Ferienprogramm für sahrauische Kinder

Die Kinder und ihre Gasteltern wurden auf allen Inseln herzlich begrüßt. Auf Teneriffa entstand nach dem Empfang im Cabildo ein Gruppenfoto Fotos: Cabildo de Tenerife /  Cabildo de Gran Canaria

Die Kinder und ihre Gasteltern wurden auf allen Inseln herzlich begrüßt. Auf Teneriffa entstand nach dem Empfang im Cabildo ein Gruppenfoto

Etwa 100 Kinder aus Flüchtlingslagern in Algerien durften den Sommer bei Gastfamilien auf den Kanaren verbringen

Kanarische Inseln – Nach zwei Jahren Pause infolge der Corona-Pandemie konnten in diesem Sommer wieder fast 100 sahrauische Kinder den Sommer auf den Kanarischen Inseln verbringen. Dank des Programms „Vacaciones en Paz“ (Ferien in Frieden) konnten sie die Flüchtlingscamps in der Region Tinduf im Südwesten Algeriens verlassen und durften den Juli und August bei Gastfamilien auf den Kanaren verbringen. Die zumeist acht Jahre alten Kinder leben in den Flüchtlingslagern unter harten Bedingungen, die im Sommer durch die extreme Hitze von über 40 Grad noch verschlimmert werden.
In Spanien und insbesondere auf den Kanaren, die nur rund Hundert Kilometer von El Aaiun im Norden Westsaharas entfernt liegen, gibt es eine sehr aktive Solidaritätsbewegung mit den Sahrauis. Das Programm „Vacaciones en Paz“ wurde Mitte der 90er-Jahre von dem Verband der Freunde des Sahrauischen Volkes in Spanien ins Leben gerufen. Auf den Kanarischen Inseln engagiert sich der Verband ACAPS (Asociación Canaria de Amigos del Pueblo Sahraui) und koordiniert den Aufenthalt.
Ein Teil der Kinder, die in diesem Jahr an dem Programm teilnehmen durften, wurden während ihres Aufenthaltes von den jeweiligen Inselverwaltungen empfangen.

„Es ist für uns eine Freude und eine Ehre, dem sahrauischen Volk und seinen Unabhängigkeitsbestrebungen unsere Unterstützung zu zeigen“ erklärte Gran Canarias Cabildo-Präsident Antonio Morales bei dem Empfang vor dem Vertreter der Frente Polisario auf den Kanaren, Mohamed Said Mohamed, und der Sprecherin der Gastfamilien, Ana Doreste.

Auch auf Teneriffa gab es einen Empfang im Cabildo, und auch hier wurde von den Verantwortlichen die Solidarität mit dem sahrauischen Volk unterstrichen.

Auf Gran Canaria bekamen die Kleinen neue Rucksäcke und Schirmmützen  geschenkt, die ihnen von Mitgliedern der Inselverwaltung übergeben wurden. Anschließend gab es einen kleinen Imbiss und für die Kinder die wohl erste Zuckerwatte ihres Lebens.  Fotos: Cabildo de Tenerife  /  Cabildo de Gran Canaria
Auf Gran Canaria bekamen die Kleinen neue Rucksäcke und Schirmmützen geschenkt, die ihnen von Mitgliedern der Inselverwaltung übergeben wurden. Fotos: Cabildo de Gran Canaria

