EU-Gipfel zur „strategischen Partnerschaft“ mit Marokko
„Beim Gipfeltreffen wurden die Augen vor dem Leid des Sahara-Volkes verschlossen, während Rabat ein Persilschein ausgestellt wurde“, protestiert Aminetu Haidar nach dem EU-Gipfel mit Marokko, der jetzt in Granada stattfand.
Granada – „Hier wurden die Rechte des Sahara-Volkes mit Füßen getreten. Spanien versinkt wieder in der einstigen Finsternis“, womit sie auf das Jahr 1975 anspielte, als Spanien die Sahara-Gebiete an Marokko abtrat.
Nun fand in Granada das erste Gipfeltreffen zwischen der EU und Marokko statt. Marokko hatte bereits 1987 einen Beitrittsantrag gestellt, der aber ein Jahr später mit der Begründung abgelehnt wurde, dass Marokko definitiv nicht zu Europa gehört. Allerdings hat Marokko natürlich eine geographische Brückenkopf-Funktion zwischen Europa und Afrika, und so wurde 2008 dann auch eine „strategische Partnerschaft“ eingegangen. Marokko ist damit das einzige Land an der südlichen Mittelmeerküste, dem eine derart bevorzugte Behandlung zugestanden wird. Die Wirtschaftshilfen, die aus der EU nach Rabat fließen – im Zeitraum 2007 bis 2010 immerhin 654 Millionen Euro – verdeutlichen das große wirtschaftliche Interesse der EU an dem Maghreb-Staat.
An dem Gipfel haben 250 europäische und marokkanische Unternehmensvertreter teilgenommen. Geleitet wurde das Treffen von EU-Ratspräsident Herman Van Rompuy, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barosso, dem turnusmäßigen EU-Ratsvorsitzenden, Spaniens Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero, sowie Stefan Füle, Kommissar für Erweiterung und EU-Nachbarschaftspolitik, und EU-Handelskommissar Karel De Gucht. Marokkos Ministerpräsident Abbas al-Fassi war mit sechs weiteren Ministern angereist.
In den Gesprächen ging es unter anderem um politische und wirtschaftliche Beziehungen, die Bekämpfung der internationalen Wirtschaftskrise, Klimaschutz, den Nahost-Konflikt, den Kampf gegen illegale Immigration – und eben auch den Westsahara-Konflikt.
Das Sahara-Volk wieder einmal missachtet
Der war jedoch, so kritisiert die unermüdliche Freiheitskämpferin Aminetu Haidar, zur Nebensache verkommen. Fortschritte für das Sahara-Volk wurden nicht erzielt. In die typische Malfa des Sahara-Volkes gekleidet, war Haidar nach ihrem mehrwöchigen Hungerstreik auf dem Flughafen von Lanzarote (das Wochenblatt berichtete) offensichtlich gesundheitlich wieder fit und trat unter heftigem Applaus vor die in der wissenschaftlichen Fakultät der Universität von Granada Versammelten. Rund 150 Menschen mussten draußen bleiben, weil der Saal überfüllt war.
Haidar dankte noch einmal für die Unterstützung, die sie auf Lanzarote erfahren hat, hielt dann aber eine flammende Rede gegen die EU und Spanien, die ihre wirtschaftlichen Interessen vor die legitimen Ansprüche und Rechte ihres Volkes stellen. „Bevor man bewerten will, was Marokko vielleicht zu dieser strategischen Partnerschaft beitragen kann, sollte man lieber das Augenmerk auf die vielen Gefangenen richten, die als Unabhängigkeitskämpfer in marokkanischen Gefängnissen interniert sind. Europa sollte die humanitären Aspekte nicht aus den Augen verlieren“, sagte sie und wies darauf hin, dass in Marokko die persönlichen Freiheiten immer stärker eingeschränkt werden und dass zahlreiche Journalisten bereits Berufsverbot haben.
„Dieser Gipfel dient nur dazu, der blutigen Geschichte des marokkanischen Königreiches einen Persilschein auszustellen!“ Später rief auch Cayo Lara, Koordinator der Vereinigten Linken, ins Publikum: „Dieser Gipfel zementiert die größte Vergewaltigung der Menschenrechte, die einem Volk angetan werden kann!“
Auf der Straße ging ein heftiger Regen nieder, doch das hinderte die Protestler nicht daran, in einem großen Zug durch die Straßen zu marschieren und ihre Kritik an dem Gipfel in lauten Parolen kundzutun.
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