Bankenaufsicht befürchtet Rückzahlungen in Milliardenhöhe


Francisco J. Riberas, Präsident des Instituts für Studien über Steuerpolitik (IEF), Pablo Hernández de Cos, Leiter der Spanischen Nationalbank, Fernando Ruiz, Präsident von Deloitte, bei der Versammlung des Instituts für Familienunternehmen Anfang Mai in Madrid. Foto: EFE

Stabilität des Bankensystems in Gefahr

Madrid – In dem Anfang Mai veröffentlichten Bericht über die Stabilität des Finanzsystems kommt die Spanische Nationalbank zu dem Schluss, dass die Banken sich seit der Wirtschafts- und Finanzkrise in allen Faktoren verbessert haben. Die Nationalbank warnt jedoch, dass in den letzten sechs Monaten die Risiken für die Stabilität des Finanzsystems zugenommen haben. Insbesondere die Abschwächung des weltweiten Wirtschaftswachstums, welche sich auf Europa und China konzentriere, die geringe Wirtschaftlichkeit und Solvenz der Finanzinstitute und die Unsicherheit infolge diverser offener Rechtsstreitigkeiten gefährde die positive Entwicklung.

Die Bankenoberaufsicht wies im Fall der spanischen Finanzinstitute insbesondere auf die anhängigen Rechtsverfahren hin. Dazu gehört die ausstehende Entscheidung des EU-Gerichtshofes über den Abschluss von Darlehensverträgen, deren Zins anhand des umstrittenen IRPH – Índice de referencia de préstamos hipotecarios -(Referenzindex für Hypothe­-

ken­darlehen) bestimmt wurde. Der IRPH wird seit 2013 nicht mehr angewendet, ist aber weiterhin legal. Mehr als eine Million Bürger haben Verträge mit IRPH abgeschlossen, insbesondere in Katalonien. Betroffenenplattformen haben dessen Undurchsichtigkeit angeprangert, doch der Oberste Gerichtshof lehnte es ab, den Index für missbräuchlich und illegal zu erklären. Ein spanischer Richter brachte den IRPH schließlich bis vor den Gerichtshof der Europäischen Union, dessen Entscheidung im Herbst erwartet wird. Sollten die EU-Richter gegen die spanischen Banken entscheiden, könnten diese Forderungen von bis zu 44 Milliarden Euro erfüllen müssen, um die aufgrund der Anwendung des teuren IRPH zu viel gezahlten Zinsen auszugleichen. Die Nationalbank hat die Banken, die diesen Zinssatz verwendet haben, aufgefordert, eine eigene Kostenrechnung zu erstellen und entsprechende Rücklagen zu schaffen.

Die Nationalbank bedauert, dass die Finanzinstitute aufgrund der Verwendung missbräuchlicher oder umstrittener Klauseln ihrem Ruf geschadet haben. Für ihr eigenes Überleben sei es grundlegend, das Vertrauen der Kunden zurückzuerlangen. Besonders wichtig sei es, den Kunden entsprechend ihrer Bedürfnisse und Möglichkeiten die geeignetsten Produkte zu vermitteln. Die Beratung müsse klar, verständlich und transparent sein.

Weiterhin rät die Oberaufsicht den Banken, die Entwicklung der Verbraucherkredite, deren Wachstumsrate von 25% auf 10% zurückgegangen ist, zu verfolgen, sowie die Entwicklung des Immobilienmarktes im Auge zu behalten. Die Banken sollten ihr Eigenkapital aufstocken und ihre Wirtschaftlichkeit durch Erweiterung des Angebots und eine rationale Senkung der Kosten verbessern.

Mehrfach wird auf das spezielle Risiko von Krediten, die an kaufschwache Haushalte vergeben wurden, hingewiesen.

Aus dem Bericht geht hervor, dass die Banken im vergangenen Jahr Gewinne von 19,438 Milliarden Euro verzeichneten, 25% mehr als im Vorjahr.

Dividenden senken

Margarita Delgado, Vizeleiterin der Nationalbank, forderte die Banken auf einem von Deloitte organisierten Treffen auf, bei einem Rückgang der Gewinne weniger Dividenden auszuschütten, um das Kapital und die Solvenz zu erhöhen. In Sachen Solvenz sei das spanische Bankenwesen das Schlusslicht Europas.

Die Vertreter von BBVA und Santander zeigten sich entrüstet. Es wurde angeführt, in den USA könnten die Banken mit niedrigeren Auflagen viel höhere Dividenden ausschütten. Die Santander-Bank wies darauf hin, zwischen 2010 und 2019 etwa 500 Millionen Euro in die Erfüllung der neuen Auflagen investiert zu haben. Das Kapital sei um 10,2 Milliarden Euro aufgestockt worden.

Regierung soll Reformen angehen

Pablo Hernández de Cos, Leiter der Nationalbank, forderte von der neuen Regierung, grundlegende Strukturreformen in den Bereichen Bildung, Innovation, Arbeitsmarkt und Steuerkonsolidierung vorzunehmen, die einen Regierungswechsel überstehen sollten. Die Produktivität müsse verbessert, die Verschuldung der öffentlichen Verwaltung im In- und Ausland abgebaut, das Problem der zunehmend alternden Bevölkerung angegangen, die zeitliche Befristung von Arbeitsverträgen reduziert und die Arbeitslosenquote gesenkt werden.

Keine zweite Immobilienblase

Laut der Spanischen Nationalbank ist das Land weit von einer zweiten Immobilienblase entfernt. Zwar seien die Immobilienpreise seit dem Tiefststand von 2014 wieder um 22% angestiegen, würden jedoch immer noch 31% unter dem höchsten Stand von 2007 liegen.

Die Indikatoren würden nicht auf eine Überbewertung hinweisen, hieß es, auch wenn innerhalb eines Jahres die Preise um 6,6% in die Höhe gegangen seien. Die Nationalbank weist auf das große Angebot von 500.000 bislang nicht verkauften Wohnungen und die größere Vorsicht bei der Kreditvergabe hin, die einen zu starken Preisanstieg ausbremsen würden.

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