Unterversorgung von Transplantations- und Krebspatienten bringt Betrug ans Licht
Eine Unterversorgung von Transplantations- und Tumorpatienten mit Medikamenten, die an sich von den Pharma-Unternehmen in ausreichender Menge ausgeliefert wurden, hat im Laufe der letzten eineinhalb Jahre über hundert Apotheken aus allen Teilen des Landes in den Fokus polizeilicher Ermittlungen gerückt.
Madrid – Die im Vergleich zum Ausland geringeren Preise, zu denen viele Medikamente in Spanien verkauft werden, führen dazu, dass der Verkauf beispielsweise nach Holland, Großbritannien oder Deutschland einträglicher ist als der über die einheimische Ladentheke. Diese Praxis ist nach dem „Gesetz zum rationalen Einsatz von Medikamenten“ nicht erlaubt und wird mit Sanktionen belegt. Der spanische Arzneimittel-Großhandel hat zudem Abmachungen mit der Pharma-Industrie, die einen Verkauf der für den spanischen Raum erworbenen, günstigeren Medikamente ins Ausland mit Nachforderungen belegt, die den Export unrentabel machen.
Einige ebenfalls als Arznei-Großhandel angemeldete Unternehmen haben sich nun darauf spezialisiert, die preiswerteren Arzneien, die an die Apotheken ausgeliefert werden, wieder aufzukaufen. Sie geben den Apothekern eine Provision und ermöglichen ihnen darüber hinaus, die Lieferungen als „Drogeriebedarf“ in Rechnung zu stellen, und so vom Finanzamt die höhere Vorsteuer von 10% statt 4% für Medikamente „zurückzufordern“.
Im nächsten Schritt werden die so von der Versorgung spanischer Patienten abgezweigten Medikamente in anderen Sprachen umetikettiert und in und außerhalb Europas weiterverkauft, wo sie zwischen 20% und 200% teurer sind als hier.
Betroffen sind Medikamente wie das Immunsupressivum Sandimmum von Novartis, das Transplantationspatienten verschrieben wird, Mercaptopurin zur Behandlung von Leukämie oder Epanutin gegen Epilepsie. Allen ist gemeinsam, dass sie teuer sind, nicht ohne Weiteres durch andere Arzneimittel ersetzt werden können und eine hohe Nachfrage haben.
Die jüngsten Fälle sind in Aragon zutage getreten, wo gegen 15 Apotheken ermittelt wird. Drei Ortschaften haben durch die vorübergehende Schließung ihrer zuständigen Apotheken sogar ihre Arzneimittelversorgung ganz eingebüßt, sodass Apotheker aus den Nachbarorten einen Notfalllieferdienst organisieren müssen.
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