Radio Agaete spricht Deutsch


© L.W.S.

Deutsch-Kanarische Korrespondenz aus Agaete

Es ist wieder einmal Dienstag, 17:30 Uhr. Ich höre in Puerto de las Nieves/GC natürlich Radio Agaete 107,7 FM, denn ich warte auf Maria.

Mit dem flotten lateinamerikanisch instrumentierten Musikteppich und den kleinen lokalbezogenen kanarischen Scherzen des Radiomoderators Yeroy Nuez Santana ist es auf einmal aus und eine reife, wohlintonierende, fest gefügte weibliche Stimme, deutsch sprechend, taucht urplötzlich aus dem Teppich auf: „Hallo liebe Freundinnen und Freunde, hier ist wieder Maria und ihre halbe Stunde auf Deutsch in Radio Agaete 107,2 FM“. Dann räumt die Erkennungsmusik „Splish, splash“ den etwas strengeren deutschen Vorgeschmack beiseite und die Stammhörer können sich auf eine seriös recherchierte, aber locker und unterhaltsam gestaltete halbe Radiostunde freuen. Gran Canaria und die Welt sind zu Gast, oder „Gran Canaria und alle andere Kanareninseln in der Welt“, wie Maria, die temperamentvolle deutsche „Laienmoderatorin“ mir zu verstehen gibt.

Maria Graf ist seit über 30 Jahren Residentin im schönen Norden Gran Canarias. Sie ist „vecina“ in Agaete und Puerto de las Nieves mit Leib und Seele, also Einwohnerin und Nachbarin zugleich, mit besten zwischenmenschlichen Kontakten. Ob es nun Kunst- und Kulturereignisse sind, im Club der Mayores des Ortes etwas zu tun ist oder ob sie auf der Fiesta de San Sebastián ihre kanarischen Freundinnen trifft und einen charla, einen Plausch, abhält. Spanisch spricht sie  beneidenswert fließend.

Als Berlinerin ist sie in ihren jungen Jahren, zusammen mit ihrem Mann Peter, hier regelrecht hineingewachsen: Große Finca in den Bergen, zwei Töchter hier geboren. Jetzt in einem gastoffenen Haus in Agaete wohnend. Das sagt eben auch: La tercera edad, also Senioren, der Lebensabend, das Alter. Lebensgeschichten, wie es viele auf den Inseln hier gibt.  Was also tun? Was ist sinnvoll? Was tue ich für mich, indem ich auch etwas für andere tue? Da tauchte die Radioidee auf. Gefragt, getan. Die Leute vom Lokalsender waren aufgeschlossen. Sendeplatz und völlige Gestaltungsfreiheit, vale, in Ordnung. Keine Bezahlung, ehrenamtlich, das war für Maria schon von vornherein klar. Auf Sendung ist sie nun schon seit gut drei Jahren. Ihre Sendestruktur hat sich gut, hat sie gut entwickelt: Immer ein „großer“ wichtiger Beitrag, das Thema, sozusagen. Und mutig ist sie auch, denn Politik, auch kanarische Innenpolitik, wird hier nicht ausgeklammert. Gerade neulich war interessant, was Regierungschef Paulino Rivero auf der Messe Fruit Logistik in Berlin zur „Neubewertung“ der kanarischen Banane als Exportartikel sagte. Dazu sucht sie auch immer ziemlich treffsicher Musik heraus. Natürlich würzen die Lokalinformationen das Halbstundenprogramm. Man kann sich danach eine gut ausgefüllte Kultur-, Kunst-, Tanz-, Fiesta- oder Wanderwoche zusammenstellen. Das Benzin auf den Kanaren wurde teurer: Was heißt das? Bringt die verordnete Geschwindigkeitsreduzierung etwas? Ja, Maria, und für wen  sendest du das alles? „Natürlich für meine Freunde“, antwortet sie medien­untypisch, aber erfrischend und umgehend. Von Untersuchungen über Hörerzielgruppen weiß sie. „Allerdings muss ich mir noch mehr Feedback als bisher holen, es kommt selten von allein. Aber es ist wichtig für mich.“ Da wird sie was tun, vielleicht Feedback per E-Mail? Die spanischen Stammhörer von Agaete 107,2 sprechen sie jedenfalls ganz einfach auf der Straße an.

„Du bist Maria, la alemana, du machst doch immer die gute Musik. Irgendwie möchten wir schon gern verstehen, was du da sagst.“ Neulich hat sie denn tatsächlich ihren spanischsprachigen Einstand im Sender gehabt, als ich Gast des Radios sein durfte. Wir sprachen, wie nicht anders möglich, über die deutsch-kanarische Freundschaft und „Canarias en Berlín“. Der Sender reicht natürlich nicht bis Teneriffa hinüber, dafür ist er zu klein. Aber wer mit der Fähre von Teneriffa in Puerto Las Nieves ankommt, kann schon mal die Skala rechts außen anpeilen… Die Sommer-Sendepause zwischen Juni und September wäre allerdings zu beachten. Da muss Maria unbedingt in Berlin am Puls der Zeit sein. Bei „Canarias en Berlín“ (www.canariasenberlin.de), wo sie natürlich Mitglied ist, gibt es ja auch noch viel zu tun… Mit „Gracias al la Vida“ gesungen von Joan Baez lässt sie ihre halbe Stunde ausklingen. Danke Maria, ich freu mich auf die nächste Sendung (immer dienstags 17:30 Uhr, Wiederholung sonntags 17:00 Uhr, und natürlich auch im Internet unter www.radioagaete.com).

León Wolfgang Schönau

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