Protest gegen LOMCE vereint Dozentengewerkschaften, Elternvereinigungen, Schüler- und Studentenschaft und die Kanarenregierung
Die umstrittene Bildungsreform (LOMCE) von Minister Wert, die achte in 30 Jahren demokratischer Geschichte, wird auch nach der Verabschiedung durch das Abgeordnetenhaus des Spanischen Parlaments in weiten Teilen der Bevölkerung und auch durch die regionale kanarische Regierung zurückgewiesen und bekämpft.
Die Ablehnung sitzt so tief, dass sie alle Parteien, außer der in Madrid regierenden Partido Popular, sowie die Lehrerverbände und Elternvereinigungen zum Schulterschluss bringt, auch solche, die normalerweise unversöhnlich auf Konfrontationskurs miteinander sind. Bei einer Pressekonferenz anlässlich des Generalstreiks, der Ende Oktober zwei Tage lang die Schulen und Universitäten lahmlegte, saßen Vertreter der Kanarenregierung mit Gewerkschaftssprechern und Elternverbänden an einem Tisch. Und wenn auch keine der anwesenden Gruppen ihre Kritik an der Amtsführung des kanarischen Bildungsbeauftragten José Miguel Pérez relativieren wollte, so zieht man in dieser Sache doch an einem Strang.
Die Kritikpunkte an der Reform sind vielfältig. Den Regionalregierungen werden Kompetenzen genommen, unter anderem weil künftig Madrid die Lehrpläne der Hauptfächer vorgeben soll. Den Lehrern werden externe Prüfer vor die Nase gesetzt, welche den Bildungsstand der Schüler in bestimmten Intervallen durch standardisierte Prüfungen abfragen. Ein Stück Demokratie verschwindet aus der Verwaltung der einzelnen Schulen, in denen bisher das Lehrerkollegium den Direktor für begrenzte Zeit wählte, weil Direktoren nun mittels Qualifikation und Eignungstests ausgewählt werden sollen.
Verfechter einer öffentlichen Schule mit gleichen Chancen für alle Schüler sehen in dem neuen Gesetz einen großen Schritt hin auf die Privatisierung des Schulsystems, da private Schulen stärker als bisher gefördert werden. Dadurch und durch die Wiederzulassung nach Geschlechtern getrennter Schulen wird eine zunehmende Tendenz zur Selektierung nach sozialem Status, Geschlecht und Herkunft befürchtet.
Auch konstatieren die Gegner des „Wert-Gesetzes“ einen Wandel der Ziele öffentlicher Bildung. Nicht mehr eine Erziehung zum mündigen Bürger stehe im Mittelpunkt, sondern die Befähigung zur nützlichen Arbeitskraft für die Wirtschaft. Die Ursachen der wirtschaftlichen Probleme des Landes würden nach dem Sündenbockprinzip in den Bildungssektor hineinprojiziert.
Mit dem zweitägigen Generalstreik haben Lehrer, Eltern, Schüler, Studenten und Professoren ihren Unmut über das Gesetz zum Ausdruck gebracht. Die Streikbeteiligung war hoch, etwa 5.000 Menschen waren allein in Teneriffas Hauptstadt Santa Cruz auf der Straße. Rund 80% der Schüler und Studenten blieben dem Unterricht und den Vorlesungssälen fern. Auch die Lehrer beteiligten sich in großer Zahl. Zwischen 70 und 80% erteilten keinen Unterricht, in den privaten Schulen waren es 35%.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]