Nur 0,2% aller Arbeitsverträge werden entsprechend dieser Regelung geschlossen
Madrid – In Spanien liegt die Jugendarbeitslosenquote bei über 30% und damit weit über dem EU-Durchschnitt; 18% der Jugendlichen verlassen vorzeitig die Schule. Angesichts dieser erschreckenden Zahlen wurde vor einigen Jahren der Berufsausbildungsvertrag für Schulabgänger ohne Abschluss eingeführt. Nun wurde Bilanz über den Erfolg der Maßnahme gezogen – mit niederschmetterndem Ergebnis: Bei nur 0,2% der im vergangenen Jahr abgeschlossenen Arbeitsverträge, handelte es sich um Ausbildungsverträge für Schulabgänger ohne Abschluss.
Dieser Berufsausbildungsvertrag wurde speziell für die 18% der Jugendlichen zwischen 18 und 24 Jahren geschaffen, welche die Schule vorzeitig verließen und über keinen Abschluss verfügen. Ihnen hilft die Alternative, der Praktikumsvertrag, nicht, weil für diesen ein Berufsausbildungsabschluss FP oder ein Hochschulabschluss verlangt werden. Der Ausbildungsvertrag für Schulabgänger ohne Abschluss kann eine Dauer von ein bis drei Jahren haben und soll den Einstieg in den Arbeitsmarkt ermöglichen. Der Vertrag umfasst einen Ausbildungsplan. Der theoretische Teil muss von einem zugelassenen Zentrum vermittelt werden. Am Ende erhält der Auszubildende ein „certificado de profesionalidad“. Wenn das regionale Ressort den Plan abgesegnet hat, erhält das Unternehmen Vergütungen, die Erstattung der Ausbildungskosten und bis zu 720 Euro im Jahr für jeden Lehrling.
Bei dem Vertrag handelt es sich um eine Alternative für die vielen Jugendlichen mit ungewisser Zukunft. Die Chancen auf einen festen Arbeitsplatz steigen laut einer Fedea-Studie auf 33%, beim zeitlich befristeten Arbeitsvertrag sind es nur 1%. Für die Unternehmen ist der Vertrag vorteilhaft. Und trotzdem wurden im vergangenen Jahr nur 52.000 solcher Verträge abgeschlossen, 0,2% der insgesamt mehr als 22 Millionen neuen Arbeitsverträge. Experten führen den geringen Erfolg auf drei Faktoren zurück: Die zeitlich befristeten Arbeitsverträge, die Bürokratie und das fehlende Interes- se der Unternehmen. Die Unternehmer sprechen von fehlender Flexibilität, die Ökonomen wollen den Vertrag ebenfalls flexibler gestalten, ohne jedoch an Qualität der Ausbildung einzubüßen, die Gewerkschafter werfen den Unternehmern fehlenden Einsatz und Missbrauch der Vertragsform vor.
Miguel Ángel Malo von der Universität Salamanca führt den Misserfolg des Ausbildungsvertrages darauf zurück, dass die Unternehmen die zeitlich begrenzten Arbeitsverträge vorziehen. Mitarbeiter des Arbeitsministeriums stützen diese These und weisen darauf hin, die infrage kommenden Stellen würden auch gerne mit Praktikanten oder Stipendiaten besetzt.
Marcel Jansen von der Universidad Autónoma de Madrid, Co-Autor der Fedea-Studie über den Berufsausbildungsvertrag für Schulabgänger ohne Abschluss, weist auch auf die übermäßige Bürokratie in Zusammenhang mit dieser Vertrags- form hin. Hauptproblem sei, dass das regionale Ressort den Ausbildungsplan erst im Detail überprüfen und absegnen müsse. Selbst das Arbeitsministerium gesteht ein, dass das Konzept nicht aufgehe. Man wolle den Vertrag reformieren und die Verwaltungsarbeit für die Unternehmen erleichtern, heißt es. Im Jahr 2015 waren die Anforderungen geringer, allerdings gab es auch kein „certificado de profesionalidad“. Damals entschied sich die PP-Regierung, die Anforderungen zu erhöhen und qualitative Standards der Ausbildung zu garantieren, um den jungen Menschen einen offiziellen Berufsausbildungsabschluss zu ermöglichen.
Lola Santillana von der Gewerkschaft CC.OO. und Eduardo Magali von der Gewerkschaft UGT werfen den Unter- nehmen hingegen mangelnden Einsatz und Interesse an einer guten Ausbildung der Jugend vor. Einige Firmen würden die Verträge zu ihrem Vorteil nutzen. Es handele sich um ein kulturelles Problem. Die Vorstellung, dass die Ausbildung eine Investition in die Zukunft bedeute, sei vielen Unternehmen fremd. Juan Carlos Tejeda vom Unternehmerverband CEOE hält dagegen, die strengen Regulierungen müssten gelockert und beispielsweise Nachtarbeit erlaubt werden. Auch sei die Altersgrenze zu unflexibel. Doch selbst Tejeda gestand ein, dass die spanischen Unternehmen zu wenig Einsatz für die Ausbildung der Jugend zeigten.[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]