Sicher werden Sie sich wundern, dass ich Ihnen aus Deutschland schreibe. Aber es lässt mir keine Ruhe, was ich Schlimmes und auch Gutes in Puerto de la Cruz erlebt habe.
Wir flogen, mein Lebensgefährte und ich, wie schon seit dreißig Jahren auch in diesem Jahr nach Teneriffa. Wie schon in den letzten Jahren wohnten wir im Hotel Marquesa, weil es uns dort sehr gut gefallen hat. Schon als wir ankamen, hatte mein Lebensgefährte starke Rückenschmerzen, die von Tag zu Tag schlimmer wurden, sodass er kaum noch laufen konnte. Das bemerkte der Portier des Hotels und bestellte einen Arzt, der meinem Lebensgefährten eine Spritze gegen die Schmerzen gab. Weil das nicht half, bekam er am nächsten Tag erneut eine Spritze und auch Tabletten. Danach schlief er zwei Tage und Nächte und war nicht mehr ansprechbar.
Ich war sehr besorgt und sprach mit dem Arzt. Doch der sprach nur Spanisch, und ich verstand nicht alles. Auf jeden Fall meinte er, der Mann müsse ins Krankenhaus, er könne ihm nicht helfen. Eine Ambulanz brachte ihn ins Bellevue. Dieses Krankenhaus ist privat. Da wir keinen Auslandskrankenschein oder eine Versicherung hatten, musste ich sofort bezahlen. Mein Heinz bekam einen Tropf. Da lag er dann zwei Stunden, und der Tropf war längst leer. Ich suchte einen Arzt, doch niemand war zuständig. Heinz jammerte, dass er ins Hotel zurückwollte. Ich zahlte die Rechnung mit EC-Karte und war für einen Tropf gleich 380 Euro los. Wäre Heinz dort geblieben, hätte ich 2.000 Euro hinterlegen und jede Rechnung sofort bezahlen müssen, das war mir zu viel.
Ich bat die Rezeption, mir wieder die Ambulanz zu bestellen, doch das sollte mindestens drei Stunden dauern, und man riet mir, ein Taxi zu nehmen. Ich hatte große Angst, wie wir das wohl bewältigen würden, aber ich hatte Glück. Der Taxifahrer sprach Deutsch und er packte Heinz ins Taxi und sagte: „Wir machen das schon, ich helfe Ihnen.“
Es regnete in Strömen, und ich war froh, als wir im Taxi saßen. Heinz lag hinten quer auf dem Sitz. Wir fuhren in die Stadt bis San Telmo und der pfiffige Taxifahrer sagte: „Wir fahren jetzt einfach durch die Fußgängerzone bis vor das Hotel. Doch wie es der Zufall wollte, tauchte ein Polizeiauto auf und der Taxifahrer stieg aus. Er bat, ausnahmsweise durchfahren zu dürfen, denn er habe einen schwerkranken Mann im Wagen. „Das geht auf gar keinen Fall“, war die Antwort. Wir versuchten, meinen Heinz aus dem Auto zu heben, und setzten ihn auf eine Bank. In kurzer Zeit versammelte sich eine Menschenmenge, um zu sehen, was los war. Es kam ein weiteres Polizeiauto, und der Fahrer sprach mit den Beamten. Und dann geschah, was ich nie erwartet hätte. Das Polizeiauto drehte, fuhr über den Zebrastreifen in Richtung Hotel Marquesa und winkte dem Taxifahrer, dass er ihnen folgen sollte. Wir also fuhren mit Polizeischutz bis zum Hotel. Dort standen bereits viele Leute und klatschten Beifall für die Polizei. Ich weiß nicht, wie das so schnell geschah, aber gleich waren viele hilfsbereite Menschen dort. Sie setzten Heinz in einen Sessel und trugen ihn mit der Hilfe der Polizei in die Hotelhalle. Auch der Direktor war da und fasste mit an.
Mit dem Taxi fuhr ich dann zum Rollstuhlverleih. Als ich zurückkam und das Taxi bezahlt hatte, suchte ich nach Heinz, doch der Hoteldirektor und der Hausmeister hatten ihn mit dem Stuhl nach oben gebracht und ins Bett gepackt. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte, nur immer wieder danke, danke. Ich konnte es gar nicht fassen, dass Menschen, die ich nicht kannte, Internationale und Canarios so hilfsbereit waren. Es war wie ein Wunder.
Heinz war dann noch in der Uniklinik, doch man riet mir, ihn schnellstens nach Deutschland zu bringen. Ich war verzweifelt, wie ich das bewerkstelligen sollte, als mir meine Johanniter-Mitgliedskarte aus dem Portemonnaie fiel. Seit zwanzig Jahren bin ich dort Mitglied. Sandra, die Reiseleiterin von Alltours, mobilisierte sofort das Flugzeug für den Krankentransport und besorgte mir auch einen Flug, damit ich hinterherfliegen konnte. Die netten Menschen aus dem Hotel Marquesa halfen mir bei den Reisevorbereitungen.
Die Diagnose in Deutschland lautete schließlich Knochenkrebs im fortgeschrittenen Stadium, und mein Lebensgefährte ist leider inzwischen verstorben.
Trotzdem habe ich das Bedürfnis, mich bei all den Menschen zu bedanken, von denen ich in einer schlimmen Situation Hilfe erfahren habe: Beim Hotel, der Polizei, dem Taxi- und dem Ambulanzfahrer, dem Krankenhauspersonal, um nur einige zu nennen. Ich bin auch dankbar für die wunderschönen zehn Jahre, die ich mit meinem Lebensgefährten Heinz verbringen durfte und den ich damals in Puerto de la Cruz kennengelernt habe.
F. Vater
Hildesheim
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