Staat und kanarische Gesundheitsbehörde schieben sich gegenseitig den schwarzen Peter zu
Bootsflüchtlinge aus Afrika, die eine Odyssee auf See überlebt hatten, wurden vom kanarischen Gesundheitsdienst unzureichend medizinisch versorgt und mussten die erste Nacht auf dem Boden der Garage des Kommissariats verbringen.
Die Art und Weise, wie die 41 afrikanischen Bootsflüchtlinge, die am 7. Februar von der Seenotrettung im Süden von Gran Canaria in Sicherheit gebracht wurden, vom kanarischen Gesundheitsdienst notversorgt bzw. ärztlich behandelt wurden, wirft Fragen auf und hatte eine scharfe Rüge des Regierungsbeauftragten für die Kanaren zur Folge.
Tagelang war nach dem Boot gesucht worden, und als es gefunden wurde, kam die Rettung für einige darin Reisende buchstäblich in letzter Minute. Ein junger Mann überlebte die Reise nicht, und weitere Mitreisende waren nach einer tagelangen Irrfahrt auf dem Atlantik ohne Trinkwasser und Lebensmittel in einem sehr schlechten Gesundheitszustand. Unterwegs hatten sie sieben Gefährten verloren.
Wie sich später herausstellte, wurden die illegalen Immigranten nach einer ersten Einschätzung ihres Zustandes durch den kanarischen Rettungsdienst 112 in verschiedene Gesundheitszentren und Krankenhäuser gebracht. Nach einer ersten Notversorgung wurden diese Personen jedoch noch am selben Tag wieder entlassen und in der Garage des Kommissariats der Nationalpolizei in Maspalomas untergebracht. Wie Sprecher des Roten Kreuzes berichteten, wurde die Organisation, die tags zuvor ihren Dienst mit der Notversorgung und der Einlieferung der besonders schweren Fälle in Gesundheitszentren und Kliniken beendet hatte, vom Kommissariat angerufen und darüber informiert, dass der Gesundheitszustand einiger Immigranten besorgniserregend sei. „Als wir ankamen, sahen wir, dass es einigen dieser Personen sehr schlecht ging. Mindestens sieben mussten umgehend in ein Krankenhaus gebracht werden. Sie litten unter den Folgen der Dehydrierung, Magenkrämpfen, hatten Verbrennungen…“ beschrieb ein Mitarbeiter des Roten Kreuzes der Zeitung Diario.es. Ein junger Mann erlitt zu diesem Zeitpunkt einen Schock, der zum Herzstillstand hätte führen können, berichtete das Rote Kreuz weiter. Bilder belegen die menschenunwürdige Unterbringung der Flüchtlinge auf Matten am Boden der Garage.
Der Abgesandte der spanischen Regierung auf den Kanaren, Enrique Hernández Bento, erklärte in einer Pressekonferenz, die Immigranten seien am Montag im Kommissariat in einem „bedauernswerten Zustand“ vorgefunden worden. Diese Menschen seien zum Teil in einem lebensbedrohlichen Zustand gewesen, und es sei ihm vollkommen unverständlich, wie die kanarische Gesundheitsbehörde diese Patienten aus medizinischer Sicht habe aus dem Krankenhaus entlassen können.
Während Hernández Bento die kanarische Gesundheitsbehörde beschuldigt, das Leben der Bootsflüchtlinge gefährdet zu haben, äußerte sich der Generaldirektor der regionalen Gesundheitsbehörde „entrüstet“ über diese Vorwürfe. Ricardo Redondas wies diese Anklage zurück und erklärte, dass nach dem ihm vorliegenden Bericht keinem der Flüchtlinge die medizinische Versorgung verweigert worden sei. Vielmehr hätte die Zentralregierung dafür sorgen müssen, dass diese Menschen nach ihrer Entlassung aus dem Krankenhaus in eine geeignete Unterkunft und nicht in ein Kommissariat gebracht werden, verteidigte sich Redondas.
Enrique Hernández Bento räumte ein, dass die Koordinierung der verschiedenen Institutionen nach der Rettung der Bootsflüchtlinge nicht reibungslos abgelaufen ist. „Dieser Vorfall hat uns gelehrt, dass ein Prozedere festgelegt werden muss, um in solchen Fällen korrekt zu handeln“ erklärte er.
Von der Hilfsorganisation „Caminando Fronteras“ (Walking Borders) aus wird moniert, dass es ein solches Prozedere längst gibt. Dieses käme bei Unglücken zum Einsatz, bei denen es eine große Zahl von Opfern gibt wie Flugzeugkatastrophen oder Terrorangriffe. Doch die afrikanischen Bootsflüchtlinge, die am vergangenen 7. Februar auf Gran Canaria ankamen, wurden nach dem Prozedere des Ausländergesetzes behandelt und in Polizeigewahrsam genommen, obwohl sie eine traumatische Situation durchlebt hatten.
Die beiden kanarischen Diözesen sowie Cáritas haben in ihren Stellungnahmen dringend eine bessere Behandlung und Versorgung von Immigranten gefordert. Unterdessen hat der Ombudsmann auf den Kanaren eine Untersuchung des Falls eingeleitet und das Behandlungsprotokoll der Bootsflüchtlinge beim kanarischen Gesundheitsdienst gefordert.
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]