Die Kanaren wollen von der Insel Réunion lernen
Die Idee, die gesamte benötigte Energie aus Wind und Sonne selbst zu erzeugen, ist für Inseln der Tropen und Subtropen keineswegs abwegig. Die kleinste Kanareninsel El Hierro ist schon auf dem Weg dorthin (das Wochenblatt berichtete), dank ihres geringen Energiebedarfs. Doch auch andernorts gibt es Beispiele dafür, dass dieses Konzept angestrebt wird.
Eines davon ist die französische Insel Réunion im Indischen Ozean, die, geht es nach den Plänen der EU, die das Projekt fördert, bis spätestens 2030 vollständig unabhängig von jeglichen Energieeinfuhren werden soll. Eine große Herausforderung angesichts von einer Million Einwohnern. Doch schon heute werden 37 % des Stromes selbst erzeugt.
Neben Wasserkraft, die den größten Energieanteil erzeugt, spielt auch Energie aus Biomasse mit 12 % Anteil eine gewisse Rolle, denn im tropisch-feuchten Klima der Insel gedeiht vor allem Zuckerrohr, aus dem die Hauptausfuhrartikel wie Zucker und Rum gewonnen werden. Doch auch Biosprit lässt sich leicht aus Zuckerrohr herstellen. Derzeit ist Réunion mit seinem Zuckerrohr weltweit der größte Exporteur von Biomasse.
Sarkozys teures Prestigeprojekt
Schon jetzt fließen viele EU-Gelder in den ökologischen Ausbau von Réunion, das von Präsident Sarkozy als „Revolution grüner Energie“ beworben wird.
So erweitert man derzeit nicht nur im Südwesten der Insel die Küstenstraße, die „Route des Tamarins“, sondern überdacht sie streckenweise auch noch mit Photovoltaikanlagen. „Mit Kosten von über einer Milliarde Euro gilt diese Konstruktion als eine der teuersten Straßenbauten der Europäischen Union“, schreibt Wikipedia. Was die Energieautonomie schließlich kosten wird, ist noch völlig unklar. „Man hat noch keine Vorstellung von den Gesamtkosten, obwohl schon von mehreren Milliarden Euro die Rede ist“, meint Pascal Rioual, Direktor für technische Studien der nationalen französischen Elektrizitätsgesellschaft und lobt das Projekt gleichzeitig als „Flaggschiff eines neuen Energiemodells, gegründet auf Umweltschutz, Forschung und technologischer Entwicklung.“
Modell für die Kanaren?
Mit so viel Geld im Hintergrund lässt es sich leicht leben und loben. Beim Eurelectric-Kongress über die Stromnetze der Kanaren, der Ende April in Las Palmas stattfand (das Wochenblatt berichtete), wurde das Réunion-Projekt daher auch als „das beste Modell, das derzeit in Europa existiert“ und als „perfekt übertragbar auf die Kanaren“ bezeichnet. Das ist sicher richtig, sofern sich jemand findet, der bereit ist, die exorbitanten Kosten eines solchen Projektes zu finanzieren. So mussten auch die Fürsprecher einer solchen Idee schließlich eingestehen, dass „das Erreichen von 100 % Energieautonomie auf Teneriffa oder Gran Canaria eine Frage von Jahrzehnten ist“ – wenn überhaupt, könnte man hinzufügen.
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