Das neue spanische Küstengesetz


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Interview mit Rechtsanwalt und Abogado Dr. Burckhardt Löber

Wochenblatt: Spanien hat soeben sein Küstengesetz aus dem Jahr 1988 reformiert. Wie beurteilen Sie die gesetzliche Neuregelung?

  

Dr. Löber: Das Gesetz über den nachhaltigen Schutz der Küstenzonen – es sind knapp 8.000 Kilometer – stellt einen Spagat zwischen drei Interessengruppen dar. Die Umweltverbände haben unter Berufung auf die spanische Verfassung und den schon eingetretenen Klimawandel mit Auswirkungen auf den Meeresküstenbereich, die Erhaltung bzw. Schaffung einer weitgehend von Bauten freien Küste verlangt. Der wichtigste Wirtschaftszweig Spaniens, die Tourismusindustrie, ist wegen der vielfach an den Küsten gelegenen Bettenburgen gegen eine enge Handhabung des Küstenschutzes Sturm gelaufen. Und die dritte Gruppe, die im Küstenbereich angesiedelten Feriensiedlungen mit zahlreichen EU-Bürgern als Immobilieneigentümer, haben durch das Europäische Parlament mit entsprechenden Demarchen Druck gegen die Umwandlung ihres Eigentums in ein befristetes Nutzungsrecht gemacht.  

Wochenblatt: Wie hat der Gesetzgeber, jetzt mit konservativer Parlamentsmehrheit, reagiert? 

Dr. Löber: Die für Immobilienbesitzer wichtigsten Neuerungen bestehen einmal in der Verlängerung des bisher 30-jährigen Nutzungsrechts auf bis zu 75 Jahre. Weiterhin wurde die Übertragung dieses Rechtes unter Lebenden, etwa durch Kaufverträge, für zulässig erklärt. Bisher war nur eine erbweise Übertragung dieses Rechts möglich. Aufgrund der Neuregelung muss jetzt die Übertragung – mit erforderlicher Genehmigung der Küstenbehörden – innerhalb eines Zeitraums von vier Jahren ab dem Todeszeitpunkt des Eigentümers durchgeführt werden, sonst erlischt das Nutzungsrecht an der Küstenimmobilie und fällt an den Staat zurück.

Wochenblatt: Die vielfach kritisierte Regelung des früheren Küstengesetzes, wonach auch im Grundbuch eingetragenes Immobilieneigentum in ein zeitlich begrenztes Nutzungsrecht umgewandelt worden ist, bleibt also bestehen? 

Dr. Löber: Ja und nein. Nur wer vor dem Erlass des Küstengesetzes des Jahres 1988 Eigentum erworben hat, kann dieses aufgrund eines gesonderten Verfahrens wieder zurückverlangen. Wer dagegen nach 1988 im Küstenbereich Immobilieneigentum erworben hat, bei dem verbleibt es bei der Nutzungsregelung, allerdings bis zu 75 Jahren. 

Wochenblatt: Wie sieht es mit baulichen Veränderungen an Küstenimmobilien aus?  

Dr. Löber: Diese sind mit entsprechender Baugenehmigung zulässig, jedoch darf das bisherige Bauvolumen in keiner Hinsicht überschritten werden, also keine Veränderungen in der Höhe oder Breite des Bauwerks.

 

Wochenblatt: Das bedeutet doch eine erhebliche Lockerung der Neuregelung gegenüber der bisherigen Abrisspraxis von Küstenimmobilien.  

Dr. Löber: In gewisser Hinsicht schon. Der Abriss des Fischerdorfs Cho Vito auf den Kanarischen Inseln und zahlreicher anderer Küstenimmobilien hat viel Kritik auf sich gezogen.

Das neue Gesetz hat den Schutz von zwölf bestimmten, im Einzelnen aufgeführten, Küstendörfern gegen ihren Abriss festgelegt. Es geht hierbei um zehn Küstenbereiche zwischen Ampuriabrava bei Girona an der Costa Brava über Küstenabschnitte von Valencia und Alicante bis hin nach Málaga am Mittelmeer und weiter um die Insel Cristina in der Provinz Huelva am Atlantik. Es ist nunmehr auch sichergestellt, dass das bisherige, nie vollständig durchgesetzte Verbot von Strandcafés und -restaurants unzulässig ist und diese mit entsprechender Konzession der Küstenbehörden betrieben werden dürfen. 

Wochenblatt: Was war die Reaktion der Umweltverbände? 

Dr. Löber: Drei Greenpeace-Aktivisten stiegen nach Zustimmung des spanischen Parlaments zu diesem Gesetz auf dessen Dach. Ihr Transparent lautete: „Die PP verkauft unsere Küste.“ Das mit der konservativen Parlamentsmehrheit beschlossene Gesetz erntete also noch am Tage der Abstimmung deutliche Kritik. Man fürchtet mit dem jetzt liberalisierten Küstengesetz eine weitere Verbauung der von Beton absolut schon lange nicht mehr freien Küsten Spaniens.  

Der spanische Gesetzgeber sprach in seinen Motiven zum Gesetz von verstärktem Küstenschutz, erhöhter Rechtssicherheit und Vertrauensschutz als Grundlage des Gesetzes. Je nach Interessenlage wurde Kritik geübt, aber auch heimlich Verbesserungen begrüßt.  

Wochenblatt: Werden Sie in der Neuauflage Ihres Buches „Grundeigentum in Spanien“ näher auf die Einzelheiten des spanischen Küstengesetzes eingehen? 

Dr. Löber: Die 6. Auflage ist für das Jahr 2014 geplant. Bis dahin liegen sicherlich die Ausführungsbestimmungen des Gesetzes wie auch einschlägige Gerichtsurteile vor, die auf jeden Fall berücksichtigt und kommentiert werden. 

Wochenblatt: Wie kommt man an den Gesetzestext? 

Dr. Löber: Der spanische Gesetzestext (Gesetz 2/2013 vom 29.05.2013) kann bei uns gegen Kostenerstattung von 10 Euro angefordert werden. 

Wochenblatt: Herr Dr. Löber, wir danken Ihnen für dieses Gespräch.

Dr. Löber ist Rechtsanwalt und Abogado mit Kanzleien in Frankfurt, Köln, Valencia und Dénia. E-Mail: info@loeber-steinmetz.de, Tel. ++ 49 (0) 69-96 22 11 0, Fax: ++ 49 (0) 69-96 22 11 11.

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