Kanaren und Galicien fordern vom Staat, den Überschuss investieren zu können


Die Basilika „Sagrada Familia“ in Barcelona ist das größte Werk von Antoni Gaudí (1852-1926). Foto: WB

Nach jahrelangem Sparzwang und strenger Beachtung der Regeln wollen sie das überschüssige Geld an die Bürger weiterleiten und die von den Einsparungen betroffenen öffentlichen Dienste verbessern

Santiago de Compostela/Kanarische Inseln – Anfang April reiste der kanarische Regionalpräsident Fernando Clavijo nach Santiago de Compostela, um gemeinsam mit Alberto Núñez Feijóo, Regionalpräsident Galiciens, vom Staat zu fordern, den Haushaltsüberschuss in die öffentlichen Dienste investieren zu können.

Im Rahmen der Wirtschafts- und Finanzkrise hatte der Staat seinerzeit den autonomen Regionen einen Sparzwang auferlegt. Als Erstes sollten sie ihre teilweise riesigen Schuldenberge abbauen und ihre Haushalte sanieren. Damals wurde auch festgelegt, dass ein etwaiger Haushaltsüberschuss in erster Linie zum Schuldenabbau verwendet werden müsse.

Die Kanarischen Inseln und Galicien haben im letzten Jahrzehnt die Regeln strikt befolgt, die Ausgaben gekürzt und eingespart. Mit dem Ergebnis, dass sie nun als einzige Regionen einen Haushaltsüberschuss, und zwar von 300 Millionen Euro (Kanaren) bzw. 125 Millionen Euro (Galicien), vorweisen können, diesen aber nicht an die Bürger weitergeben dürfen.

Aus diesem Grund trafen sich Fernando Clavijo und Alberto Núñez Feijóo Anfang April. Gemeinsam forderten sie vom Staat einen Weg, damit die Regionen den Haushaltsüberschuss in das Gesundheits-, das Bildungs- und das Sozialwesen investieren dürfen. Bei dem Arbeitstreffen unterstrichen sie „die Bedeutung“ der Angelegenheit. Als einzige autonome Regionen hätten sie die vom Finanzministerium und der Europäischen Union aufgestellten Verpflichtungen erfüllt. Nach einer gewissenhaften Verwaltung der öffentlichen Mittel verfüge man nun über einen Überschuss, der jedoch paradoxerweise nicht verwendet werden dürfte, klagte Fernando Clavijo. Seit dem vergangenen Jahr fordere man bereits das Finanzministerium zur Lockerung der Regelung auf, um die Bedürfnisse der Bürger in Schlüsseldiensten wie der Gesundheit, der Bildung und dem Sozialwesen bedienen zu können, ohne sich neu verschulden zu müssen. Das Geld sei da, müsse nur freigegeben werden. Der Staat solle das Korsett lockern, forderte er.

Es ergäbe keinen Sinn, den eigenen Haushaltsüberschuss auf den Banken zu lagern, denn bei den Kanaren handele es sich um die Region mit der geringsten Pro-Kopf-Verschuldung. Jahrelang hätten die Bürger die Einschränkungen erdulden müssen. Nun sei es an der Zeit, die Dienste zu verbessern. Es handele sich um das Geld der Bürger, hob Clavijo hervor.

Im Fall der Kanaren kommt noch hinzu, dass der Staat der Region aus den ab 2012 nicht erfüllten Verpflichtungen des Straßenbauabkommens nebst Zinsen insgesamt 945,55 Millionen Euro schuldet, wie der Oberste Gerichtshof im letzten Jahr entschied. Davon will das Finanzministerium nun 500 Millionen Euro als Überschuss einstufen und zur Tilgung der Schulden mit den Banken verwendet sehen. Fernando Clavijo erklärte, mit dieser einseitigen Entscheidung würde der Bau wichtiger Infrastrukturen verhindert.

Rückenstärkung

Wenige Tage nach seinem Galicien-Besuch traf sich Fernando Clavijo mit den Vertretern des Unternehmerver­bandes CEOE und der Gewerkschaften UGT und CC.OO. Die Unternehmer, und auch die Arbeitnehmervertreter stellten sich geschlossen hinter Clavijo und sein Anliegen, an Präsident Pedro Sánchez, der wenig später auf den Kanaren erwartet wurde, folgende Forderungen zu stellen: Das Geld aus dem Straßenbauabkommen darf nicht als Überschuss eingestuft werden, sondern soll in die Infrastruk­tur-Projekte fließen. Und: Der Haushaltsüberschuss soll in die grundlegenden öffentlichen Dienste investiert werden.

Im Anschluss an das Treffen mit den Unternehmern und den Arbeitnehmervertretern hatte Clavijo ein Treffen mit den Vertretern der Fraktionen im Regionalparlament einberufen. PP, ASG und CC-PNC folgten dem Ruf und sicherten Clavijo ihre Unterstützung bei der Bitte um ein Treffen mit Pedro Sánchez und der Vertretung der Forderungen zu. PSOE, Podemos und Nueva Canarias blieben dem Treffen fern, wofür Clavijo Unverständnis zeigte.

Betroffene Vorhaben

Die Mittel des Straßenbauabkommens sollen folgenden Vorhaben zugutekommen: Dem Schnellstraßenring Teneriffas, der vierten Phase der Umgehungsstraße von Las Palmas de Gran Canaria, der neuen Verbindungsstraße zwischen San Nicolás und La Aldea auf Gran Canaria, der Nord-Süd-Achse Fuerteventuras und der Straße Ofra-El Chorrillo auf Teneriffa.

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