Abschied von einem guten Mann


© Moisés Pérez

Teneriffa trauert um seinen sozial engagiertesten Pfarrer: Padre Antonio

Er hatte noch so viel vor, dieser unermüdliche Pfarrer aus La Orotava, der als Lebenswerk Teneriffa zwei vorbildliche soziale Einrichtungen hinterlässt. Antonio María Hernández Hernández, bekannt als Padre Antonio, erlag am 24. März in der Uniklinik von Teneriffa einem schweren Krebsleiden.

Die Stadt Puerto de la Cruz setzte nach Bekanntwerden der Nachricht vom Tod ihres Ehrenbürgers die Fahnen auf Halbmast und rief drei Trauertage aus. Von allen Seiten kamen Beileidsbekundungen und Würdigungen.

Am 25. März nahmen über 2.500 Menschen in Puerto de la Cruz Abschied von diesem beliebten Geistlichen, der auf sozialer Ebene auf der Insel und auch andernorts viel bewegt hat und dem stets das Wohl der Anderen am Herzen lag. Die Trauerfeier in der Kirche Santa Rita hielt Teneriffas Bischof Bernardo Álvarez, der „die Güte und das Pflichtbewusstsein“ dieses Pfarrers unterstrich, „der uns alle in seine Projekte involviert hat“. Bischof Álvarez betonte auch den „großen Enthusiasmus“ und „die Kraft“ von Antonio María Hernández, zwei Charaktereigenschaften, die ihn immer wieder dazu bewegten, noch größere und noch ehrgeizigere Projekte in Angriff zu nehmen. Nach einer emotionsgeladenen Trauerfeier begleiteten Angehörige, Freunde, Lokal-, Insel- und Regionalpolitiker und viele Bürger ihn zu seiner letzten Ruhestätte auf dem Friedhof von La Orotava. Zu den Persönlichkeiten, die Padre Antonio die letzte Ehre erwiesen, zählten Cabildo-Präsident Ricardo Melchior, die Bürgermeister der Gemeinden La Orotava, Puerto de la Cruz, Los Realejos, Tacoronte, El Sauzal, Santa Úrsula, La Matanza und Arico, die Kongress-Abgeordneten Manuel Domínguez und Ana Oramas und Unternehmer Wolfgang Kiessling.

Lebenslanger Einsatz für Bedürftige

Die Solidarität, Entschlossenheit und der konstante und beharrliche Einsatz dieses charismatischen Pfarrers für unterstützungsbedürftige Menschen im dritten Lebensabschnitt war beispiellos. Er war der Überzeugung, dass auch Personen mit geringen finanziellen Möglichkeiten einen erfüllten dritten und vierten Lebensabschnitt verdienen und dies auch auf Teneriffa möglich sein muss. Aus dieser Überzeugung heraus begann er seinerzeit, Spenden für das erste Altersheim Santa Rita I in Puertos Stadtviertel Punta Brava zu sammeln. Legendär bleibt seine zweite Spendenaktion, bei der er durch den Verkauf von sogenannten Himmelsstückchen („Pedacitos de Cielo“) Mittel für den Bau eines zweiten, weitaus größeren und modern ausgestatteten Altersheims zusammentrug. Dass er für diese Aktion auch Kritik erntete, störte ihn keineswegs. Nach dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“ fuhr er unbeirrt fort und verteilte gegen kleine und große Spenden Urkunden der „Internationalen Himmelsbank“, die ihren Besitzern einen Platz im Himmel zusicherten. Sein Versprechen: „Wenn Du ein Stück vom Himmel kaufst, bereicherst Du damit Dein Konto der guten Taten. Eine kleine Aktion der Güte und Großzügigkeit, die Dir Gott im Himmel zweifellos anerkennen und Dich dafür belohnen wird.“ Auf diese Weise trieb er tatsächlich soviel Geld ein – von privaten Wohltätern ebenso wie von Unternehmern und Behörden –, dass schließlich der Bau eines stattlichen Gebäudes ermöglicht wurde, das im Stadtteil Las Dehesas nun wie ein Denkmal für das soziale Engagement von Padre Antonio steht.

Eine seiner letzten großen Aktionen war die Baumpflanzinitiative „Árbol“. Um eine Gartenanlage hinter dem Altersheim zu gestalten, bot er sozusagen „Patenschaften“ für Bäume an. Eine Bepflanzung mit jungen, kleinen Bäumchen lehnte er schon deshalb ab, weil viele alte Heimbewohner das Heranwachsen der Schattenspender wohl nicht mehr erleben würden. Padre Antonio entschied sich also dafür, große, stattliche Bäume zu pflanzen, sodass die Gartenanlage von Anfang an ein richtiger Park werden würde. Und so kam ihm wieder einmal die Idee einer Spendenaktion. Bei der Aktion „Árbol“ konnten Wohltäter Bäume stiften – die Preise variierten je nach Größe und Art – , erhielten dafür eine Urkunde und sogar eine Namensplakette an dem von ihnen gespendeten Baum.

In seinem letzten Lebensjahr sah man Padre Antonio nur noch selten bei öffentlichen Auftritten. Doch trotz schwerer Krankheit fehlte er fast nie bei den internen Veranstaltungen der Altersheime und seiner Stiftungen. Sein letzter Lebensabschnitt bescherte Padre Antonio nicht nur krankheitsbedingtes Leiden, sondern auch deshalb eine schwere Zeit, weil sein Großprojekt eines Alzheimer Forschungszentrums nicht auf den von ihm erhofften Umsetzungwillen bei den Politikern stieß. Dass dieses Zentrum eines Tages Wirklichkeit wird, dafür verbürgen sich nun die Leiter der Stiftung, die hierfür ins Leben gerufen wurde. Und auch vom Cabildo wurde durch die Leiterin des Sozialressorts Unterstützung für die Fortsetzung dieser Arbeit zugesichert.

