Der Frachtsegler bringt Waren klimafreundlich über die Ozeane
Teneriffa/La Palma – Das Schiff Avontuur ist ein nachhaltiger Frachtsegler, der Waren zwischen Europa und weltweit transportiert – ohne Motorantrieb, nur mit Wind. Damit will das Projekt Timbercoast ein Zeichen setzen für den Umweltschutz auf See. Die meisten Konsumgüter, die wir täglich nutzen, werden per Containerschiff zu uns transportiert. Was viele nicht wissen: Abgesehen von der Verschmutzung der Meere, produzieren diese Containerriesen jährlich mehr als eine Milliarde Tonnen Kohlenstoffdioxid, mehr als die gesamte Bundesrepublik Deutschland. Cornelius Bockermann, Investor und Kapitän, rief deshalb das Projekt Timbercoast ins Leben, um das 1920 gebaute Frachtsegelschiff Avontuur wieder fit für den Seehandel zu machen.
Er löste mit seiner Idee große Begeisterung aus, und Freiwillige aus der ganzen Welt schlossen sich an, um zu helfen. „Wir haben eine klare Botschaft. Wir wollen auf die Missstände in der Welthandelsflotte hinweisen und zeigen, dass Waren sauber und emissionsfrei über den Seeweg transportiert werden können“, so Bockermann. Und deshalb segeln sie jetzt. Von Europa in die weite Welt und wieder zurück, mit an Bord ökologische Produkte wie Mode, Kaffee, Kakao, Rum und auch interessierte Trainees, die auf der Avontuur verantwortungsvolle Schifffahrt erlernen können.
Die Avontuur kann 114 Tonnen Fracht transportieren und Produkte an Orte bringen, an denen sie nicht regional produziert werden können. Das Projekt ist ein Beweis und gleichzeitig eine Chance für die stetig wachsende Bewegung von Konsumentinnen und Konsumenten, denen die Transparenz aller Schritte der Produktionskette, inklusive des Transports, wichtig ist.
Das Timbercoast-Projekt gründet auf der Tatsache, dass mehr als 90 Prozent des globalen Welthandels über hochgradig umweltverschmutzende Containerschiffe abgewickelt werden. Laut Timbercoast sind das circa 51.000 Frachter, die fast ausschließlich mit Schweröl betrieben werden – ein extrem schwefelhaltiger, teerartiger Brennstoff, der als Treibstoff erst einmal erhitzt werden muss, damit er flüssig wird und deshalb an Land längst verboten ist und als Sondermüll entsorgt werden muss.
Die Weltschifffahrt stößt jährlich mehr CO2-Emissionen aus als die gesamte Bundesrepublik Deutschland, die unter den Kohlenstoffdioxid-Emittenten der Welt immerhin auf Platz 6 liegt. Was auf unseren Straßen mit grünen Plaketten und Schadstoff-Richtlinien längst geregelt wird, ist aber auf See kaum Thema.
Des Weiteren werden neben dem CO2 von der Welthandelsflotte massenhaft Stickoxide, Feinstaub, Ruß und Schwefeldioxide ausgestoßen. Mit mehr als 20 Millionen Tonnen Stickoxid (NOx), übertrifft die Schifffahrt den Luftverkehr um das Zehnfache und mit rund 12 Millionen Tonnen Schwefeldioxid (SO2) sogar um das Hundertfache – laut Timbercoast Daten der SeaKLIM Studie des Forschungszentrums der Bundesrepublik Deutschland für Luft- und Raumfahrt.
„Die konventionelle Schifffahrt ist eine Umweltschweinerei“
Timbercoast-Initiator und Kapitän Cornelius Bockermann will den Segelfrachttransport mit der Avontuur als Handelsschiff wiederbeleben. Geboren am 06.02.1959 in Bremen, faszinierten ihn Schiffe und Seefahrt schon als Jugendlicher. Nachdem er seine Karriere als Schiffsjunge begann, absolvierte er das Studium der Nautik und Schiffsmaschinentechnik und bekam das Kapitäns-patent.
Er gründete seine eigene Reederei, die Schwertransporte für die Öl-Industrie ausführte und unter anderem Schiffswracks vor der afrikanischen Küste barg oder komplette Plattformen transportierte. Ein lukratives Geschäft, womit er viel Geld verdiente, das ihm aber auch immer mehr bewusst machte, welche Auswirkungen die weltweite Transportschifffahrt auf die Meere hat.
Während seiner mehr als 20-jährigen Arbeitserfahrung in der Schifffahrtsindustrie hatte Cornelius Bockermann sich immer mehr ein eigenes Bild davon gemacht, wie wir Menschen unsere Umwelt nach-teilig beeinflussen. „Die konventionelle Schifffahrt ist eine Umweltschweinerei“, sagt Bockermann heute. „Eins der weltgrößten Containerschiffe, die Emma Maersk, bläst etwa 300.000 Tonnen CO2 pro Jahr in die Luft – das ist vergleichbar mit einem mittleren Kohlekraftwerk“.
Er stellte sich die Frage: Wie kann man Unternehmen und Verbraucher wachrütteln und eine nachhaltige Möglichkeit des Transports aufzeigen? In Groningen fand Cornelius Bockermann die Antwort: die Avontuur. Ein Frachtsegelschiff, gebaut 1920.
Da der Gaffelschoner schon etliche Male umgebaut worden war, musste er zuerst wieder in seinen ursprünglichen Zustand als Frachtsegler zurückversetzt werden. Über das Internet suchte Bockermann nach Freiwilligen, die an dem Projekt mitarbeiten und für einen Tag Arbeit später einen Segeltag auf der Avontuur bekamen. Kost, Logis, Arbeitskleidung und Versicherung wurden gestellt.
160 Freiwillige kamen von November 2014 bis Juli 2016 in die Elsflether Werft in Niedersachen, um den Frachtsegler wieder fit zu machen für den Seehandel.
Stippvisite auf den Kanaren
Seit ihrem ersten Besuch auf den Kanarischen Inseln im Herbst 2016 hat die Avontuur bereits 16-mal den Atlantik überquert und dabei mehr als 115.000 Seemeilen unter Segeln zurückgelegt. Santa Cruz de Tenerife und Santa Cruz de La Palma waren dabei immer wichtige Stationen vor der Ost-West-Überquerung des Frachtseglers. Hier auf den Kanaren wird das Schiff jeweils mit frischem Obst und Gemüse von verschiedenen Bio-Landwirten der Inseln als Proviant an Bord ausgerüstet, bevor es auf die langen Reisen in die Karibik, nach Süd- und Mittelamerika geht. Von dort bringt der Gaffelschoner auf die momentan weltweit nachhaltigste Weise Alltagsgüter wie Kaffee, Kakao und Gewürze, aber auch Rum nach Europa. Mitte Oktober wird die Avontuur erneut von den Kanaren aus über den Atlantik auf ihre mittlerweile 11. Seereise für sauberen Seetransport aufbrechen.
Weitere Infos auf: www.timbercoast.com