In Brüssel wird die neue Ausgabenflut der Regierung nicht gern gesehen
Brüssel/Madrid – Ende Mai segnete die EU-Kommission den spanischen Haushaltsplan für dieses Jahr ab. Doch das war die einzige gute Nachricht aus Brüssel, denn die Kommission fand gleich mehrere Gründe, um Kritik an der spanischen Regierung zu üben. Spanien ist das einzige Land Europas mit einem Defizit von über 3% des Bruttoinlandsproduktes (BIP). So wird Spanien in diesem und auch im kommenden Jahr die EU-Vorgaben nicht erfüllen. Darüber hinaus kritisiert Brüssel die Kursänderung Rajoys in der Rentenpolitik. Und so fordert die Kommission die spanische Regierung auf, „zusätzliche Maßnahmen“ zu ergreifen, das heißt, eine Anpassung in Form von Kürzungen vorzunehmen.
Trotz des wirtschaftlichen Aufschwungs schafft es die spanische Regierung nicht, das Defizit unter die Marke von 3% des BIP zu senken. Zwar ist Brüssel der Meinung, dass Spanien im Großen und Ganzen die europäischen Vorgaben erfüllt, doch sieht es die Kommission als problematisch an, dass nicht das nötige Finanzpolster angelegt wird, um auf eine neue Krise vorbereitet zu sein. So hat die Regierung Rajoy entschieden, die Renten zu erhöhen, die Steuern für Geringverdiener zu senken und die Beamtengehälter wieder anzuheben. Brüssel urteilt, die Regierung Rajoy habe einen „expansiven“ Haushalt präsentiert, obwohl es an der Zeit gewesen sei, die Kassen zu sanieren. Die Ökonomen halten es für verfehlt, zu einem Zeitpunkt, in dem die Wirtschaft von sich aus wächst, weiter in deren Belebung zu investieren, statt zu sparen.
Nach Berechnung der EU-Experten werden die erhöhten Ausgaben zu einem Defizit von 2,7% führen, was zwar unter der 3%-Marke, jedoch 0,5% über dem vorgegebenen Defizit liegen wird. Die Kommission fordert die Regierung auf, sich darauf vorzubereiten, „korrigierende Maßnahmen“ ergreifen und Kürzungen vornehmen zu müssen.
Bis vor Kurzem galt Spanien als beinahe vorbildlich, was die Bewältigung der Wirtschafts- und Finanzkrise angeht. Der Bankensektor wurde saniert, der Arbeitsmarkt und das Rentenwesen reformiert, und nach einer Aufnahme unter den EU-Rettungsschirm gelang es, wieder Wirtschaftswachstum zu erreichen. Seit vier Jahren liegt dieses jährliche Wachstum stets bei rund 3%. Doch die Krise ist immer noch nicht überwunden. Die Staatsverschuldung beläuft sich auf knapp 100% des BIP und ist folglich viel zu hoch. Die Daten des sozialen Sektors dagegen sind nach wie vor äußerst negativ. Trotzdem wappnet sich die Regierung nicht für eine etwaige neue Krise, sondern hat eine Erhöhung der Ausgaben vorgesehen. PP, PNV und Ciudadanos haben vereinbart, den Renten-Etat in diesem Jahr und im kommenden Jahr um 3 Milliarden Euro zu erhöhen, und die Einführung des Nachhaltigkeitsfaktors, also die Anbindung der Rentenhöhe an die zu erwartende Lebensdauer, die in der Rentenreform festgelegt wurde, zu verschieben.
Brüssel ist nicht davon überzeugt, dass es Spanien gelingt, dieses Jahr mit einem Defizit unter 3% des BIP abzuschließen. Immerhin lassen die positiven Strömungen nach, welche die spanische Wirtschaft vorangetrieben haben. Der Erdölpreis steigt, und die Risikoprämien verschlechtern sich wieder. Und bekanntlich gehört Spanien zu den Kandidaten, die sich leicht anstecken lassen, schließlich gehört die Arbeitslosenquote zu den höchsten in Europa, und die öffentliche und private Verschuldung ist gewaltig.
Neben der Bewertung des neuen Haushalts erteilte Brüssel wieder die bereits bekannten Ratschläge. Zum einen drängt die EU wie üblich auf Anpassung, Kürzungen und Einsparungen, zum anderen auf einen verstärkten Einsatz gegen die schweren Defizite des Arbeitsmarkts, wie die Arbeitslosigkeit und die hohe Zahl prekärer Arbeitsverhältnisse. Auch mahnt Brüssel erneut ein stärkeres Vorgehen in Sachen Armut und Ungleichheit an. EU-Kommissionsvizepräsident Valdis Dombrowskis warnte davor, die erreichten Reformen nicht wieder rückgängig zu machen, so wie mit der Rentenreform geschehen.
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