Mordakte wurde falsch abgelegt und 17 Jahre lang vergessen


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Todkranker ETA-Terrorist Bolinaga wegen Mordes an einem Polizisten erneut vor Gericht

Josu Uribetxeberria Bolinaga hat im Jahr 1996 zusammen mit zwei Mittätern im Namen der ETA drei Guardia Civil-Polizisten getötet und den Gefängnisbeamten José Antonio Ortega Lara entführt.

Madrid – 532 Tage hielten sie ihr Opfer in einem sehr engen, niedrigen, fensterlosen Kellerverlies gefangen, bis ein Kommando der Guardia Civil Ortega befreite und die Entführer festnahm. Bolinaga wurde zu 178 Jahren Gefängnis verurteilt.

Im August 2012 wurde er unter Auflagen entlassen, weil er Krebs im Endstadium hat und man davon ausging, dass er nur noch höchstens neun Monate zu leben habe.

Das Leben außerhalb der Gefängnismauern scheint ihm gutgetan zu haben, denn mittlerweile hat er die günstigsten Prognosen um neun Monate überlebt und will sich nach zwei erfolglosen Krebsbehandlungen nun einer dritten unterziehen.

In seinem Kampf gegen die Krankheit holt ihn nun seine Vergangenheit ein. Ein anderer Mord, begangen im Jahr 1986 an dem Guardia Civil-Polizisten Antonio Ramos Ramirez in Mondragón im Baskenland, soll ebenfalls von ihm und zwei weiteren ETA-Mitgliedern, die sich seit 1997 in Haft befinden, begangen worden sein.

Dass er sich für diese Tat erst jetzt, am absehbaren Ende seines Lebens, verantworten muss, geht auf einen befremdlich anmutenden Fehler in der Handhabung verschiedener Prozessakten zurück. Schon als 1997 die Mitglieder des ETA-Kommandos „Bellotxa“ wegen der Entführung des Gefängnisbeamten Ortega verhaftet und befragt wurden, sagten zwei Mitglieder des Kommandos, Joseba Erostegi und Xabier Ugarte, aus, bei dem Attentat zehn Jahre zuvor habe Bolinaga die tödlichen Schüsse abgegeben.

Der damals diensthabende Richter am Spanischen Gerichtshof war der international berühmte und heute suspendierte Richter Baltasar Garzón. Nach der bei ETA-Festnahmen üblichen Vorgehensweise musste er feststellen, welche terroristischen Akte jedem einzelnen Festgenommenen zur Last gelegt werden und deren Aussagen sowie alle in diesem Zusammenhang vorliegenden Beweise und Gutachten an die für die Untersuchung der jeweiligen Taten zuständigen Gerichte weiterleiten.

Die Aussage der beiden Mittäter Bolinagas wurde jedoch wenige Wochen später zusammen mit anderen Unterlagen rund um die Festnahme der Geiselnehmer an das für die Entführung Ortegas zuständige Gericht weitergeleitet und nicht auch an das Gericht, welches den Mord an dem Polizisten Ramos untersuchte. Dort wurde sie dann auch noch versehentlich einer falschen Akte zugeordnet, der eines Falles, der sich mit Sachschäden, die durch die ETA angerichtet wurden, beschäftigte und mangels Hinweisen schon geschlossen worden war. So wurden die Aussagen, die Bolinaga belasteten, nie aufgegriffen und gerieten in Vergessenheit.

Erst als die Guardia Civil und die Staatsanwaltschaft, um Bolinaga wieder anklagen zu können, eine Reihe von Indizien vorlegten, die auf eine Beteiligung an dem Mord hinweisen, kam auch die Aussage der beiden ETA-Mitglieder wieder ans Licht.

Auf dieser Basis ist Bolinaga nun durch richterliche Anordnung unter Hausarrest gestellt worden und darf seine Wohnung nur unter Aufsicht für die medizinische Behandlung verlassen. Auch seine Mittäter werden erneut angeklagt.

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