Die Partei hält sich dank einem speziellen Wahlsystem, dem Verhältnis zwischen den großen Parteien und der eigenen Machtstruktur seit vielen Jahren an der Spitze
Kanarische Inseln – So mancher dachte seinerzeit, die kanarisch-nationalistische Partei Coalición Canaria hätte keinen Bestand. Doch dieses Jahr feiert sie ihr 25-jähriges Bestehen. Allerdings ist ihre, seit der Gründung im Jahr 1993 anhaltende, Vorherrschaft umstritten. Diese beruht doch zum Teil auf dem außergewöhnlichen Wahlsystem der Kanarischen Region, welches den Stimmen der kleineren Inseln mehr Gewicht einräumt. So regiert die CC zwar die Region, ist jedoch nach Anzahl der Wählerstimmen nur die dritte Kraft. In all der Zeit ihres Bestehens hat sich die „Kanarische Koalition“ oft die Streitigkeiten zwischen den nationalen Parteien Partido Popular und PSOE zunutze gemacht. Heute wird sie jedoch, wie auch beide großen nationalen Parteien, von „Emporkömmlingen“ bedroht und zeigt in den Augen der Wähler „Abnutzungserscheinungen“.
Der Anfang
Entstanden ist die Kanarische Koalition nach einem Misstrauensvotum gegen den damaligen Regionalpräsidenten und Sozialisten Jerónimo Saavedra. Der hatte im Rahmen eines sogenannten „Beton-Paktes“ mit den kleineren Inselparteien AIC und AHI regiert, doch das Bündnis brach auseinander. AIC stellte einen Misstrauensantrag und stürzte Saavedra. In der Folge schlossen sich lokale bzw. regionale Parteien verschiedener Ausrichtungen zu einem „Kanarischen Bündnis“ zusammen: Die Kommunisten der Iniciativa Canaria (ICAN), die politische Mitte der Centro Canario Independiente (CCI), die Agrupaciones Independientes de Canarias (AIC), die Agrupación Tinerfeña de Independientes (ATI) von Teneriffa, die Asamblea Majorera (AM) von Fuerteventura oder die nationalistische Partido Nacionalista Canario (PNC). Dieser Schmelztiegel unterschiedlicher politischer Ausrichtungen wählte Manuel Hermoso zum Regionalpräsidenten. Der begründete später seine Wahl als Auflehnung gegen den damaligen sozialistischen Wirtschafts- und Finanzminister Carlos Solchaga, der die Inseln und ihre Forderungen vollkommen außer Acht gelassen habe. Angesichts der Gleichgültigkeit der damaligen Minister der sozialistischen Regierung in Madrid hinsichtlich der Probleme des Archipels hätten sich die politischen Gruppierungen zusammengeschlossen und den Aufstand geprobt und die Coalición Canaria gegründet.
Zu der damaligen Benachteiligung der Inseln äußerte sich auch José Carlos Mauricio, Gründer der ICAN, der das Regionalressort für Wirtschaft leitete und für die kanarischen Nationalisten im Parlament saß.
Seit 25 Jahren regiert die CC die Region.
Die ersten 15 Jahre unter der Leitung der ehemaligen Regionalpräsidenten Manuel Hermoso Rojas, Román Rodríguez Rodríguez und Adán Martín Menis verliefen äußerst erfolgreich für das „Kanarische Bündnis“. Politisch gesehen nahm die CC in Madrid an Bedeutung zu. Schon damals waren ihre wenigen Vertreter im Abgeordnetenhaus, zwischen einem und vier während der einzelnen Legislaturperioden, häufig das Zünglein an der Waage für die großen Parteien, und erreichten viele Verbesserungen für die Region. Auch erlangten die CC-Regierungen Beachtung innerhalb der EU. Beispielsweise mit der Anerkennung als Gebiet in äußerster Randlage, was dazu führte, dass den Kanaren Subventionen in Millionenhöhe zugestanden wurden. Gleichzeitig boomte die Wirtschaft.
Doch die innerparteilichen Differenzen zwischen dem linken und dem rechten Flügel blieben nicht aus. Insbesondere auf Teneriffa und Gran Canaria nahmen die kritischen Stimmen zu. Román Rodríguez (Regionalpräsident bis 2003), der den kritischen Sektor innerhalb der Koalition anführte, gründete die Partei Nueva Canarias. Dem von Gran Canaria stammenden Rodríguez folgte ein Großteil der Politiker von dieser Insel. Seither konnten die CC auf Gran Canaria nicht mehr richtig Fuß fassen. Vielmehr teilte sich die nationalistische Wählerschaft auf. Die Wirtschafts- und Finanzkrise tat ein Übriges, dass die Partei zunehmend an Stimmen einbüßte.
