Cabildo forderte 42 mal 18 Monate Haft
Mit erheblicher Verspätung wurde im Strafgericht Nummer 3 in Santa Cruz ein Prozess gegen 42 Feuerwehrleute geführt, bei dem die Inselregierung (Cabildo) von Teneriffa als Nebenkläger auftrat.
Die Ereignisse, die dieser Verhandlung zugrunde liegen, ereigneten sich vor über neun Jahren, als mehrere Dutzend Feuerwehrmänner in voller Montur in das Gebäude des Cabildos eindrangen und einiges an Lärm und künstlichen Rauchschwaden verursachten, um ihrem Protest Nachdruck zu verleihen. Eine außerordentliche Sitzung des Plenums musste deswegen unterbrochen werden, sowie einige Senioren und eine Schulklasse, die gerade im Rahmen eines Ausfluges die Weihnachtskrippe des Cabildos besuchten, mussten aus dem Gebäude gebracht werden, und ein Cabildo-Mitarbeiter hatte in der Folge drei Tage lang mit Ohrenschmerzen zu kämpfen.
Insgesamt eine Aktion, die aus dem Ruder lief, bei der aber auch niemand ernsthaft zu Schaden kam. Die Staatsanwaltschaft forderte zunächst für jeden der 42 Angeklagten sechs Monate Haft, das Cabildo als Nebenkläger sogar 18 Monate. Die Verteidigung stellte den Antrag, das Verfahren wegen Verjährung einzustellen.
Schon vor Beginn der Krise hatten die Feuerwehrleute auf Teneriffa ein Problem mit ihrer Ausstattung und einer zu dünnen Personaldecke, eine Situation, die in diesem Beruf im Ernstfall zu lebensgefährlichen Situationen führen kann. Da ihre diesbezüglichen Anträge und Beschwerden nicht gehört wurden, zogen sie am 21. Dezember 2005 von ihrer Station aus vor das Cabildo, „um ein wenig Krach zu machen“, wie es einer der Beklagten in einem Fernseh-Interview ausdrückte. Sie betraten das Gebäude, während die Mitarbeiter des Cabildos noch versuchten, ihnen die Türen vor der Nase zuzuschlagen. Sie blieben im Eingangsbereich, verbreiteten aber mit Wunderkerzen, Knallern, Feuerlöschern und Sirenen Lärm und einiges Chaos. Dies wird ihnen von der Anklage nun als gewaltsames Eindringen und Störung der öffentlichen Ordnung ausgelegt. Einer der acht Verteidiger der Feuerwehrmänner sprach in einem Kurzinterview vor Ort von einem Versuch, den Protest zu kriminalisieren.
Richter zieht Verjährung in Betracht
Der Richter wollte sich zum Verhandlungsbeginn nicht auf eine Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung einlassen und verschob die Entscheidung darüber auf das Ende des Prozesses.
Die Beklagten äußerten sich alle in der gleichen Weise und sagten aus, dass sie für ihre Demonstration sehr wohl eine Genehmigung hatten und im Verlauf des Protests niemand zu Schaden gekommen sei. Die Polizei vor Ort habe nicht einmal eingegriffen, weil es keine Gefahrensituationen gegeben habe. Zwei der Feuerwehrmänner sagten aus, überhaupt nicht dabei gewesen zu sein.
Wie der Verteidiger José Pérez Ventura ausführte, wurden damals die Personalien der Beteiligten nicht vor Ort festgestellt, sondern später anhand von Fotos ermittelt. Weiterhin widersprach er der Anklage wegen Störung der öffentlichen Ordnung. Es sei eine Demonstration gewesen, eine sehr laute zwar, aber der Karneval sei auch laut und deshalb noch keine Störung der öffentlichen Ordnung. Schließlich sei niemand zu Schaden gekommen. Der Mitarbeiter, welcher nach den Ereignissen einige Tage lang an Ohrenschmerzen litt, verzichtete in der Verhandlung ausdrücklich auf Schmerzensgeld. Innerhalb des Cabildos ist nur die regierende Coalición Canaria unter Inselpräsident Carlos Alonso für eine Fortführung der Nebenklage mit der Forderung von 18 Monaten Haft und Geldstrafen von 45 Tagessätzen. Wenn Alonso seiner Rechtsabteilung auch Anweisung gegeben hat, während der Verhandlung offen zu sein für mildernde Umstände. Alle Oppositionsparteien haben sich erfolglos für den Rückzug des Cabildos aus der Nebenklage eingesetzt und verlangt, die Angelegenheit der Staatsanwaltschaft zu überlassen. Diese forderte ihrerseits nur die Mindeststrafe von sechs Monaten und eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen.
Rückzieher
In seinem Abschlussplädoyer schließlich reduzierte der Vertreter des Cabildos die Strafforderung doch noch auf zwei Monate Haft und zog die Anklage gegen zwölf der Beschuldigten zurück. Auch die Staatsanwältin verringerte ihren Strafantrag auf zwei Monate und zog die Anklage gegen sechs der Feuerwehrleute zurück. Das Urteil in der Sache steht noch aus.
Überstunden für den Prozess
Um an dem Prozess teilnehmen zu können, machen die angeklagten Feuerwehrleute übrigens Überstunden. Die Mindestbesetzung der Feuerwehrstation in Santa Cruz beträgt 42 Mann, genauso viele wie während der fünf Prozesstage auf der Anklagebank sitzen müssen.
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