morgenstunden des Samstags zustande. Ein Beweis, wie heftig verhandelt wurde, ist wohl die Tatsache, dass die Verantwortlichen beider Parteien erst um vier Uhr früh die Unterzeichnung des Paktes verkündeten.
Die Einheit zwischen dem rechten Flügel und der ultrarechten VOX hat bewirkt, dass die Sozialisten der PSOE, die sich in der Wahlnacht über einen grandiosen Wahlsieg gefreut hatten, nur einen geringeren Fortschritt erzielten, eine etwas undurchsichtige Verbesserung. Insbesondere da Madrid, das Kronjuwel, an den rechten Block geht, und das dank VOX als Protagonist. Ihr Führer, Santiago Abascal, hat inzwischen angekündigt, die Partei werde in den nächsten Tagen sichtbar machen, dass sie Vertretungen in allen Regionalregierungen und allen Gemeindeverwaltungen erreicht habe, etwas, das die Partei von Albert Rivera ihr streitig machen wollte.
Bis Dezember 2018 war Spanien das einzige große Land der Europäischen Union ohne die extreme Rechte in seinen Institutionen. Das ist nun vorbei. Cs und PP haben entschieden, sich auf VOX zu stützen, ohne den sogenannten Cordón Sanitario – einen Sperrgürtel – gegen derartige politische Gruppen, wie in anderen europäischen Staaten, wie beispielsweise in Frankreich, zu benutzen.
Obwohl die Sozialisten in 42 großen Städten die Bürgermeister stellen und die Partido Popular lediglich in 16, regieren beide politischen Formationen über fast die gleiche Anzahl von Bürgern, weil die PP mehrere Hauptstädte für sich gewinnen konnte. In 10 dieser Städte hatte VOX eine Schlüsselposition.
Nach langem Hin und Her und zähen Verhandlungen hatte Cs schließlich zugunsten der PP nachgegeben, die sie eigentlich überflügeln wollte, um die Führung der Rechten in Spanien zu übernehmen. Sie überließ ihr die Landeshauptstadt sowie weitere elf große Städte. Außerdem hat sie sich damit einverstanden erklärt, dass PP drei große autonome Regionen regieren wird: Madrid, Kastilien und León sowie Murcia. Als Gegenleistung erhält Cs lediglich drei „Ayuntamientos“ von Provinzhauptstädten: Palencia, Granada (je eine halbe Legislaturperiode im Wechsel mit PP) sowie Badajoz.
Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: In 80 großen Städten – Provinzhauptstädte sowie Gemeinden mit mehr als 100.000 Einwohnern -, konnte die PSOE sich von 32 auf 42 Bürgermeisterposten steigern, aber lediglich von 6,1 auf 7,7 Millionen Einwohner.
Die PP dagegen verlor 11 Bürgermeisterposten und gewann lediglich 4. Doch diese in Hauptstädten wie Madrid oder Saragossa. Damit regiert die Partei anstatt über 4,2 Millionen nun über fast 7 Millionen Einwohner.
Ada Colau – alte und neue Bürgermeisterin von Barcelona
Dank der Stimmen von PSC, der Sozialisten Kataloniens und von Manuel Valls, gebürtiger Katalane und ehemaliger französischer Regierungschef, der für die Ciudadanos kandidiert hatte, bleibt Ada Colau, Kandidatin von „Barcelona en Comú“, ein Ableger von Podemos, weiterhin im Amt. Damit konnte in letzter Minute verhindert werden, dass ein Kandidat der zur Unabhängigkeitsbewegung gehörenden Partei das Bürgermeisteramt übernimmt. Vor der Vereidigung Colaus war es im Stadtparlament zu heftigen Diskussionen gekommen, und einige Stadtverordnete verließen unter Protest den Saal. Vor dem Rathaus und in den anliegenden Straßen waren Sicherheitskräfte stationiert, um die Gruppen auseinanderzuhalten, die auf der einen Seite den Sieg ihrer Kandidatin feierten und auf der anderen Seite diejenigen, die ihre Ablehnung der Wahl zum Ausdruck bringen wollten.
Konstituierung der Regionalparlamente
Nun ist das Interesse auf den Zusammentritt der Parlamente in den Regionen gerichtet, in denen Regionalwahlen stattgefunden haben. Der letzte Termin ist der 26. Juni. Die genauen Daten sind in der jeweiligen Gesetzgebung der Region festgelegt. Einige Parlamente wurden bereits am 11. Juni konstituiert, wie Madrid, Murcia und Extremadura. Die meisten haben den 19. und 20. Juni gewählt. Asturien, Balearen und die Kanarischen Inseln hatten sich bei Redaktionsschluss noch nicht festgelegt. In einem Zeitraum von zwei bis drei Monaten muss der Regionalpräsident gewählt sein, sonst stehen Neuwahlen an.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]