Der Brexit und ein altes Franco-Gesetz verzögern die Abwicklung von Immobilientransaktionen
Madrid – Seit dem 1. Januar 2021 müssen sich potenzielle Immobilienkäufer aus Großbritannien mit Geduld wappnen, wenn sie in Spanien Wohneigentum erwerben wollen. Der Grund dafür ist einerseits das Inkrafttreten des Brexit, andererseits aber vor allem auch ein altes Gesetz, das 1975 noch unter Diktator Francisco Franco erlassen wurde.
Gemäß der später noch weiter ausgearbeiteten und bis heute gültigen Rechtsvorschrift 689/1978 müssen alle Nicht-EU-Bürger, die in Spanien eine Immobilie kaufen wollen, welche in der Nähe von Gebieten von militärischem bzw. verteidigungsstrategischem Interesse liegt, vorher eine Sondergenehmigung des spanischen Verteidigungsministeriums einholen. Die Abwicklung dieser Formalität kann sich bis zu einem Jahr hinziehen.
Das Gesetz beeinträchtigt Immobilientransaktionen in rund 1.560 Gemeinden in ganz Spanien, darunter auch Gemeinden bei Gibraltar, in der Bucht von Cádiz, an der galicischen Küste oder den Grenzgebieten zu Frankreich und Portugal. Besonders betroffen sind allerdings die bei Briten besonders beliebten Gemeinden südlich von Alicante, Torrevieja, Orihuela Costa, San Miguel de Salinas und Pilar de la Horadada, die alle etwa 60 Kilometer von dem Marinestützpunkt von Cartagena entfernt liegen. Wie der Vorsitzende von Provia, dem Verband der Immobilienfirmen aus der Provinz Alicante, in diesem Zusammenhang erklärte, gibt es in diesem Gebiet viele ausländische Kaufinteressenten und darunter besonders viele potenzielle Käufer aus Großbritannien. „80 Prozent der hier abgewickelten Immobilienverkäufe gehen an Briten“, so Jesualdo Ros wörtlich. Das bedeute, so der Vorsitzende weiter, etwa 800 Kunden im Jahr müssen nun erhebliche Hürden überwinden und vor allem viel Geduld aufbringen, wenn sie einen Immobilienkauf in einem der betroffenen Gebiete durchziehen wollen. Nach der Gesetzgebung müssen Kaufinteressierte einen entsprechenden Antrag beim Verteidigungsministerium einreichen und diesem Unterlagen wie ein Führungszeugnis mit beglaubigter Übersetzung ins Spanische, zwei Passfotos und eine beglaubigte Kopie des Reisepasses beilegen. „Dieses Gesetz wurde mitten im Kalten Krieg erlassen, als Spanien noch nicht einmal der Europäischen Gemeinschaft oder der NATO beigetreten war“, so Ros. Eine Zeit, in der es auch noch keine Technologien wie das Internet gegeben habe. Normalerweise dauere die Bearbeitung des Antrags, der bei der Capitanía General in Barcelona eingereicht werden muss, zwischen vier und sechs Monate. Da seit dem 1. Januar nun aber ein erheblicher Anstieg der Anträge zu erwarten sei, ist davon auszugehen, dass sich die Bearbeitung auf bis zu einem Jahr verzögern wird.
Ros moniert in diesem Zusammenhang auch, dass das Gesetz darüber hinaus auch sämtliche anderen Abwicklungsprozesse im Zusammenhang mit einem Immobilienverkauf beeinträchtige. Ein Notar könne demnach beispielsweise keine Kaufurkunde zugunsten eines Nicht-EU-Bürgers ausstellen, bis nicht die Sondererlaubnis vom Verteidigungsministerium vorliege, oder eine Bank keine Hypothek verbindlich gewähren, da unbekannt ist, welcher Zinssatz dann gelten werde. „Es ist einfach nur absurd“, moniert Ros. „Das Gesetz bewirkt nicht nur großen Frust sowohl aufseiten der Käufer als auch der Verkäufer, sondern schädigt auch den Ruf Spaniens als Empfängerland von ausländischen Residenten.“
Man habe bereits seit 2012 auf die Problematik hingewiesen und Lösungsvorschläge bei den jeweiligen Regierungen eingereicht, um die Abwicklung rechtzeitig zu vereinfachen, bislang allerdings ohne Erfolg.