46. Inseldurchquerung „Faro a Faro”
Am Nachmittag des Ostersonntags erreichten etwa 30 Bergwanderer bei Buenavista del Norte wieder die Küste der Insel. Sie waren sechs Tage zuvor am äußersten Ende des Anaga-Gebirges beim Leuchtturm aufgebrochen, um die Insel entlang der Linie zu durchqueren, die durch die Höhenzüge der Cumbres über den Pico del Teide hinweg zur Punta de Teno verläuft. Eine längere, einigermaßen geradlinige Route gibt es nicht auf dieser Insel.
Eine Woche vorher war die von „Grupo Montañero de Tenerife“ vorbereitete und betreute Wanderung im Cabildo der Presse vorgestellt worden (das Wochenblatt berichtete). Insgesamt hat die Gruppe dabei mehr als 5000 Höhenmeter im Auf- und im Abstieg auf einer Strecke von mehr als 150 km bewältigt. Ständig wechselnde Wegeigenschaften – mal Sand, mal Geröll, mal Felsen oder fester Lehm – sowie die Durchquerung nahezu aller auf dieser Erde vorkommenden Klima- und Vegetationszonen bildeten nicht nur zusammen mit den Landschaften Teneriffas einen abwechslungsreichen Hintergrund, sondern auch eine ernste Herausforderung für Mensch und Material.
Bei Sonnenaufgang und deutlichen Minusgraden im eisigen Gipfelsturm am Teide und wenige Stunden später und mehr als 2000 m tiefer bei sommerlichen Temperaturen muss man die Unterschiede erst einmal verkraften. Manch ein Teilnehmer hatte am Abend Blasen oder schmerzende Muskeln zu versorgen.
Dank großzügiger Sponsoren, die vom Energieriegel auf Gofiobasis über isotonische und sonstige Getränke bis zu durchblutungsfördernden Gels alles reichlichst zur Verfügung gestellt hatten, waren am nächsten Morgen alle für die nächste, manchmal noch schwerere Etappe wiederhergestellt. An vorher festgelegten Versorgungspunkten sorgte unterwegs außerdem ein Team von Helfern mit seinem gut bestückten Lieferwagen für das leibliche Wohl. Andere Helfer kochten abends am Etappenziel mehrgängige Menüs. Die Logistik war vorbildlich und bis ins kleinste Detail geplant. Der Unterversorgung der Insel mit Berghütten geschuldet, waren die Unterkünfte fast immer sehr spartanisch. In La Esperanza und in Santiago del Teide mussten die örtlichen Sporthallen dafür herhalten. So war die allmorgendliche gegenseitige Frage, wie man geschlafen habe, durchaus sehr ernst gemeint.
Auf markierten und unmarkierten Wegen, Straßen und manchmal auch querfeldein leiteten die Führer des „Grupo Montañero“ die Wanderer sicher ans nächste Ziel. Natürlich bildeten einheimische Bergsteiger die Mehrheit der Teilnehmer, aber Gäste aus La Palma, Madrid, Barcelona, dem Baskenland und ein Deutscher machten aus kanarischer Sicht und mit einem Augenzwinkern die Unternehmung international. Zwangsläufig wurden neue Kontakte und Freundschaften angebahnt. Aus Individuen mit ganz unterschiedlichen körperlichen Voraussetzungen wurde eine Gruppe, in der man sich gegenseitig unterstützte und Mut machte.
Gemeinsam bewunderte man auch die herrlichen Fernblicke und Panoramen, bunte Blüten, seltsame Steine. Gemeinsamkeit war wichtig; denn die Frage „werde ich es schaffen?“ war ein ständiger Begleiter. Am letzten Tag wurde die Gruppe unterwegs von zahlreichen Freunden empfangen und das letzte Stück den steilen Risco de Teno hinab begleitet. Unten angelangt, als Anstrengung und Anspannung plötzlich ihr Ende fanden, gab es nicht nur Gratulationen, sondern auch Freudentränen.
Die erste „Travesia Faro a Faro“ (1969) wurde von Cesáreo Tejedor entworfen, dem Pionier des Bergsteigens auf Teneriffa. Seine Worte von damals sind auch heute noch die Leitidee und ein Grund für den jährlichen Erfolg dieses Weitwanderklassikers der Kanaren: „Wie alle herausragenden Dinge des Lebens setzt das Bergsteigen Liebe voraus. Liebe zum Gebirge und zu unseren Bergkameraden. Jemand kann deshalb zwar ein außerordentlicher Kletterer oder Skiläufer sein, spürt er aber nicht das Gebirge und die Kameradschaft, die diesem innewohnt, wird er ein Sportler und vieles mehr sein, niemals jedoch ein Bergsteiger.“ Carlos Bravo Sánchez, der Präsident des Bergwanderverbands „Grupo Montañero de Tenerife“ und sein Vorstandsteam würden gerne 2016 bei der nächsten „Faro a Faro“ eine noch internationalere Bergsteigerschar begrüßen.
Infos gibt es auf:
Ein Bericht von Michael von Levetzow
[bsa_pro_ad_space id=“8,13″ if_empty=“13″ delay=“5″]