Mitte August fand dann noch ein Empfang im Regierungssitz auf Gran Canaria statt. Dort wurden die Kinder und ihre Gasteltern vom Vizepräsidenten der kanarischen Regierung, Román Rodríguez, empfangen, der seine Freude darüber zum Ausdruck brachte, dass das Ferienprogramm nach zwei Jahren Pause wieder stattfinden kann. Dem Verband der Freunde des Sahrauischen Volkes sprach er seinen Dank für ihre wertvolle Arbeit aus, „um die Flamme der Solidarität des kanarischen Volkes mit dem sahrauischen Volk lebendig zu halten“. Bezüglich der kanarischen Haltung in der Westsahara-Frage fand Román Rodríguez deutliche Worte. „Wir stehen an der Seite der Sahrauis, welche die Seite der internationalen Legalität und der Menschenrechte ist“, erklärte er und fügte hinzu, dass sich die kanarische Regierung weiterhin darum bemühen wird, so, wie sie es in den vergangenen 47 Jahren getan hat, dem durch eine Besatzermacht misshandelten Volkes eine Stimme zu verleihen. Er hoffe, dass dieses Volk eines Tages erleben wird, wie der gerechte Traum in Erfüllung geht und internationale Gesetze und Menschenrechte geachtet werden.

Mohamed Said Mohamed von der Sahrauischen Befreiungsfront Frente Polisario bedankte sich seinerseits für die Möglichkeit, das Ferienprogramm nach der Pandemie fortzusetzen. „Diese Kleinen sind unsere Botschafter. Es hat eine drastische Kürzung der humanitären Hilfe gegeben, und deshalb sind wir für die Unterstützung der kanarischen Regierung dankbar“, erklärte er. Bei den Gastfamilien, durch deren Großzügigkeit und Solidarität das Ferienprogramm überhaupt möglich ist, bedankte er sich ausdrücklich.

Die Kinder haben während des rund zweimonatigen Aufenthaltes bei ihren kanarischen Gastfamilien an verschiedenen Aktivitäten teilgenommen, durften im Meer baden und erhielten auch, sofern nötig, ärztliche Behandlungen. Für sie werden diese Ferien sicher eines der eindrucksvollsten Erlebnisse ihrer Kindheit sein.

Auf Gran Canaria bekamen die Kleinen neue Rucksäcke und Schirmmützen  geschenkt, die ihnen von Mitgliedern der Inselverwaltung übergeben wurden. Anschließend gab es einen kleinen Imbiss und für die Kinder die wohl erste Zuckerwatte ihres Lebens.  Fotos: Cabildo de Tenerife  /  Cabildo de Gran Canaria
Anschließend gab es einen kleinen Imbiss und für die Kinder die wohl erste Zuckerwatte ihres Lebens.
Fotos: Cabildo de Gran Canaria

Flüchtlinge ein Leben lang

Seit mehr als drei Jahrzehnten wird die Westsahara als integraler Bestandteil des Königreichs von Marokko beansprucht. Nach Beendigung der spanischen Kolonialzeit 1975 annektierten Marokko und Mauretanien das Gebiet. Die bereits zu spanischen Kolonialzeiten entstandene Befreiungsfront der Sahrauis, „Frente Polisario“, kämpft für einen unabhängigen Staat. Der bewaffnete Konflikt zwischen „Frente Polisario“ und Marokko, der Tausende Sahrauis zur Flucht nach Algerien zwang, wurde 1991 mit einem Waffenstillstandsabkommen beendet. Die von den Vereinten Nationen geforderte Durchführung eines Referendums über den endgültigen völkerrechtlichen Status des Gebietes Westsahara kam nie zustande, und der Konflikt schwelt ungelöst weiter.

Heute leben schätzungsweise 180.000 Saharauis in den Flüchtlingslagern nahe der Stadt Tinduf in der Algerischen Sahara. Über die genaue Anzahl der Menschen in den Flüchtlingslagern gibt es widersprüchliche Angaben. Die Menschen in diesen Wüstenlagern sind nahezu vollständig von Hilfslieferungen abhängig, und die Kinder, die dort aufwachsen, haben kaum Zukunftsperspektiven. Ihnen mangelt es an gesunder Ernährung, medizinischer Versorgung, Bildungsmöglichkeiten und vielem mehr. Während ihrer zweimonatigen Sommerferien bei kanarischen Gastfamilien lernen diese Kinder ein „normales“ Leben kennen.

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