Die Schande von Puerto de la Cruz: Seit 31 Jahren wird auf einen Beschluss für das neunstöckige Gebäude gewartet, das mitten in der Stadt steht und inzwischen zur Ruine verkommen ist
Teneriffa – In 31 Jahren hat es die Stadtverwaltung Puerto de la Cruz unter wechselnden Bürgermeistern nicht geschafft, eine Lösung bzw. einen Beschluss über die Zukunft oder den Abriss des Iders-Gebäudes herbeizuführen. Das neunstöckige ehemalige Wohnhaus an der Avenida Familia Betancourt y Molina, einer zentralen Straße der Stadt, gilt seit Langem als Schandfleck. Allerdings ist nicht nur der hässliche Anblick ein Problem für das Image dieses Stadtgebiets. In dem verlassenen Gebäude haben sich Hausbesetzer – ohne fließendes Wasser, sanitäre Anlagen und Strom – eingerichtet, die jede Menge Dreck und Müll verursachen. Die Umgebung des Gebäudes stinkt nach Urin, und es gibt Insektenbefall und ein Rattenproblem.
Diese unhaltbaren Zustände haben Geschäftsinhaber und Anwohner der Avenida Familia Betancourt y Molina zu einer Protestaktion veranlasst. Am 28. Juni bezogen rund 150 Personen vor der Bauruine Stellung, um zu demonstrieren und eine dringende Lösung zu fordern. Nach 31 Jahren sagten die leidgeprüften Bürger und Geschäftsleute der unmittelbaren Nachbarschaft »basta«. Sie verlangen von der Stadt Puerto, vom Cabildo, von der Regionalregierung endlich entschlossene Schritte, um diesen Schandfleck zu beseitigen.
Zum Ende der Protestkundgebung wurde ein Manifest verlesen. Eduardo Luis, der zu dem Aufmarsch aufgerufen hatte und Sprecher der Anwohner ist, sagte, dass die Nachbarn und betroffenen Unternehmer ihre Solidarität mit den Eigentümern des Iders erklären möchten, die ihre Wohnungen vor 31 Jahren wegen angeblicher Schäden an der Bausubstanz räumen mussten, was später widerlegt wurde. An die verantwortlichen Politiker appellierte Luis: „Wir können es schreien, singen oder tanzen, doch ein Bild sagt mehr als Tausend Worte, und hier ist es, für alle sichtbar. Wir sind verzweifelt und fordern Sie auf, endlich zu handeln. Wir halten das nicht mehr aus! Ratten, Müll, Schlägereien, Brände und Drogen, basta! Das verdienen wir nicht!“
Bürgermeister Marco González (PSOE) stellte sich persönlich den Fragen und Beschwerden der Anwohner und versicherte, dass die am 7. Juni 2022 erfolgte Erklärung des Gebäudes zur Ruine unumkehrbar sei. „Die einzig mögliche Zukunft des Iders ist der Abriss und ein anschließender Neubau“, erklärte der Bürgermeister.
Bauabriss eingeleitet
Wenige Tage vor dem Protest hatte die Stadt in einer offiziellen Mitteilung darüber informiert, dass wegen des gefährlichen Zustands des Gebäudes das Verfahren eines eiligen Bauabrisses eingeleitet wurde. Damit werden die Eigentümer des Gebäudes aufgefordert, für die Räumung, die Säuberung und anschließende sichere Schließung zu sorgen. Anschließend sollen in gesetzlich festgelegten Fristen die nächsten Schritte folgen, um den Abriss durchzuführen. Die Stadt teilte mit, dass die Eigentümer die Kosten dafür übernehmen müssen.
Das Problem der Hausbesetzer
Bürgermeister Marco González räumte im Gespräch mit den Demonstranten ein, dass die Hausbesetzer, die sich in der Problemimmobilie einquartiert haben, ein Problem sind. Es gab Zeiten, in denen bis zu 70 Personen in dem baufälligen Gebäude schliefen. Heute nutzen angeblich nur noch neun Obdachlose einige der ehemaligen Wohnungen als Unterkunft. Diesen soll der Räumungsbefehl in diesen Tagen zugestellt werden. Wenn das Gebäude dann einmal leer ist, sind die Eigentümer aufgefordert, eine Säuberung zu veranlassen, eine Firma mit der Ungezieferbekämpfung zu beauftragen und dafür zu sorgen, dass sämtliche Eingänge zugemauert werden. Damit soll verhindert werden, dass sich Hausbesetzer erneut Zutritt verschaffen. Sollten die Eigentümer diesen Pflichten nicht nachkommen, wird sich die Stadt darum kümmern, versicherte der Bürgermeister.
Langwieriges Verfahren erwartet
Im Jahr 1991 wurde das Wohngebäude wegen angeblicher Schäden an der Bausubstanz zwangsgeräumt. Darauf folgten ein jahrelanger Rechtsstreit, eine lange Liste von Gutachten und endlose Eigentümerversammlungen. Im Jahr 2006 sah es endlich nach einer Lösung des Konflikts aus, als die Eigentümer beschlossen, das Gebäude zu sanieren. Die Sanierung sollte 6,1 Millionen Euro kosten. Doch der Beschluss zur Sanierung wurde schließlich vom Landgericht Santa Cruz für nichtig erklärt, weil er nicht einstimmig erfolgt war; ein Eigentümer, dem 30% der Anteile gehören, hatte dagegen gestimmt. Er plädierte damals für den Abriss und Neubau.
Auch heute scheinen sich die Eigentümer nicht einig zu sein. Nicht alle befürworten den Abriss, und ihr Einspruch könnte das Verfahren abermals verzögern. Das Einschreiten der Stadt stellt das zuständige Amt nun zunächst vor die Herausforderung, die heute 117 Eigentümer zu kontaktieren und zu informieren. Einige von ihnen sind weiterhin gegen einen Abriss. Vor allem aber sehen sie es als Ungerechtigkeit an, dass sie für die enormen Kosten aufkommen sollen. Sie sehen sich als Opfer der 1991 von der kanarischen Regierung und der Stadtverwaltung angeordneten Räumung, die sich durch spätere Gutachten als nicht notwendig herausstellte.
Der Besitz des Gebäudes teilt sich auf unter 94 Einzeleigentümern, sieben Erbengemeinschaften und 16 Firmen. Da die Eigentümergemeinschaft längst aufgelöst wurde, muss jeder Eigentümer einzeln benachrichtigt werden. Somit ist zu erwarten, dass das Abrissverfahren ein langwieriger Prozess wird.
Die Stadt Puerto de la Cruz schätzt, dass der Abriss des Iders rund 800.000 Euro kosten wird.
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