Trotz allem stellte und stellt die CC mit Paulino Rivero und Fernando Clavijo weiterhin den Regionalpräsidenten, zum einen wegen des eingangs erwähnten, speziellen Wahlsystems der Region, zum anderen, weil die Partei die Rivalität zwischen PP und PSOE stets für sich genutzt hat. Bekanntlich ist bei Regionalwahlen auf den Kanaren weniger entscheidend, welche Stimmenzahl eine Partei insgesamt auf allen Inseln erhalten hat, sondern vielmehr, woher diese kommen. Die Stimmen der Einwohner kleinerer Inseln werden stärker gewichtet, sodass den Inseln mit geringer Einwohnerzahl relativ mehr Sitze im Parlament zugestanden werden als den mit mehr Bewohnern. Ansonsten würden Parteien, die auf der kleinen Heimatinsel die Mehrheit erlangen, im kanarischen Parlament kaum vertreten sein. Andererseits entstehen Ungerechtigkeiten, weil Parteien, die vor allem auf den größeren Inseln gewählt werden und mehr Stimmen haben, im Parlament weniger vertreten sind. Übrigens steht dieses Wahlsystem seit Langem in der Kritik und soll dringend reformiert werden. Die „Kanarische Koalition“ hat stets von der derzeitigen Regelung profitiert, weil sie vermehrt auf den kleinen Inseln gewählt wird. Bei den letzten Regionalwahlen war sie zwar nur drittstärkste Kraft, konnte aber trotzdem, gemeinsam mit den Sozialisten, die Regierung stellen. Allerdings wurde der Pakt später wieder aufgekündigt.
Immer wieder machte sich die CC das Unvermögen der großen Parteien PP und PSOE zur Regierungsbildung zunutze und nahm die eine oder die andere der beiden zum Bündnispartner. So gewann der Sozialist Juan Fernando López Aguilar im Mai 2007 die Regionalwahlen, musste aber auf aufgrund des Paktes zwischen CC und PP darauf verzichten, die Regierung zu bilden. Bei den folgenden Wahlen gewann der konservative José Manuel Soria, doch Paulino Rivero tat sich mit der „Konkurrenz“ zusammen. Sowohl Adán Martín als auch Paulino Rivero und Fernando Clavijo haben zunächst Bündnisse geschlossen, die sie jedoch im Laufe der Legislaturperiode aufkündigten, um in der Minderheit weiter zu regieren.
Als eine Charakteristik, aber auch Schwäche der Coalición Canaria bezeichnete Ex-Regionalpräsident Lorenzo Olarte, der vor der zweiten Amtszeit des Sozialisten Saavedra die Region führte, die Bedeutung der Macht innerhalb der Partei. „Diese Partei ist aus der Macht gewachsen, und aus der Macht dürfen keine Parteien wachsen.“ Olarte bezog sich auf die starke Machtausübung der ATI, die in der Partei alles an sich zog. Der Politiker wies darauf hin, dass seit 2003 keiner der Regionalpräsidenten von Gran Canaria stammte.
Derzeit stellt die CC nicht nur die Regionalregierung, sondern regiert auch, alleine oder mit einem Koalitionspartner, in 34 der 88 kanarischen Gemeinden (auf Teneriffa 14, auf Gran Canaria hingegen nur 2), sowie in den Cabildos von Lanzarote, Teneriffa, La Palma, Fuerteventura und El Hierro.
Nach der Zukunft der Partei befragt, wies die Beauftragte für Parteiorganisation, Guadalupe González Taño, jüngst auf die Bedeutung der Coalición Canaria für den Archipel im nationalen und europäischen Panorama hin und hob das Leitmotiv der Formation hervor: „Den Kanarischen Inseln Identität geben, die Kanarischen Inseln zusammenzuhalten“.
Regionalpräsidenten seit Dezember 1982:
(im August 1982 wurde das Autonomiestatut, die kanarische Verfassung, beschlossen)
• Jerónimo Saavedra: 1982-1983, 1983-1987, PSOE
• Fernando Fernández Martín: 1987-1988, CDS (Centro Democrático y Social)
• Lorenzo Olarte Cullén, 1988-1991, CDS
• Jerónimo Saavedra Acevedo, 1991-1993, PSOE
• Manuel Hermoso Rojas, 1993-1999, CC
• Román Rodríguez Rodríguez, 1999-2003, CC
• Adán Martín Menis, 2003-2007, CC
• Paulino Rivero Baute, 2007-2015, CC
• Fernando Clavijo Batlle, 2015- , CC
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