„Wir alle liebten ihn, fürchteten ihn aber gleichzeitig auch“

Teneriffas Cabildo-Präsident, der sich in einer offiziellen Mitteilung der Trauer um den verstorbenen Pfarrer anschloss, bezeichnete Padre Antonio als „einen Menschen, dessen Solidarität, Großzügigkeit und Menschlichkeit keine Grenzen kannte“. „Er ging seinen Weg und hatte die Kraft, sämtliche Hürden zu überwinden, denen er auf dem Weg zum Ziel begegnete, welches immer das Wohl der Allgemeinheit war“, so Melchior. Sehr treffend beschrieb er die Überzeugungskraft und den unumstößlichen Willen, mit dem Padre Antonio den Politikern immer wieder Versprechen über finanzielle Mittel für seine Projekte abrang. „Wir alle liebten ihn, fürchteten ihn aber gleichzeitig auch, weil es fast unmöglich war, Padre Antonio eine Bitte abzuschlagen“, so Melchior.

Sein Lebenswerk fortführen: die beste Hommage

In den beiden Altersheimen Santa Rita II und Fray Leopoldo de Alpandeire [in das die Bewohner des ausgebrannten Heims Santa Rita I umquartiert wurden] leben heute rund tausend Senioren, die von etwa 400 Angestellten und Fachpersonal betreut werden. Beide Heime werden durch Stiftungen verwaltet, die am 24. März ihren Präsidenten verloren. Nun liegt es bei den Vizepräsidenten beider Stiftungen, Roque Silva Falcón und Rigoberto González Yumar, langjährige Freunde und Mitstreiter von Pater Antonio, sein soziales Lebenswerk fortzuführen. Rigoberto González versicherte, dass sich niemand um den Fortbestand der Stiftungen und der beiden Altersheime sorgen muss. Und auch das Alzheimer Forschungszentrum werde mit Sicherheit umgesetzt.

Auch Bischof Bernardo Álvarez brachte in seiner Trauerpredigt den Wunsch zum Ausdruck, dass der von Padre Antonio eingeschlagene Weg durch seine Stiftungen weitergegangen wird. Er rief die Familien auf, ihre Angehörigen in den Altersheimen nicht zu vergessen, sich um ihre Senioren zu kümmern, und öffentliche Ämter, Behörden, die Kirche und die Gesellschaft, das soziale Lebenswerk von Padre Antonio fortzuführen und nach seinem Beispiel zu handeln. Dies wäre wohl die beste Hommage, die man Padre Antonio machen könnte.

Der bescheidene Handelsvertreter des Himmels

Padre Antonio María Hernández wurde am 12. Oktober 1936 in La Orotava auf Teneriffa geboren. Schon im Alter von 11 Jahren arbeitete er als Schreiner und Polsterer. Nebenbei spielte er Klarinette. Später wanderte er nach Venezuela aus, wo er für eine US-amerikanischen Ölgesellschaft arbeitete und das Boxen lernte, einen Sport, über den er später schmunzelnd erklärte, dass er ihn gelehrt habe, die Härte des Lebens zu ertragen.

Es war in Venezuela, wo Antonio María den Entschluss fasste, alles aufzugeben – Freundin, Arbeit, Hobbys –, um dem Bettelorden der Kapuziner beizutreten. 1973 legte er sein Priestergelübde ab, studierte Theologie in Alicante und León, später Psychologie in Murcia und Biologie an der Päpstlichen Universität Xaveriana in Bogotá (Kolumbien). Außerdem lernte er Buchhalter und arbeitete eine Zeit lang als Mathematik-, Physik-, Chemie- und Biologielehrer in Valencia.

Zurück auf den Kanaren war er Gemeindepfarrer in San Andrés, El Pinar, Isora und La Restinga auf El Hierro. Später wurde er Pfarrer der Kirchengemeinde Punta Brava in Puerto de la Cruz, wo er sich für den Bau der Kirche einsetzte.

Im September 2006 wurde er Ehrenbürger der Stadt Puerto de la Cruz.

Sein soziales Wirken hinterlässt tiefe Spuren auf Teneriffa. Zwei Altersheime für Bedürftige – Santa Rita I und Santa Rita II – sowie das Projekt eines Alzheimer-Forschungszentrums und -heims. Weniger bekannt ist sein soziales Engagement in Südamerika; in Kolumbien setzte er sich für den Bau von 80 Wohnhäusern für Arme ein und gründete ein Heim für Straßenkinder, in dem heute 240 Kinder ein Zuhause gefunden haben.

Wer sich für die Stiftungen „Hogar Santa Rita“ und „Santa Leonor y Santa Rita“ interessiert, findet mehr Infos auf der Homepage www.hogarsantarita.org

• 1991 wurde das Altersheim Santa Rita I im Stadtteil Punta Brava von Puerto de la Cruz eröffnet, das im Oktober 2008 ausbrannte und seither geschlossen ist. Die fast 300 Heimbewohner zogen  in das neue Centro Fray Leopoldo de Alpandeire um.

• 2001 wurde das Altersheim Santa Rita II in Las Dehesas eingeweiht, das Platz für 600 Heimbewohner bietet.

• Die beiden Stiftungen „Hogar Santa Rita“ und „Santa Leonor y Santa Rita“ haben 350 Gründungsmitglieder.

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