Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer und die Mittelschicht rutscht ab
Seit 2008 beutelt die Wirtschaftskrise die westliche Welt. Während sich viele Länder Europas mittlerweile wieder auf Erfolgskurs bewegen, gehört Spanien zu den Kristenstaaten. Auf sozialer und gesellschaftlicher Ebene wirkt sich die Krise überall ein wenig anders aus; auf den Kanaren jedenfalls ist zu beobachten, dass die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer werden, während der Mittelstand langsam ausstirbt.
Unter Berufung auf das Nationale Statistikinstitut (INE) berichtete die Zeitung Diario de Avisos, der Durchschnittslohn sei seit Beginn der Krise – allen Vermutungen zum Trotz – nicht nur nicht gesunken, sondern der natürlichen Tendenz folgend sogar gestiegen. Auf der anderen Seite sei der Prozentsatz der unter der Armutsgrenze lebenden Canarios seit 2008 von 26% auf 32% im Jahr 2010 (aktuellere Daten liegen noch nicht vor) angewachsen. Anders gesagt: 2007 hätten über 13% der Canarios mehr als 2.500 Euro monatlich verdient, 2010 seien es über 14% gewesen. Cáritas zufolge sei die Anzahl der unter der Armutsschwelle lebenden Personen jedoch von 400.000 im Jahr 2005 auf heute 700.000 angestiegen.
Diese Daten weisen darauf hin, dass die kanarische Oberschicht nicht nur von der Krise verschont geblieben ist, sondern ihr Vermögen sogar noch vergrößern konnte. Das zeigt sich auch daran, dass an den Brückentagen, an denen die Insulaner üblicherweise gerne einen Kurzurlaub einlegen, die Luxushotels der Insel hohe Preise verlangen können und teilweise ausgebucht sind. Der Mittelstand dagegen wurde hart getroffen, konzentrierte sich die Krise doch auf das Bauwesen – den zweitgrößten Wirtschaftssektor auf den Kanaren – und riss viele kleine und mittelständische Unternehmen und ihre Angestellten und Familien in den Abgrund … Richtung Unterschicht.
Nach den Angaben der Zeitung, erneut unter Berufung auf das Nationale Statistikinstitut, habe die Kaufkraft der Canarios in den letzten Jahren abgenommen. Im Jahr 2008 hätten sich 8,8% der Bevölkerung regelmäßig mit den Hypothekenzahlungen verspätet, 2011 seien es 12% gewesen. Mittlerweile könne die Hälfte der Bevölkerung nicht ein einziges Mal im Jahr in Urlaub fahren, fast 60% könnten unvorhergesehene Kosten nicht bedienen.
Gegenüber Diario de Avisos erklärte Soziologieprofessor José Félix Tezanos, die Kanarischen Inseln bestätigten seine These, dass die weniger entwickelten autonomen Regionen auch die mit der größten sozialen Ungleichheit seien.
Die verlorene Generation
Die Experten und Beobachter der sozialen Entwicklung sorgen sich um die nachfolgende Generation und bezeichnen diese bereits jetzt als „verloren“.
Im Gespräch mit der Zeitung gab Leonardo Ruiz, Direktor von Cáritas Teneriffa, an, 40% der kanarischen Jugend seien nur unzureichend ausgebildet.
Tatsächlich ist die Arbeitslosigkeit unter den jungen Menschen besonders hoch. Bei den Canarios unter 35 Jahren liegt diese laut dem Verband großer Zeitarbeitsfirmen Agett bei erschreckenden 41%, der höchsten Quote unter allen Regionen.
Ruiz ist der Meinung, dass viele Jugendliche glauben, keine Chance zu haben und in der Hoffnung, die Regierung werde es schon regeln, sich „wartend im Sessel zurücklehnen“.
José Félix Tezanos fügte hinzu, wenn die familiäre Hilfe und die Schattenwirtschaft die Jungend nicht mehr auffangen könnten, würde die Wut dieser von sich und dem Rest der Welt aufgegebenen Generation in soziale Konflikte und politischen Unwillen münden.
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