Der „bono joven“ könne dazu führen, dass die Mieten steigen, befürchten Kritiker der Regierungsmaßnahme
Madrid – Junge Menschen bis 35 Jahre und mit einem Jahreseinkommen von unter 23.725,80 Euro sollen in Kürze rund 250 Euro staatliche Unterstützung erhalten, um das Elternhaus verlassen und sich eine Mietwohnung leisten zu können. Dieser sogenannte „bono joven“, den Regierungschef Pedro Sánchez Anfang Oktober ankündigte, sorgte jedoch nicht überall für Begeisterung. Vielmehr wurde erneut die Kritik laut, die eigentlich gute Absicht – jungen Menschen dabei zu helfen, sich selbstständig zu machen – hätte den unerwünschten Nebeneffekt, dass sie letztendlich nur den Vermietern zugute käme, die nämlich die Chance nutzten, die Mieten zu erhöhen. Selbst in eigenen Reihen wurden diesbezüglich Bedenken angemeldet. So zeigte sich Unidas Podemos, der Minderheitspartner in der Regierungskoalition, äußerst kritisch mit der angekündigten Maßnahme. Die Ministerin für soziale Rechte und die Agenda 2030 sowie Vorsitzende von Unidas Podemos, Ione Belarra beispielsweise, erklärte in einem Interview mit dem Radiosender Cadena SER: „Ja, es stimmt zwar, dass diese Maßnahme viele Menschen an die Miethilfen von [Ex-Regierungschef] José Luis Rodríguez Zapatero erinnert, diese führten jedoch dazu, dass viele Vermieter ihre Mieten erhöhten. Es ist also wichtig, dass sie mit einer Preisregulierung Hand in Hand gehen müssen.“
Ein Bericht der Banco de España aus dem Jahr 2020 stützt zumindest den ersten Teil dieser Befürchtung. Dort heißt es diesbezüglich unter anderem, dass das Vereinigte Königreich, Frankreich, Finnland, Deutschland, die Niederlande, Schweden und die Vereinigten Staaten Mittel zur Förderung der Mietnachfrage bereitstellen. Und zwar häufig nicht nur durch eine Mietunterstützung, sondern auch durch die Übernahme anderer Ausgaben wie Nebenkosten oder Wohngebäudeversicherung. Im Rahmen der Untersuchung, so heißt es weiter, sei festgestellt worden, dass es tatsächlich so ist: Wenn das Mietangebot rigide geregelt ist, werden die Subventionen direkt auf die Wohnungspreise umgelegt.
In Spanien ist es zweifelsohne so, dass das Angebot im Allgemeinen angespannt ist. Der Wohnbestand besteht überwiegend aus Eigentum. Außerdem ist Spanien mit 2,7 Prozent des Gesamtbestands eines der OECD-Länder mit den wenigsten subventionierten oder staatlich geschützten Mietwohnungen. Aber auch in Frankreich, wo es einen größeren Mietwohnungsbestand gibt, wurde dieser Trend beobachtet. So kommt eine Studie der Pariser Wirtschaftsprofessorin Gabrielle Fack zu dem Schluss, dass von jedem Euro, der für solche Subventionen ausgegeben wird, 78 Cent in einen Anstieg der Mietpreise fließen. Dies liegt zum Teil daran, dass die Nachfrage auch deshalb steigt, weil junge Menschen auf den Markt drängen und die Subvention nutzen, um sich zu emanzipieren. Das Angebot hingegen bleibt unverändert.
Der Professor für angewandte Wirtschaftswissenschaften an der Universität Pompeu Fabra, José García Montalvo, bestätigt zwar, dass die meisten Studien, die zu diesem Thema durchgeführt wurden, zu dem Ergebnis kommen, dass die staatlichen Hilfen letztendlich den Wohnungseigentümern zugute kommen. „Je unelastischer das Mietwohnungsangebot ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass das Geld in den Taschen der Wohnungseigentümer endet“, so der Professor wörtlich. Allerdings ist er der Ansicht, dass die Auswirkungen auf die Mietpreise letztendlich begrenzt sein werden, da sie einen geringeren Wirkungsradius haben.
Er bezieht sich dabei auf die Tatsache, dass für die Wohnbeihilfen derzeit nur rund 200 Millionen Euro vorgesehen sind. Schätzungsweise werden sie etwa 40.000 bis 50.000 jungen Menschen helfen, sich selbstständig zu machen. Das sind allerdings weniger als 10 Prozent der 586.590 jungen Menschen, die eigentlich die bislang bekannten Voraussetzungen erfüllen, um in den Genuss der Beihilfen zu kommen.
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