Welle der Gewalt gegen Frauen


© ASAE

Nach einer Großkundgebung gegen häusliche Gewalt wurden innerhalb weniger Stunden fünf Frauen ermordet

Im Gedenken an Iris Francés, die am 22. Oktober von ihrem Ex-Partner auf Teneriffa auf offener Straße tödlich verletzt wurde, gingen am 31. Oktober in Santa Cruz mehrere Hundert Menschen auf die Straße.

Sie wollten gegen Gewalt an Frauen demonstrieren und ihr Mitgefühl mit den Hinterbliebenen des Opfers ausdrücken.

Im Ortsteil El Sobradillo begann der friedliche Marsch zunächst in absoluter Stille, doch schon bald wurde das Schweigen der trauernden Menge von einigen aufgebrachten Aktivisten gebrochen. Sie forderten von den zuständigen Behörden mehr Einsatz, um Frauen vor gewalttätigen Partnern oder Ex-Partnern zu schützen. Besonders häufig wurde der Vorwurf dem Gericht gegenüber wiederholt, das den Antrag von Iris auf ein Annäherungsverbot für ihren Ex-Partner abgewiesen hatte.

An der Spitze der Demonstration gingen die Eltern der Ermordeten und ihre Schwestern, die trotz der tiefen Trauer tapfer im Gedenken an ihre Tochter diesen Marsch anführten. Mit Schildern mit schwarzen Trauerschleifen, auf denen der Name Iris stand, und darunter die Worte „Basta ya“ – es ist genug – bekundeten die Teilnehmer dieser Aktion ihre Ablehnung häuslicher Gewalt. Auch Santa Cruz’ Bürgermeister José Manuel Bermúdez und zwei weitere  Vertreter des Rathauses waren dabei.

Am Ende des Protestmarschs wurde vom Präsidenten des Verbands „Asociación de Amigos Echedey“ (Asae), der zu dem Protestmarsch aufgerufen hatte, ein Manifest verlesen. Darin wurde unter anderem die Unzulänglichkeit der Justiz und eines Systems angeprangert, das nicht in der Lage ist, Frauen vor Gewalttätern in ihrem familiären Umfeld zu schützen. „Iris wurde genau hier ermordet, weil das System versagt hat. Genau eine Woche zuvor hatte diese Bürgerin bei den Behörden Schutz durch ein Annäherungsverbot beantragt, das abgewiesen wurde, weil es hieß, es hätte keine Gefahr bestanden; das ist beschämend“, erklärte der Sprecher von Asae. „Die Justiz darf nicht für eine Frau entscheiden, die von Angst ergriffen lebt und sich von jemandem bedroht fühlt, der ihr nach dem Leben trachtet. Die Schuldigen an diesem Mord sind die Justiz und die öffentliche Verwaltung“, fügte er hinzu und schloss mit den Worten: „Zurück bleibt eine zerstörte Familie, Kinder ohne Mutter (…) Es reicht! Schluss mit der Gewalt an Frauen! Null Toleranz!“

Oberstaatsanwalt rät zu Schutzmaßnahmen

In einer Stellungnahme vor der Presse erklärte sich der kanarische Oberstaatsanwalt Vicente Garrido zum Befürworter von Schutzmaßnahmen für Frauen, „auch auf die Gefahr hin, dass diese unnötig sind“. Es sei immer besser, eine unnötige Schutzmaßnahme zu erlassen, als eine zu versäumen, erklärte er Pressevertretern gegenüber. Gleichzeitig räumte er aber auch ein, dass es in diesem Fall keine Hinweise gab, die darauf hingedeutet hätten, dass die Frau in akuter Gefahr schwebte. Sein persönliches Fazit aus dem tragischen Tod von Iris sei, dass jede Schutzmaßnahme – auch wenn diese unnötig erscheine – dem Risiko einer Tragödie wie dem Tod einer Frau vorzuziehen sei. Auf die Frage, wie viele Anträge diese Art von den Gerichten abgelehnt werden, konnte der Oberstaatsanwalt keine konkrete Antwort geben, räumte jedoch ein, dass von 200.000 Vorverfahren, also erstatteten Anzeigen, nur etwa 4.000 schließlich weiterbearbeitet werden. Oft sei es der Mangel an Beweisen, der dazu führe, dass ein Verfahren eingestellt werde. 

Fünf ermordete Frauen

Nur wenige Stunden nach einer Großkundgebung gegen häusliche Gewalt am 8. November in Madrid erschoss ein Mann auf offener Straße seine ehemalige Lebensgefährtin und deren Mutter vor den Augen des gemeinsamen vierjährigen Sohnes in Llíria (Valencia). Gegen den Täter lag eine Fernhalteverfügung vor.   

Am Morgen hatte bereits ein 51-Jähriger seine 28-jährige Lebensgefährtin auf einem Landgut in Baena (Córdoba) erschossen und danach Selbst­mord begangen. Am späten Abend wurde eine 75-Jährige in Vigo (Pontevedra) vermutlich von ihrem 27-jährigen Sohn erstochen. Die schrechliche Serie häuslicher Gewalt setzte sich am nächsten Tag fort. Ein 51-Jähriger erschlug seine 65-jährige Lebensgefährtin in Oviedo.

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