Gedanken für mich – Augenblicke für Gott
Mit dem Aschermittwoch ist zwar hier auf Teneriffa der Karneval noch lange nicht vorbei. Aber trotz allem kommen wir nicht an der Tatsache vorbei, dass weltweit im Christentum die Fastenzeit mit diesem Tag eingeläutet wird und wir uns innerlich auf Ostern vorbereiten sollen. Also: Auch wenn Sie derzeit vielleicht noch die eine oder andere Karnevalsveranstaltung besuchen oder sich an den Umzügen erfreuen – ich möchte Sie trotz allem schon ein klein wenig auf die andere Zeit hinführen.
Die Zeit, die eben nicht nur meint: Asche aufs Haupt und mit gesenktem Blick durch die Lande zu ziehen, sich ins eigene Kämmerlein zu verdrücken und sich seiner Schuld bewusst zu werden.
Fastenzeit meint ja „Umkehr“. Und genau mit diesem Wort verbinden wir wohl die unterschiedlichsten Gedanken, Erfahrungen und Gefühle. Wenn ich z.B. als Autofahrer eine falsche Straße erwische und umkehren muss, dann ist da womöglich erst einmal Wut, Ärger oder auch Enttäuschung im Spiel. Und weshalb? Weil ich mir eingestehen muss, dass ich buchstäblich „auf dem falschen Weg“ bin. Ich habe mich verfahren weil ich vielleicht ein Hinweisschild übersehen oder weil ich mich zu wenig über die Wegstrecke in Kenntnis gesetzt habe. In der Folge kann das dann bedeuten, dass ich durch dieses Umkehren-Müssen viel Zeit verliere, einen anderen Termin vielleicht sogar verpasse und eben mein Ziel nicht rechtzeitig erreiche.
Umkehr kann aber andererseits auch etwas sehr Vernünftiges, etwas Befreiendes sein. Wenn sich das Wetter ändert, dann wäre es z.B. bei einer Wanderung in der Masca-Schlucht oder im Teide-Gebiet mehr als dumm und bedrohlich, eben nicht umzukehren. Umkehren ist also weder eine Schande noch ein Zeichen mangelnden Mutes. Denn Umkehr kann in diesem Sinne sogar etwas sehr Notwendiges für uns Menschen sein. Ja, diese Umkehr kann sogar lebens-not-wendig sein, um so ein Ziel wirklich sicher und heil erreichen zu können.
Wenn wir nun in der Fastenzeit zur Umkehr und zur Buße aufgerufen werden, dann hat das also nichts antiquarisches oder verstaubtes an sich. Vielmehr bin ich dazu aufgerufen mich zu fragen: Kann es nicht sein, dass auch für mich in meinem Leben, in meinem Denken und Handeln, auf meinen alltäglichen Lebenswegen so etwas wie Innehalten, Nachdenken – sprich Umkehren, die Richtung ändern – angesagt ist? Kann es nicht sein, dass ich spüre: Es stimmt in manchen Bereichen meines Lebens etwas nicht mehr, da liegt etwas „quer“?
Umkehren heißt für mich ganz konkret: In alltäglichen Dingen, in meinem Lebensumfeld bewusst hinzuschauen, aufmerksam zu werden, wo eben etwas nicht stimmt, wo ein Schritt aufeinander zu sehr hilfreich sein könnte, weil etwas zwischen unserer Beziehung liegt, das eigentlich weggeräumt – bereinigt gehört.
Umkehren kann auch heissen: Meine eigene Würde wieder neu zu entdecken oder auch die Würde eines jeden Menschen. Dann kann ich bei Konflikten und Schwierigkeiten auch wieder ehrlicher und fairer mit anderen umgehen.
Umkehren kann auch heissen: Mich neu auf Gottes Wort auszurichten, um die Kraft seiner Worte in meinem Alltag neu zu erfahren und noch mehr darauf zu vertrauen, dass er es nur gut mit mir meint.
So gesehen ist Umkehr eine echte Lebenshilfe für uns, auch wenn es mitunter schwer fällt, sich wirklich neu zu orientieren. Eine Geschichte kann dies vielleicht noch ein wenig deutlicher machen: Ein Mann sitzt in einem Bummelzug. Bei jeder Station streckt er den Kopf zum Fenster hinaus, liest den Ortsnamen, schaut ganz geknickt zu Boden und stöhnt. Nach vier oder fünf Stationen fragt ihn sein Gegenüber ganz besorgt: „Ist Ihnen nicht gut? Tut Ihnen irgend etwas weh? Sie stöhnen ab und an so entsetzlich.“ Da antwortete der Mann: „Eigentlich müsste ich aussteigen. Ich fahre dauernd in die falsche Richtung. Aber hier drinnen ist es so schön warm.“ In diesem Sinne – steigen Sie aus, wenn Sie es für richtig erkennen und nehmen Sie die andere Richtung – sie führt zum Leben im Sinne von Ostern.
Bertram Bolz, Diakon
Kath. Touristen- und
Residentenseelsorger
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